Wenn Menschen sich in traumatischen Situationen befinden und psychologische Unterstützung benötigen, sind Kriseninterventionsteams (KIT) im Einsatz. Am vergangenen Wochenende etwa kümmerte sich das Salzburger KIT des Roten Kreuzes bei einem Todesfall am Electric Love Festival (ELF) um direkt betroffene Personen.
Im Ernstfall wird das Kriseninterventionsteam von den Behörden oder Einsatzorganisationen verständigt. "In dem konkreten Fall hat uns die Einsatzzentrale am ELF alarmiert und dann ist das Team, das Bereitschaft hat, in den Einsatz gegangen", erzählt Martina Mösl, Leiterin des Salzburger Kriseninterventionsteams beim Roten Kreuz, im Gespräch mit SALZBURG24 am Montag.
Kriseninterventionsteam mit fünf Personen beim ELF im Einsatz
Wie groß die Teams ausfallen, hängt von der Anzahl der betroffenen Personen ab. "Im Normalfall gehen wir immer zu zweit in den Einsatz. Es ist uns immer ganz wichtig, dass wir nicht alleine sind. In dem konkreten Fall am Electric Love Festival waren fünf Personen im Einsatz." Menschen mit unterschiedlichen Beziehungen zueinander könnten nicht gleichzeitig betreut werden. "Ich kann eine Familie betreuen, die einen Menschen verloren hat, denn die haben alle eine ähnliche Beziehung zueinander. Im Falle eines Festivals kann ich nicht die Menschen vor Ort gleichermaßen betreuen, wie etwa die eingesetzten Einsatzkräfte", so Mösl weiter.
Große Bandbreite bei Reaktionen
Die Reaktionen nach dem Verlust eines Menschen können dabei gänzlich unterschiedlich ausfallen. "Das kann von totaler Stille über Verständnislosigkeit, körperliche Symptome wie Zittern, Schweißausbrüche oder Herzrasen bis hin zu Schreien reichen", gibt die 40-Jährige Einblick. Das Ziel dabei sei es, im Gespräch die Betroffenen in ihrer Situation zu stabilisieren, sodass sie das Ereignis einordnen und verstehen können. "Wir nennen das 'die Zeitlinie wiederherstellen', sodass sie begreifen, was überhaupt passiert ist und wie es dazu gekommen ist." In dramatischen Fällen könne laut Mösl dieser zeitliche Ablauf oftmals durcheinandergeraten. Danach gehe es vor allem darum, was die Betroffenen brauchen, um wieder handlungs- und entscheidungsfähig zu werden.
Auf den Einsatz von Medikamenten versuchen die Kriseninterventionsteams laut Mösl zu verzichten. Zudem sind sie in ihrer Funktion nicht berechtigt, Beruhigungsmedikamente auszugeben. Dafür würde ein Arzt benötigt. "Wir wollen das aber auch gar nicht. Wir wollen mit der Belastungsreaktion umgehen. Denn wenn man sie unterdrückt, kommt sie zu einem späteren Zeitpunkt zum Vorschein." Ein Beruhigungsmittel verändere die Wahrnehmung der Betroffenen.
"Wir bilden die Brücke zwischen Ereignis und Nachsorge"
Der Einsatz des Kriseninterventionsteams beschränkt sich dabei auf die unmittelbaren Stunden nach einem traumatischen Ereignis. Danach gibt es weitere Vermittlungsangebote für die Betroffenen. "Wir bilden die Brücke zwischen Ereignis und Nachsorge. Manchmal reicht es, darüber zu sprechen, manchmal braucht es mehr. Es gibt hier kein 'Schema F', leider."
Großer Fokus auf Selbstschutz
Bei dem ständigen Arbeiten in Extremsituationen kommt auch dem Selbstschutz des KIT eine besondere Aufmerksamkeit zu. Deshalb sei es wichtig, dass immer mindestens zwei Personen ein Team ausmachen. Zudem gebe es regelmäßig Besprechungen. "Ein Teil der Personen im Kriseninterventionsteam ist für den Bereich SVE ausgebildet – also Stressverarbeitung. Hier kann man ganz unkompliziert Einzelgespräche oder Gespräche im Team vereinbaren. Wir wollen unsere Leute so fit wie möglich halten", erzählt die Salzburger KIT-Leiterin.
Für die Kriseninterventionsausbildung können sich Menschen, die etwa bereits beim Roten Kreuz tätig sind, bewerben. Die Ausbildung erfolgt dann ein Mal jährlich in vier Modulen, die an Wochenenden stattfinden. Die fast 140 Mitarbeiter:innen des Salzburger Kriseninterventionsteams sind ehrenamtlich im Einsatz.
(Quelle: salzburg24)