Bei der niederösterreichischen Landtagswahl am Sonntag ist kaum ein Stein auf dem anderen geblieben: Laut dem vorläufigen Endergebnis (inkl. fast aller Wahlkarten) kam die ÖVP auf 39,94 Prozent der Stimmen. Damit büßte sie gegenüber den 49,63 Prozent von 2018 fast zehn Prozentpunkte ein. Die FPÖ legte massiv zu und nahm der SPÖ Platz zwei ab, die Stimmen verlor. Grüne und NEOS schafften den Wiedereinzug problemlos.
Die FPÖ feierte einen Triumph in mehrfacher Hinsicht: erstmals Platz zwei in Niederösterreich, 24,19 Prozent (plus 9,43 Prozentpunkte) als mit Abstand bestes Ergebnis (bisher 16,08 Prozent im Jahr 1998 und damit noch in der Ära Jörg Haider), 14 statt acht Mandate (bisheriges Maximum neun ebenfalls 1998) und erstmals der Zweite Landtagspräsident.
Grünen Listenerste Helga Krismer sah im Plus für ihre Partei eine "starke, kräftige Stimme für die Zukunft". Mit Klubstatus und Antragsrecht im Landtag möchte sich die Landessprecherin vor allem für ein Klimaschutzgesetz und mehr Erneuerbare Energien einsetzen. NEOS-Spitzenkandidatin Indra Collini sah ein "schönes Ergebnis" und ein "solides Wachstum" ihrer Partei. Dies, obwohl die Klubstärke verpasst wurde.
Die Niederösterreich-Wahl hatte nicht nur landespolitisch Brisanz, sie wird auch als Stimmungstest für den Bund gewertet. Mit Kärnten und Salzburg bestimmen am 5. März bzw. 23. April (Salzburg) zwei weitere Länder die Neuzusammensetzung ihrer Landesparlamente.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat den Ausgang der niederösterreichischen Landtagswahl auf die "Gemengelage" verschiedenster Krisen wie Asyl, Pandemie und Teuerung zurückgeführt. Es seien "schlechte Zeiten für Regierende", die Menschen seien unzufrieden mit der Situation, sagte Nehammer im Landhaus in St. Pölten.
Für FPÖ-Obmann Herbert Kickl war der Sonntag ein "Tag der Freiheit für die Niederösterreicher". Die Freude sei "riesengroß und sie wird in eine mindestens genauso große Motivation für die Arbeit im Dienste der Bevölkerung umgewandelt werden". Das Resultat sah Kickl auch als "Turbo" für die anstehenden Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg.
Es gebe nichts schönzureden, sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Die niederösterreichische Landtagswahl sei "kein einfacher Tag für die Sozialdemokratie". In Landesparteien begann es bereits zu brodeln. Die burgenländische SPÖ - bekannt für scharfe Kritik an der Bundesparteichefin - zeigte sich enttäuscht und forderte eine Analyse der Ursachen, auch in der Steiermark wurde eine genaue Aufarbeitung gefordert.
Weitere Reaktionen im Überblick
"Der Klimaschutz hat heute Rückenwind bekommen und die Grünen werden in den nächsten Jahren an der Klimaneutralität in Niederösterreich arbeiten", reagierte Bundessprecher Werner Kogler in einer Aussendung. "Wir leben in einer Zeit, die von Krisen geprägt ist." Das Vorantreiben des Klimaschutzes und vor allem der Energiewende sei "die Antwort auf viele Herausforderungen, vor denen wir stehen". Kogler: "Nur wenn wir die Erneuerbare Energie weiter und konsequent ausbauen, schaffen wir Unabhängigkeit, Sicherheit und Nachhaltigkeit."
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger freute sich über ein Viertel mehr Wähler. "Wir NEOS werden auch in den kommenden fünf Jahren die starke Oppositionskraft im Landtag sein, die den Mächtigen in Niederösterreich auf die Finger schaut", sagte sie in einer Aussendung.
Die erste Landespartei, die nach dem niederösterreichischen Wahltag zusammentritt, ist bereits am Montagnachmittag die SPÖ mit einer Vorstandssitzung. Die FPÖ plant nach ihrem Rekordergebnis traditionell einen "blauen Montag". Von der ÖVP, die ihr historisch schlechtestes Resultat erzielte, wurde vorerst kein Termin genannt. Bei den Grünen sind Sitzungen des Landesvorstands und des Landesausschusses geplant, Termine standen vorerst nicht fest. Die NEOS wollen in einer Besprechung des Wahlkampf-Teams am Dienstag die vergangenen Wochen Revue passieren lassen und das Ergebnis analysieren. Am Donnerstagnachmittag tagt der Landesparteivorstand der Pinken.
(Quelle: apa)