Wer an Widerstand im Nationalsozialismus denkt, hat womöglich ein organisiertes Netzwerk und bewaffnete Männer im Kopf. Doch sich gegen ein totalitäres Regime stellen – das ist auch anders möglich. Das zeigt die Familiengeschichte von Elfriede Oblasser sehr deutlich. Der Großvater der Sozialarbeiterin und Aktivistin versteckte während der NS-Zeit mehrere Gesuchte Männer auf seinem Hof in Taxenbach (Pinzgau) und widersetzte sich so ebenfalls dem Willen der Nazis.
Im Podcast schildert sie uns das Schicksal und die Motive ihres Opas, der in mehreren Konzentrationslager inhaftiert war, und erklärt, welche Rolle das Erinnern und Gedenken heute aus ihrer Sicht noch spielt.
Sonntagstalk mit Elfriede Oblasser: Auszug zum Nachlesen
SALZBURG24: Die Geschichte des Widerstands im Innergebirge ist zu einem gewissen Teil auch Ihre Familiengeschichte. Was ist die Erzählung Ihrer Familie über diese Zeit?
ELFRIEDE OBLASSER: Mein Großvater Johann Oblasser hat 1944 Karl Ruppitsch und andere Gesuchte versteckt. Jetzt läuft das alles unter dem Oberbegriff Goldegger Deserteure. Am 8. Juli 2944 wurde mein Großvater deshalb verhaftet und in mehrere verschiedene KZs verschleppt und ist ein Jahr später als schwer gezeichneter, psychisch wie körperlich kranker Mensch zurückgekommen.
Seine Schwester Margarete Oblasser hat in St. Johann gewohnt und gearbeitet. Sie war bekannt mit Kaspar Wind, der Karl Ruppitsch aus dem Gefängnis befreite. Karl Ruppitsch hat wahrscheinlich Geld verdient mit Schwarzschlachten und anderen Dingen. Er hat ihn dann in einem Lkw des Herrn Buda nach Taxenbach gebracht. Die Schwester meines Großvaters ist da mitgefahren. Ich gehe davon aus, dass sie mitgefahren ist, um ihrer Familie zu sagen: Ich bringe euch jetzt den Karl Ruppitsch, bitte nehmt ihn auf.
Was wissen Sie über die Motive von Ihrer Familie, dass Sie da die Deserteure unterstützen?
Ich habe mir als junge Frau immer gedacht: Das kann nicht anders sein, meine Großtante muss die Geliebte des Karl Ruppitsch gewesen sein. Ich glaube aber, dass ich mich da getäuscht habe. Vor kurzem habe ich recherchiert und erfahren, dass es eine familiäre Verbindung zwischen Ruppitsch und meiner Familie gab. […] Ich glaube, die Motivation ist auch, dass man jemandem helfen muss, der in Not gerät. Und dass man das tut, ohne lange darüber nachzudenken.
Ich stelle mir das sehr prägend vor, mit Menschen aufzuwachsen, die so eine Lebensgeschichte haben. Was hat das mit Ihnen gemacht?
Zum einen ist es dieses Schweigen, also das Thema Schweigen, Schuld und Scham. Das war immer präsent bei uns in der Familie. Und ich glaube, dass es mich bestärkt hat, dass ich mich für diese Themen interessiere und dass mir auch klar wurde, dass ich immer sagen will, was ich mir denke. Ich will eigentlich keine totalitären Systeme haben. Ich will menschlich sein und bleiben. Und das finde ich das Tolle an dieser Handlung meines Großvaters. Ich finde, es ist eine zutiefst menschliche Handlung, jemand anderen, der in Not ist, zu unterstützen.
Den Sonntagstalk auf SALZBURG24 gibt's jede Woche. Am kommenden Sonntag spricht Mathias Funk mit dem ehemaligen ÖSV-Fahrer Philipp Schörghofer über die Ski-WM in Saalbach. Hört rein!
(Quelle: salzburg24)