37,3 Millionen Euro inklusive Nebenkosten hat das Land Salzburg dem Grundeigentümer, Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof, für die Antheringer Au (Flachgau) im Herbst 2022 gezahlt. Die Antheringer Au ist ein Gebiet an der Salzach, wenige Kilometer nördlich der Stadt Salzburg. Dort ist ein großes Renaturierungsprojekt geplant. Der Kaufpreis sei allerdings zu hoch gewesen – meint zumindest der Landesrechungshof, der in einem Rohbericht laut Bericht der „Salzburger Nachrichten“ (SN, Freitagsausgabe) Kritik übte. Außerdem habe das Land die Immobilienertragssteuer des Verkäufers in Höhe von 5,6 Millionen Euro übernommen.
Gutschi weist Vorwürfe zurück
ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer stelle sich hinter die damals zuständige Landesrätin Daniela Gutschi (ebenfalls ÖVP) und die befassten Abteilungen des Landes, hieß es bereits am Freitag in einer Aussendung. Gutschi und Markus Graggaber, Leiter Abteilung Natur- und Umweltschutz und Gewerbe, bezogen heute Stellung zu der Kritik.
Es werde versucht, das Projekt „madig zu machen“, erklärt Gutschi zu Beginn. Maximale Transparenz sei ihr wichtig, das sei auch schon bewiesen worden. Nicht akzeptieren könne sie, dass nun Vorwürfe des Amtsmissbrauchs oder Untreue in den Raum gestellt werden. Die Darstellung des Landesrechnungshofs sei also „verzerrt“. Der Rohbericht sei zudem nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Im September gebe es eine Gegendarstellung inklusive Details zu den genauen Zahlen.
Kaufpreis für Antheringer Au überzogen?
Zum angeblich überzogenen Kaufpreis sagt Gutschi, dass es vom Eigentümer nur ein bestimmtes Zeitfenster gegeben habe, in dem er sich verkaufsbereit gezeigt hatte. Danach hätte es keine Möglichkeit mehr für einen Ankauf gegeben. Ursprünglich habe der Verkäufer 40 Millionen Euro gefordert, dies habe man noch heruntergehandelt. „Druck und Gegendruck gibt es immer. Jeder versucht, das herauszuverhandeln, was für seine Position das Richtige ist.“ Forderungen des Verkäufers, auch Nebenkosten etwa für seine Anwälte zu übernehmen, habe das Land abgelehnt. Der Kaufpreis sei auch von Bund und EU akzeptiert worden, die einen Großteil der Kosten für das Renaturierungs- und Flussausweitungsprojekt tragen. Es habe außerdem eine Frist für Mittel aus dem Resilienzfonds gegeben.
Ein von Beamt:innen des Landes berechneter Wert von 21 Mio. Euro sei lediglich einer Einschätzung entsprungen, um mit dem Verkäufer besser verhandeln zu können. Dieser hätte weder den naturrechtlichen Wert noch den Biodiversitätswert enthalten, und auch die Inflationsanpassung und den Akzeptanzzuschlag nicht berücksichtigt.
Zu der vom Rechnungshof kritisierten vermeintlichen Übernahme der Steuer sagt Gutschi: „Es ist ein Endpreis verhandelt worden, wir haben überhaupt nicht über irgendwelche Steuern gesprochen.“ Es sei also nicht vereinbart worden, dass das Land Steuern für den Verkäufer übernehme. Sie wisse, dass Mayr-Melnhof ÖVP-Nähe attestiert werde. "Aber er ist kein ÖVP-Mitglied und ich glaube, er hat das letzte Mal auch nicht ÖVP gewählt."
Von einer Enteignung als mögliche Alternative zum Ankauf durch das Land hält Gutschi nichts. Es sei ein sehr langer Prozess, der auch Kosten mit sich bringe. „Ganz klar ist, dass wir im Land Salzburg den Weg der Enteignungen nicht gehen.“ Denn dies sei der „massivste Einschnitt für Bürgerinnen und Bürger“. Durch eine Pacht seien die geplanten Maßnahmen ebenfalls nicht möglich.
Landesrätin sieht "einmalige Chance"
Grundsätzlich sei bei der Diskussion die Dimension des gesamten Projekts zu berücksichtigen, sind sich Gutschi und Graggaber einig. So gehe es auch darum, Naherholungsflächen zu schaffen und die Resilienz der Natur zu stärken. „Es war eine einmalige Chance“, sagt die Landesrätin. Hinter dieser politischen Entscheidung stehe sie nach wie vor.
SPÖ fordert Aufklärung über Salzburgs Grenzen hinaus
SPÖ-Chef David Egger sieht das völlig anders und ortet einen „ÖVP-Skandal.“ Man werde auch auf Bundesebene alles dafür tun, dass der Fall aufgeklärt wird, erklärte er bei einer Pressekonferenz im Anschluss an den ÖVP-Termin. Auch auf EU-Ebene soll es Nachforschungen geben. „Es handelt sich um das teuerste Sumpfland von ganz Europa“ – das hätten die Roten von Anfang an gesagt. Die ÖVP habe so viele Gutachten eingeholt, bis eines passt und „zum ungünstigsten Zeitpunkt zum höchsten Preis zugeschlagen.“
Die landeseigene Abteilung habe aber festgestellt, dass man nicht mehr als 22 bis 24 Millionen Euro für die Antheringer Au zahlen hätte dürfen. Diese sei von der Kritik ausgenommen, so Egger. Die Immobilienertragssteuer sei „mutwillig“ vom Land draufgelegt worden. Nachdem 2022 Gas- und Strompreise durch die Decke geschossen seien, habe man genau zu diesem Zeitpunkt das Steuergeld für den Kauf genutzt, so der Vorwurf.
Die Rolle der FPÖ wolle man ebenfalls beleuchten. Genau diese wettere ja immer gegen die ÖVP. Rücktrittsforderungen gebe es nicht. Stattdessen sind Egger drei Punkte wichtig:
- SPÖ fordert einen Sonderlandtag vor dem regulären Termin im Oktober zur Aufklärung. Grüne und KPÖ Plus schließen sich der Forderung an.
- Nachforschung auf Bundesebene durch Nationalrätin Michaela Schmidt
- Aufklärung und Nachforschung auf EU-Ebene
Vor dem Sonderlandtag fordern die Roten nicht nur die Gutachten, sondern auch die Offenlegung des Schriftverkehrs zwischen Land und Gutachter:innen sowie dem Land und dem Grundeigentümer. So soll nachvollziehbar gemacht werden, wie der Kaufpreis zustande gekommen ist oder wann sich der Preis nach oben statt nach unten entwickelt hat, führt Egger aus.
Sollte tatsächlich Steuergeld veruntreut worden sein, werde es im Landtag einen Untersuchungsausschuss geben. Weitere Schritte wie einen möglichen Misstrauensantrag ließ Egger noch offen. Dass es bei den Geldern aus dem Resilienzfonds Zeitdruck gegeben habe, sei nicht richtig. Dieser laufe bis 2026.
Auch im Bund sei das Projekt heiß diskutiert worden. 3,7 statt wie zuvor angekündigt fünf Millionen Euro aus dem Biodiversitätsfonds wurden tatsächlich ausbezahlt. Warum genau der Bund 1,3 Millionen Euro weniger dazugegeben hat, soll ebenfalls geprüft werden. Die Salzburger Nationalratsabgeordnete Michaela Schmidt kündigte eine parlamentarische Anfrage zu den Mitteln aus dem Biodiversitätsfonds des Bundes für den Ankauf der Au und Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz zu Gesprächsnotizen im Landwirtschaftsministerium an. Dort soll man sich laut Landesrechnungshof-Rohbericht über die Höhe des Kaufpreises schockiert gezeigt haben.
Weitere politische Reaktionen
Die Salzburger NEOS befürworten die geplante Renaturierung der Antheringer Au, fordern jedoch ebenfalls die lückenlose Offenlegung sämtlicher Verträge und Gutachten zu diesem Projekt, heißt es in einer Aussendung am Montag. Der grüne Landtagsabgeordnete Simon Heilig-Hofbauer hatte bereits am Freitag auf Aufklärung gepocht. Und aus Sicht der KPÖ Plus bestehe ein Anfangsverdacht auf Untreue – "ein Fall für den Staatsanwalt", so Klubvorsitzende Natalie Hangöbl.
Die FPÖ, seit der Landtagswahl im Jahr 2023 in der Landesregierung, war im Jahr 2022 noch in Opposition. Die Freiheitlichen hatten damals den hohen Kaufpreis kritisiert und einen Sonderprüfauftrag an den Landesrechnungshof gestellt. Ende September soll nun der Endbericht mit den Stellungnahmen veröffentlicht werden.
Von 2015 bis 2021 wurden bereits gut 300 Hektar Wald- und Wasserflächen in der Weitwörther Au bei Oberndorf im Flachgau renaturiert, um einen der artenreichsten Lebensräume des nördlichen Alpenvorlands zu erhalten. "Nun nutzt das Land die historische Gelegenheit, die direkt anschließende Antheringer Au anzukaufen", hatte Landeshauptmann Haslauer im Oktober 2022 bei einem Pressegespräch erklärt. Das vergrößerte Natura-2000-Gebiet soll zahlreiche nationale und EU-Vorgaben erfüllen und ein wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen werden.
(Quelle: salzburg24)