Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) spricht sich für eine neue Grenze bei der Steuerbefreiung von Überstunden aus. Derzeit sind höchstens zehn Überstundenzuschläge im Monat mit 50 Prozent bzw. maximal 86 Euro steuerfrei. "Diese Grenze ist seit mehr als zehn Jahren nicht angepasst worden und ist nicht mehr zeitgemäß", so Kocher in den "Oberösterreichischen Nachrichten" am Wochenende.
Haslauer unterstützt Kocher-Vorstoß
"Das wäre ein Zeichen, weil aktuell viele Menschen viele Überstunden machen und machen müssen", meinte Kocher. "Der Normalfall soll zwar nicht sein, dass viele Überstunden gemacht werden, sondern viele Menschen eingestellt werden sollen, aber weil das Personal fehlt, ist das ein legitimer und unterstützenswerter Ansatz." Zuletzt hatten sich auch Wirtschaftsvertreter und der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) für eine steuerliche Besserstellung von Überstunden ausgesprochen.
Arbeitsminister nennt keine konkrete Zahl
Konkretisiert hat Kocher seine Idee am heutigen Dienstag nicht. "Eine genaue Zahl kann man jetzt nicht nennen. Es geht darum, das gemeinsam zu diskutieren", sagte der Arbeitsminister am Rande der Eröffnung der "Jobmeile" in Wien.
Das Ziel sei nicht, Überstunden zu fördern oder entsprechende Anreize zu schaffen. "Es soll eher eine Entschädigung für die schwierige Lage am Arbeitsmarkt sein", so Kocher. Vordergründig gehe es ihm darum, Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, was er sich auch von der mittlerweile 12. "Jobmeile" erhoffe, die heute unter anderem von der Caritas eröffnet wurde. Bei dieser handelt es sich um eine Jobmesse, die insbesondere Langzeitarbeitslosen eine konkrete Perspektive bieten soll.
Deckelung seit zehn Jahren nicht angehoben
Handlungsbedarf gibt es für den Minister vor allem beim Deckelungsbetrag, der seit mehr als zehn Jahren nicht mehr angehoben worden sei. Kocher begründete das am Montag mit dem seither eingetretenen Verlust der Kaufkraft. "Alles in allem ist es legitim, über diese Deckelung und möglicherweise auch über die Anzahl der Stunden zu diskutieren."
Auch aus Sicht der Wifo-Ökonomin Margit Schratzenstaller spricht die letztmalige Anhebung des Deckels im Jahr 2009 für eine Änderung. Gleichzeitig warnt sie vor einer unverhältnismäßig hohen Anpassung. So müsse man bedenken, "dass diese Überstundenbegünstigung eine von den Regelungen ist, die die ungleiche Verteilung der bezahlten und damit auch der unbezahlten Arbeit zwischen Männern und Frauen unterstützen", sagte sie heute im "Ö1-Morgenjournal". Eine Änderung berge die Gefahr weiterer unbezahlter Arbeit, die an Frauen hängen bleibe.
Grüne gegen Erhöhung der Steuerbefreiung bei Überstunden
Auf wenig positive Resonanz stößt der Vorschlag bei den Grünen. Aus dem Büro von Sozialminister Johannes Rauch hieß es dazu am Montag gegenüber der APA, dass Überstunden aufgrund der damit einhergehenden Belastung nur vorübergehend geleistet werden sollten. "Von einer Erhöhung der Steuerbefreiung bei Überstunden würde zudem nur eine kleine Gruppe von Beschäftigten profitieren. Um das Problem des Fachkräftemangels zu lösen, braucht es ein Gesamtpaket mit treffsicheren Maßnahmen."
Und auch die Arbeiterkammer kann der Diskussion kaum etwas abgewinnen. Der Arbeitsminister solle sich zunächst dafür einsetzen, dass die vielen Millionen unbezahlten Überstunden in Österreich ausbezahlt werden, so AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank im Gespräch mit dem ORF-Radio. "Und dann können wir über andere Dinge diskutieren."
(Quelle: apa)