Furcht vor schwarzen Schafen

Kommt nun der Ski-Kontrolleur?

Veröffentlicht: 24. September 2020 13:18 Uhr
Der besonders für Salzburg, Tirol und Vorarlberg so wichtige Winter- und Skitourismus wird wegen der gestiegenen Corona-Infektionszahlen heuer ganz anders sein als sonst. Hier wurden die Zügel jetzt angezogen. Wirte, Hoteliers, Hüttenbetreiber und Seilbahnen sind in großer Sorge.

Sie alle brauchen klare Regeln, sagt Wifo-Experte Oliver Fritz. Denn die Angst sei groß, dass wieder Schwarze Schafe die allgemeinen Rahmen ausnutzen, "das kann dann für einen Ort schlimm enden."

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"Da muss wer auf Skihütten rauf"

Es brauche dazu auch Kontrollen, was in Winterskigebieten nicht ganz so einfach sei, "weil da muss man dann jemand rauf auf den Berg schicken, in die Skihütten", sagte Fritz am Donnerstag zur APA. Ohne zumindest stichprobenartige Kontrollen werde es nicht gehen. Es müsse in vertrauensbildende Maßnahmen investiert werden, und in ein konkretes Procedere, was passiert, wenn jemand vor Ort krank wird. Ein "Ischgl II" muss verhindert werden. "Ich glaube, das sitzt schon in den Köpfen", meint der Tourismusexperte, zumal man noch mitten in der Pandemie sei.

Experte fordert "neue, kreative Konzepte"

Dass - wie von der Bundesregierung verkündet - Apres Ski in der herkömmlichen Form in der kommenden Wintersaison nicht mehr über die Bühne gehen wird, hält der Wiener Umweltmediziner und Public-Health-Experte Hans-Peter Hutter für nicht weitgehend genug. Im Gespräch mit der APA verlangte er grundsätzlich "neue, kreative Konzepte" für die Freizeitgestaltung im Wintertourismus abseits der Skipisten: "Apres Ski im Sitzen kann nicht der einzige Schritt sein."

Für Hutter ist es nicht vorstellbar, dass im kommenden Winter größere Personengruppen in Skihütten und Schirmbars zusammen kommen, selbst wenn ein Mindestabstand gilt: "Bei lauter Musik und Alkohol weiß man, dass sich der Mindestabstand in Luft auflöst." Dichtes Gedränge und Gesänge zu Apres-Ski-Hits "sind unvereinbar mit der epidemiologischen Situation, in der wir uns befinden", betonte Hutter am Donnerstag. Es gehe nicht darum, das Feiern nach dem Carven oder Boarden zu verdammen, "aber es ist der Zeitpunkt da, neue Wege zu gehen, die der Pandemie Rechnung tragen".

Debatte um Alkohol in Apres-Ski-Lokalen

Konkret hält Hutter eine Diskussion über den Alkoholausschank in Bars und Apres-Ski-Lokalen sowie Zugangsbeschränkungen und reduzierte Öffnungszeiten für überfällig: "Das muss man angehen." Gruppenweises Beisammensein unter Alkoholeinfluss stelle schließlich ein Infektionsrisiko dar, das habe die jüngere Vergangenheit gezeigt: "Nur an den gesunden Menschenverstand zu appellieren, sich an Empfehlungen zu halten, reicht nicht aus. Bei Alkohol wird der Verstand ausgeschaltet."

Maßnahmen zur Senkung des Infektionsrisikos müssten "mit Vernunft und nach Praktikabilität", vor allem aber unter Einbindung der Betreiber getroffen werden: "Die kennen die Gegebenheiten am Besten." Kontrollen müssten professionell durchgeführt werden: "Da braucht es Überlegungen, wie man das Beachten der Abstandsregelungen garantieren kann." Das an Mitarbeiter der Lokalitäten auszulagern, hält Hutter für unzulässig. Die hätten genug mit der Aufrechterhaltung des Betriebs zu tun. "Es gibt keine einfachen Lösungen", bemerkte der Public-Health-Experte abschließend. Aber noch sei ausreichend Zeit, um bis zum Start der Wintersaison funktionierende Konzepte zu erarbeiten.

Wintertourismus: 30 Prozent weniger Nächtigungen erwartet

Man wisse nicht wie sich die Infektionszahlen entwickeln, Prognosen und Szenarien für den Wintertourismus seien bisher praktisch unmöglich, so Wifo-Experte Fritz. Informelle Erwartungen, dass man den Einbruch im Wintertourismus auf weniger als 20 Prozent werde beschränken können, sieht er ambitioniert. Selbst bei dieser Zahl würde man um drei, vier Jahre zurückfallen.

Der Wifo-Tourismusexperte fürchtet, dass es einige Tourismusbetriebe mit der jetzigen Saison nicht mehr schaffen werden. Ein oder eineinhalb Jahre Durststrecke seien eine verdammt lange Zeit. Das mache Hilfe durch den Staat nötig. Auch in Wien sei keine Besserung in Sicht, die für die Bundeshauptstadt so wichtigen Ferngäste blieben ebenso aus wie Italiener oder Spanier. Die neuen Reisewarnungen - etwa aus Deutschland - für Wien hätten auch Auswirkungen auf den Westen. Einige Länder haben zudem Tirol und Vorarlberg als Risikogebiete eingestuft.

Das Wifo geht aktuell davon aus, dass die Nächtigungen heuer im Gesamtjahr um 30 Prozent einbrechen. Die Wintersaison schlägt sich in den Statistiken für das Kalenderjahr nur für wenige Wochen nieder, da die Saison generell erst um Weihnachten richtig beginnt.

(Quelle: apa)

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