Grasser-Anwalt Manfred Ainedter kündigte heute an, eine Fristverlängerung zu beantragen. Er kritisierte das "seltsame Versteckspiel mit der Zustellung", das "passt zum Verfahren". Das heute schriftlich zugestellte Urteil ist, wie üblich und dem Rechtsrahmen entsprechend, nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Aufgrund der angemeldeten Rechtsmittel von acht Angeklagten ist das Urteil nicht rechtskräftig, hieß es am Freitag seitens des Landesgerichts für Strafsachen Wien in einer Aussendung. Zur Entscheidung darüber sei nun der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien zuständig. Die zu sechs Angeklagten ergangenen Freisprüche seien in Rechtskraft erwachsen, die Anklagebehörde habe die Senatsentscheidung akzeptiert, wurde erinnert.
Grasser drohen bis zu acht Jahre Haft
Eine Nichtigkeitsbeschwerde ist binnen vier Wochen ab Zustellung des schriftlichen Urteils einzubringen. Im Falle extremen Umfangs des Verfahrens habe das Landesgericht diese Frist über Antrag zu verlängern, heißt es. "Ich weiß, dass ich unschuldig bin", hatte Grasser seinerzeit erklärt, der sich nach dem Urteil "traurig, schockiert und erschrocken" zeigte. Sein Anwalt Ainedter sprach von einem "glatten Fehlurteil".
Der Hauptangeklagte Grasser wurde vor über einem Jahr wegen der Verbrechen der Untreue und der Geschenkannahme durch Beamte sowie der Vergehen der Beweismittelfälschung zu acht Jahren Haft verurteilt, der Ex-FPÖ-Spitzenpolitiker Walter Meischberger erhielt sieben und der teilgeständige Peter Hochegger sechs Jahre Gefängnis, nicht rechtskräftig. Rechtskräftig wurden nur die sechs Freisprüche.
Jahrelanger Mega-Prozess
Der Prozess begann am 12. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts. Angeklagt war Korruption in der Causa Bundeswohnungs-Privatisierung und in der Causa Linzer Terminal Tower. Dazu kamen im Laufe des Verfahrens weitere kleinere Anklagen.
Unabhängig von diesem Verfahren wird Grasser schon bald wieder im Wiener Straflandesgericht auf der Anklagebank sitzen. Dabei geht es um den Vorwurf der Steuerhinterziehung. Auch hier bestreitet der ehemalige Star der ÖVP-FPÖ-Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) sämtliche Vorwürfe. Dieses Steuerverfahren führt allerdings nicht Hohenecker, sie ist von der Abteilung für Wirtschaftsstrafsachen in eine allgemeine Abteilung gewechselt.
(Quelle: apa)