Die Mietpreisbremse ist endgültig vom Tisch, stattdessen beschloss die Bundesregierung eine Wohnkostenhilfe. Diese würde jedem Haushalt durchschnittlich 200 Euro bringen. Insgesamt werden als Wohnkostenhilfe 250 Millionen Euro lockergemacht, davon 25 Millionen Euro als Aufstockung für den Wohnschirm gegen Delogierungen. Ein Schritt, der Schwarz-Grün auch prompt Kritik von allen Seiten einbrachte.
Wohnkostenhilfe ist keine Inflationsbremse
Die nunmehrige Lösung gilt allerdings nicht nur für Richtwertmieten. Für die bestehenden Wohn- und Heizkostenzuschüsse der Länder werden vom Bund weitere 225 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. All diese Einmalzahlungen kommen nicht gut an, da dadurch die Inflation in Österreich nicht eingedämmt werden könne. „Anstatt einen Preisanstieg zu bremsen, schaut man zu, wie die Wohnkosten durch die Decke gehen. Das ist Öl im Feuer der Inflation“, meinte etwa Kay-Michael Dankl von der Salzburger KPÖ Plus.
Auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hat mit Ablehnung auf die gestern von der Regierung präsentierte Wohnkostenhilfe reagiert. Die Maßnahme werde die Teuerung weiter anheizen, sagte der Ökonom am Donnerstag im "Ö1-Morgenjournal". Es sei jedoch höchste Zeit, aus der "Inflationsanpassungsautomatik" auszusteigen. Mit einer Preisbremse bei den Richtwertmieten wäre ein entsprechender Einstieg möglich gewesen, kritisierte Felbermayr.
Keine Entlastung der Mieter:innen
Salzburgs Arbeiterkammer-Präsident Peter Eder sieht ein Versäumnis, die Mieter:innen dauerhaft zu entlasten und ortet eine „Umverteilung von oben nach unten“. "Schnaufen bei Mietern, Aufatmen bei Maklern", kommentierte Salzburgs Freiheitliche Landesparteiobfrau Marlene Svazek die Entscheidung der Bundesregierung.
Diese Meinungen teilt auch Salzburgs SPÖ-Chef David Egger im Gespräch mit SALZBURG24 und hätte lieber einen Eingriff in die Preisgestaltung gehabt. „So werden wir 2024 ein böses Erwachen erleben“.
Graz bremst Mieten
Im KPÖ-regierten Graz hat man sich dennoch für eine Mietpreisbremse entschieden. Bei den rund 11.200 Grazer Gemeindewohnungen wird die Mieten-Steigerung von 8,6 Prozent nicht weitergegeben, sondern der Mietenanstieg auf 2 Prozent gebremst. Das gab die Grazer KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr heute bekannt. Salzburgs KPÖ-Chef Dankl schlägt vor, dem Grazer Vorbild zu folgen: „In Salzburg sind über tausend Gemeindewohnungen betroffen, für die der Richtwertmietzins gilt. Die Stadt sollte die Anhebung der Miete pausieren“, so Dankl in einer Aussendung am Donnerstag.
Teils gedeckelte Preise im Bundesland Salzburg
Einen ähnlichen Ansatz gäbe es im Bundesland Salzburg bereits. In den vergangenen drei Jahren wurde für 23.000 Mietwohnungen ein Mietensenkungsprogramm umgesetzt, das dazu führt, dass die Mieten nur um 2 Prozent jährlich steigen. „Die Hälfte der Mieter:innen in Salzburg wohnt in Wohnungen, die mit neun Euro pro Quadratmeter gedeckelt sind“, so NEOS Landesrätin Andrea Klambauer in einer Aussendung. „Damit haben wir in zehntausenden geförderten Mietwohnungen leistbares Wohnen ermöglicht, in dem die Miete maximal ein Viertel des Haushaltseinkommens ausmacht.“ Das ist gesetzlich verankert und gilt für 37.000 geförderte Mietwohnungen in Salzburg.
Verteilen mit der Gieskanne
Die Kritik der Oppositionsparteien an der Entscheidung der Regierung gegen eine bundesweite Mietpreisbremse wies ÖVP-Klubobmann August Wöginger vehement zurück und nannte die Lösung „sozial gerechter" und "zielgerichteter“.
Das sieht Gabriel Felbermayr ganz anders und bemängelt, dass bei dem Zuschuss erneut die "Gießkanne" zum Einsatz komme. So werde der Zuschuss auch an Personen ausbezahlt, die gar keine höheren Mieten zu bestreiten haben. Und: "Die 250 Millionen Euro, die jetzt zusätzlich ausgegeben werden, die hat der Staat nicht." Das Geld müsse wieder an den Kapitalmärkten aufgenommen werden. "Das wirkt sicher nicht inflationsdämpfend. Sondern führt eben weiter Elemente in die Nachfrage hinein, was am Ende die Preise eher nach oben treibt."
Essen oder heizen?
Positives kann die Caritas der Wohnkostenhilfe abgewinnen. „Wir wissen, dass armutsbetroffene Menschen überwiegend in Miete leben, nämlich zu 70 Prozent. Sie stehen schon jetzt vor der täglichen Entscheidung: Essen oder Heizen. Eine zusätzliche Mieterhöhung um 8,6 Prozent – ohne externe Hilfe – können armutsbetroffene Menschen nicht stemmen. Die aktuelle Einigung hilft diesen Menschen konkret und zielgerichtet“, begrüßt Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, die Maßnahme ebenso wie die Aufstockung des Wohnschirms zur Prävention von Delogierungen.
Allerdings würde diese Einmalzahlung erst zeitverzögert bei den Menschen ankommen. „Die Mietexplosion startet pünktlich mit April, folglich muss auch die Hilfe schnell ankommen“, pocht Parr auf eine rasche Auszahlung. Aber auch ihr sei klar, dass die Einmalzahlung die Teuerung nicht langfristig kompensieren könne.
Einmalzahlungen nicht ganz verkehrt
Grundsätzlich sei es in der Anfangsphase der Teuerungskrise richtig gewesen, die Bevölkerung über Direktzahlungen zu entlasten und nicht zu stark in die Märkte etwa einzugreifen. "Da ging es darum, dass die Preissignale bei den Menschen ankommen. Es war wichtig, dass Anreize da sind, zum Beispiel Gas einzusparen", so Felbermayr. Mittlerweile sei aber ein Umdenken in Richtung Stabilitätspolitik vonnöten. Es gehe darum, "dass wir diese Inflation nicht von einem Jahr ins nächste weiterschleppen". "Das muss jetzt zu einer politischen Priorität werden."
(Quelle: salzburg24)