Er überbringt Todesnachrichten, betreut Familien nach tragischen Schicksalsschlägen und ist im Krankenhaus dabei, wenn Kindern, die so schwer erkrankt sind, dass es mit dem Leben nicht mehr vereinbar ist, die lebenserhaltenden Maschinen abgeschaltet werden. Kurt Fastner ist in seinem Brotberuf seit 17 Jahren Diakon und ehrenamtlich für das Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes Salzburg tätig. Zusammen mit seinen Teamkolleginnen und Teamkollegen betreut er die Stadt Salzburg, den Tennengau und den Flachgau. „Wenn ich zu einem Einsatz komme, dann muss ich als allererstes das, was mich und die Menschen dort sprachlos macht, in Worte fassen. Ich muss die Wahrheit aussprechen“, sagt der 62-Jährige, der seit 28 Jahren mit seiner Frau Annemarie verheiratet ist und in Adnet im Tennengau lebt. Erst dann könne wirklich geholfen werden.

Kurt Fastner hat in seinen zwölf Jahren beim Kriseninterventionsteam (KIT) sowohl den Prozess des Sterbens, der noch im Leben stattfindet, als auch den Tod selbst in all seinen unterschiedlichen Facetten, Ausprägungen und Tiefen miterlebt. Mit ihm sprechen wir an diesem Sonntag über das Ende des Lebens – und den Anfang von etwas Neuem.
Sonntagstalk mit Kurt Fastner: Ein Auszug zum Nachlesen
SALZBURG24: Ein Leben nach dem Tod, ist das eine Illusion?
KURT FASTNER: Ein Leben nach dem Tod ist das, was Gott in unserem Glauben versprochen hat und was uns auch Hoffnung machen kann im Leben und auch, wenn wir mit dem Thema Sterben und Tod umgehen. Gott verspricht uns nach diesem Leben eine Wirklichkeit, die wir vielleicht auf der Erde gar nicht erahnen können, weil es für unser Denken zu groß ist. Aber Gott verspricht uns das und ja, es gibt ein Leben nach dem Tod und ich hoffe das ganz zuversichtlich, dass wir das einmal alle kennenlernen dürfen.
Wir alle wissen ja, dass es früher oder später soweit ist, dass wir sterben, aber warum leben wir nicht danach?
Das ist eine sehr gute Frage. Naja, es wäre wahrscheinlich der Lebensfreude nicht ganz entsprechend, wenn wir immer danach leben durften mit dem Fokus, irgendwann muss ich eh einmal sterben. Man darf das Leben schon als Leben in der Freude genießen. Und man darf auch das Thema Sterben im jungen, bunten und frischen Leben weglassen.
Es macht schon Sinn darüber nachzudenken, wie es sein wird, wenn der Zeitpunkt des Sterbens gekommen ist und wenn das Leben zu Ende geht. Aber die Leute haben das Thema Zeit ihres Lebens weggelassen, dass es mitunter auch Angst und Sorgen bereiten kann – neben der Trauer. Einen richtigen Zeitpunkt, um über den Tod nachzudenken, gibt es nicht. Das ist ein Reifeprozess im Leben, so wie man Lebensweisheit gewinnt.
An Allerheiligen/Allerseelen gedenken wir traditionellerweise unseren Verstorbenen. Warum ist es für uns Lebendige so wichtig, dass wir an die Toten denken?
Ich glaube, das ist eine unbewusste Sehnsucht der Menschen nach dem Himmelreich. Denn sonst würde es ja nicht so sein, dass an Allerheiligen, wenn du am Nachmittag rausgehst, der Friedhof voll mit Menschen ist. Es ist natürlich auch eine Wertschätzung an unsere Vorfahren, wir zollen Respekt. Aber es ist auch der Wunsch oder die Sehnsucht, dass der Verstorbene beim lieben Gott gut aufgehoben ist und dass es für einen selbst dann auch einmal so sein wird. Das glaube ich ganz persönlich.
Du bist ja seit langer Zeit beim Kriseninterventionsteam dabei. Was sind das für Krisen, zu denen ihr gerufen werdet?
Das ist ganz unterschiedlich. Gerade bevor du hierhergekommen bist, war im angrenzenden Tennengau ein Einsatz, bei dem eine Person bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Da geht es um die Überbringung der Todesnachricht an die Familie. Wir sind da immer mit der Polizei dabei und briefen die Polizisten auch ein bisschen. Was sagt man überhaupt und wie sagt man es? Gerade die jungen Beamte, die das noch nicht gemacht haben, sind da natürlich oft unsicher. Wichtig ist, dass der Angehörige die drei Worte „Er ist tot“ hört. Diese drei Worte sind letztendlich das, was dann auch die Wahrheit für die Menschen ausdrückt, damit sie es einmal verstehen lernen.
Daneben kommen wir zu Familien, wo sich Menschen selbstbestimmt getötet haben, in allen Arten und allen Varianten. Wir kommen auch bei Gewalt in der Familie oder bei Einbrüchen. Und wir werden auch von Krankenhäusern auf die Kinderintensiv angefordert, wo junge Menschen so schwer erkrankt sind, dass es mit dem Leben nicht mehr vereinbar ist und wo die Maschine abgeschaltet werden muss und wir begleiten die Eltern mit den Teams. Da haben wir schon sehr bewegende Situationen mitgemacht.
Wie verarbeitest du das?
Für mich ist Annemarie, meine Frau, ein ganz wichtiger Partner auch in der Hinsicht. Weil ich ihr datengeschüzt erzählen kann, was passiert ist. Sie ist auch diplomierte Gesundheitspflegerin und versteht den Inhalt und mit dem Reden wird es schon leichter. Und dann haben wir innerhalb unseres Teams auch Menschen, die uns besonders nahestehen. Eine Kollegin zum Beispiel, die rufe ich immer mal an. Und manchmal kommt es dann auch zu Tränen. Und klarerweise haben wir auch jederzeit die Möglichkeit eine Supervision zu bekommen. Aber wenn ich allein sein möchte, dass gehe ich in eine von unseren Kirchen, sitze mich da rein und erzähle das alles leise dem lieben Gott. Damit fängt dann oft meine Trauerarbeit an. Es gibt keinen Einsatz, der mich kaltgelassen hat.
Den Sonntagstalk auf SALZBURG24 gibt's ab sofort wieder jede Woche. Am kommenden Sonntag ist Fremdenführerin Brigitte Seibald im Interview mit Thomas Pfeifer zu hören – einfach reinhören!
(Quelle: salzburg24)