Von Syphilis und Chlamydien über Tripper bis hin zu HIV: Die Salzburger Aidshilfe registriert derzeit mehr positive Testergebnisse bei ansteckenden Geschlechtskrankheiten. Bis 2020 seien die Zahlen noch relativ stabil gewesen, blickt Leiter Willi Maier am Mittwoch im SALZBURG24-Interview zurück. Während der Corona-Pandemie folgte ein starker Einbruch, weil auch weniger getestet wurde. Im Jahr 2022 kam es dann wieder zu einem Anstieg bei den Tests und somit auch bei den positiven Ergebnissen. Diese Entwicklung sei erwartbar gewesen. „Wir haben uns aber dann gewundert, als die Zahlen 2023 und 2024 noch höher waren.“
"Verharmlosung von sexuell übertragbaren Krankheiten"
Maiers Eindruck ist, dass das Bewusstsein für sexuelle Gesundheit gestiegen ist. Doch allein mit dieser Beobachtung und einem höheren Testaufkommen lasse sich die Zunahme an Geschlechtskrankheiten nicht erklären. „Es gibt eine Art Verharmlosung von sexuell übertragbaren Erkrankungen, weil sie relativ gut behandelbar sind. Man bekommt ein Antibiotikum beim Arzt und zwei Wochen später ist das Ganze erledigt.“
Hinzu kommt die Einnahme des Medikaments PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe). Genutzt wird es für die Vorsorge vor einer möglichen Ansteckung mit HIV. Seit April 2024 können die Kosten für die HIV-PrEP in Österreich bei der Sozialversicherung eingereicht werden. Pro Packung werden bis zu 60 Euro rückerstattet. „Das hat dazu geführt, dass viel mehr auf das Kondom verzichtet wird. Dadurch werden aber viel mehr andere sexuell übertragbare Krankheiten weitergegeben“, merkt der Leiter der Aidshilfe an. Auf Dauer gehe die Rechnung jedenfalls nicht auf. Denn irgendwann entwickelt der Körper Resistenzen gegen Antibiotika, die bei der Behandlung von Chlamydien oder Tripper eingesetzt werden.
Die Motive, warum sich Menschen bei der Aidshilfe testen lassen, würden von ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit Unbekannten über „Kondom-Unfälle“ bis hin zu neuen Beziehungen oder dem Umstieg vom Kondom auf andere Verhütungsmethoden wie Pille oder Spirale reichen. Zudem gebe es immer wieder Personen, die sich zum Beispiel einmal im Jahr vorsorglich auf Geschlechtskrankheiten testen lassen.
Chlamydien häufig ohne Symptome
Diejenigen, die zur Aidshilfe kommen, seien zu einem bestimmten Teil schon offen für das Thema Sexualität und Geschlechtskrankheiten. „Viele andere trauen sich einfach nicht. Die erreichen wir total schwierig. Sie merken Ansteckungen erst, wenn Symptome auftreten.“ Das Problem sei aber, dass etwa Chlamydien häufig symptomlos verlaufen.
Unsicherheit durch Selbsttests aus dem Internet
Von Selbsttests aus dem Internet rät Maier ab, weil der Beratungsaspekt wegfällt. Und das kann zu Unsicherheit führen, zum Beispiel wenn das Ergebnis nicht eindeutig ausfällt. Hinzu kommen mögliche Anwendungsfehler. „Oft hat man fünf oder sechs Schritte, von denen jeder einzelne eine Fehlerquelle ist.“
Kondome und Kommunikation wichtig
Um die Ausbreitung von ansteckenden Geschlechtskrankheiten zu verhindern, sind neben der Verwendung von Kondomen vorsorgliche bzw. anlassbezogene Tests nötig, sagt Maier. Bei der Aidshilfe sind diese anonym. Positive Ergebnisse müssen dann aber noch entsprechend kommuniziert werden. Und das ist nicht immer leicht: „Die Sexualpartner, die jemand in der Zeit gehabt hat, sollten darüber informiert werden. Nur so kann man die Infektionskette unterbrechen.“ Dabei sollte man diagnostische Zeitfenster berücksichtigen, denn die Tests schlagen häufig erst mehrere Wochen nach einem Risikokontakt an.
Mehr Geschlechtskrankheiten in der EU
Wegen der Verbreitung von ansteckenden Geschlechtskrankheiten in der EU bzw. im europäischen Wirtschaftsraum hatte zuletzt auch die Europäische Gesundheitsagentur ECDC Alarm geschlagen. Im Jahr 2023 sind demnach fast 100.000 Fälle von Gonorrhoe – also Tripper – registriert worden. Das ist ein Plus von 31 Prozent gegenüber 2022. Im Zehn-Jahres-Vergleich gab es gar einen Zuwachs von 300 Prozent. Auch bei der Syphilis gab es mit mehr als 40.000 Fällen im Jahr 2023 in 29 EU und EWR-Staaten einen Zuwachs um 13 Prozent gegenüber 2022 und eine Verdopplung der Fälle gegenüber 2014.
Die häufigste ansteckende Geschlechtskrankheit in Europa sind nach wie vor Infektionen mit Chlamydien mit mehr als 230.000 registrierten Fällen im Jahr 2023. Auch wenn sich der Zuwachs gegenüber 2022 verlangsamt habe, so wurde doch ein Plus von 14 Prozent gegenüber 2014 beobachtet. Die Infektion betrifft vor allem junge Menschen, die höchste Rate wurde unter Frauen von 20 bis 24 festgestellt.
Daten für ganz Österreich liegen nicht vor. Das liegt daran, dass Syphilis keine meldepflichtige Krankheit ist. Auch für Gonorrhoe besteht nur eine eingeschränkte Meldepflicht. Für Infektionen mit Chlamydien gibt es ebenfalls kein landesweites Screening-Programm.
Risiken bei fehlender Behandlung
Krankheiten wie Chlamydien, Gonorrhoe und Syphilis können unbehandelt zu schwerwiegenden Komplikationen führen, etwa zu entzündlichen Erkrankungen des Beckens oder chronischen Schmerzen. Chlamydien und Gonorrhoe können Unfruchtbarkeit verursachen, die Syphilis neurologische und kardiovaskuläre Probleme. Eine unbehandelte Syphilis-Infektion während der Schwangerschaft kann schwerwiegende Folgen für das Kind haben.
Sexuell übertragbare Krankheiten im Überblick
Einige sexuell übertragbare Krankheiten sowie mögliche Symptome und Folgen haben wir hier für euch aufgelistet.
- Syphilis: Syphilis ist eine sexuell übertragbare Krankheit. Verursacht wird sie durch das Bakterium Treponema pallidum. Durch direkten Kontakt mit Infizierten – meist beim Geschlechtsverkehr – kommt es zur Übertagung. Genital- und Analbereich sind am häufigsten betroffen, manchmal auch die Mundhöhle. Laut Gesundheitsministerium treten bei der Hälfte der Fälle keine Symptome auf. Mögliche Anzeichen reichen von einem dunkelroten Fleck, der sich zu einem Geschwür entwickelt über geschwollene Lymphknoten bis hin zu Fieber, Abgeschlagenheit oder einem masernähnlichen Hautausschlag. Wird Syphilis über einen langen Zeitraum nicht behandelt, können Organsysteme wie Gehirn, Nervensystem, Augen, Herz, Blutgefäße, Leber, Knochen oder Gelenke enorm beeinträchtigt werden.
- Tripper (Gonorrhoe): Tripper gehört auf der ganzen Welt zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. Das Bakterium Neisseria gonorrhoeae ist der Auslöser, der durch Schleimhautkontakt bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder bei der Geburt übertragen werden kann. Erste Symptome treten oft erst nach etwa zwei Wochen auf. Dazu zählen eine Rötung und Schwellung an der Harnröhrenmündung inklusive Schmerzen beim Urinieren. Hinzu kommt eitriger Ausfluss. Insbesondere bei Frauen gibt es entweder gar keine oder nur sehr leichte Anzeichen, die oft unbemerkt bleiben. Wird Tripper nicht behandelt, können bei Frauen chronische Unterleibsschmerzen, Eileiterschwangerschaft oder Unfruchtbarkeit auftreten. Bei Männern kann sich die Infektion ohne Behandlung auf Prostata oder Nebenhoden ausbreiten und selten zu Unfruchtbarkeit führen. Gelangen die Erreger in den Blutkreislauf, kann bei Frauen und Männern in besonders schlimmen Fällen eine Sepsis die Folge sein.
- Chlamydien: Chlamydien werden durch Vaginal-, Anal- und Oralsex übertragen. Auch bei der Geburt können Chlamydien weitergegeben werden. Bei Frauen treten bei genitalen Infektionen in mindestens 70 Prozent der Fälle keine Symptome auf. Bei Männern trifft das auf mindestens die Hälfte zu. Mögliche Anzeichen sind Zwischenblutungen oder stärkere Regelblutungen, Brennen beim Harnlassen, Schmerzen im unteren Bauch oder Analbereich oder Schmerzen in den Hoden sein. Während es bei Frauen ohne Behandlung zu chronischen Unterleibsschmerzen oder Unfruchtbarkeit kommen kann, ist Unfruchtbarkeit bei Männern nur selten die Folge.
- HIV: HIV ist die Abkürzung für „Humanes Immundefizienz-Virus“. Das Virus greift das Immunsystem an und löst AIDS aus, wenn es nicht behandelt wird. In Österreich wurden in den vergangenen Jahren zwischen 300 und 430 HIV-Neuinfektionen diagnostiziert. Die Symptome variieren stark. Kurz nach der Infektion kann es zu grippeähnlichen Symptomen – darunter Fieber, Nachtschweiß oder angeschwollenen Lymphknoten – kommen. Meist sind diese nach kurzer Zeit vorüber. Danach vergeht oftmals eine lange Zeit ohne Symptome.
(Quelle: salzburg24)