Wiederentdeckter Lehrberuf

Fahrradmechatroniker:innen in Salzburg gefragt – Ein Blick in die Werkstatt

Der 15-jährige Henndorfer Michael Holzer hat im heurigen August eine Lehre als Fahrradmechatroniker begonnen. Wir durften einen Blick in die Werkstatt werfen. 
Veröffentlicht: 03. Oktober 2024 08:08 Uhr
Vom einst „belächelten“ Job zum Lehrberuf: Fahrradmechatroniker:innen werden aufgrund des technologischen Fortschritts, E-Bike-Booms und gestiegenen Interesses am Radsport insgesamt in Salzburg dringend gebraucht. Kürzlich in seine Ausbildung gestartet ist der 15-jährige Michael Holzer aus Henndorf. Wir durften einen Blick in die Werkstatt werfen.
SALZBURG24 (KAT)

Schaltung einstellen, Bremsen warten, neue Bikes zusammenbauen – all das gehört zu den Aufgaben von Fahrradmechatroniker:innen. Hinzu kommt mittlerweile das Warten von Gefährten wie E-Scootern, Hover-Boards, Segways und E-Bikes. Angesichts der immer komplexer werdenden Technik und großer Auswahl bei Fahrrädern und Co steigt der Bedarf an Fachkräften in Salzburg. In der Werkstatt ist heutzutage auch Wissen aus IT und Mechatronik nötig. Seit dem 1. August 2019 gibt es deshalb den Lehrberuf „Fahrradmechatroniker“ – eine Weiterentwicklung des „Fahrradmechanikers“, der vor rund 50 Jahren abgeschafft worden war.

Lehrling macht Hobby zum Beruf

Im heurigen August frisch in die Ausbildung gestartet ist Michael Holzer. Der 15-Jährige ist der erste Fahrradmechatronik-Lehrling bei Berni’s Bikeshop in Hof (Flachgau). Der junge Henndorfer hat damit quasi sein Hobby zum Beruf gemacht, wie er bei einem SALZBURG24-Besuch erzählt. „Weil ich selbst viel mit dem Rad fahre, vor allem in die Richtung Enduro und Downhill, war der Beruf naheliegend. Ich habe daheim auch schon hin und wieder selbst Hand angelegt.“ Im Rahmen eines Praktikums konnte Holzer erste Erfahrungen im Betrieb sammeln, seit einigen Wochen geht es nun zur Sache.

Seine aktuelle Lieblingsaufgabe ist der Aufbau der neuen Bikes. „Sie kommen bei uns in einem Karton an. Wir heben sie in der Werkstatt auf den Montageständer. Meistens ist das Vorderrad heraußen, das bauen wir ein. Bremsen werden nachjustiert und der Lenker eingestellt.“ Mit einem Rad ist der 15-Jährige momentan noch einen Vor- oder Nachmittag beschäftigt. Die Routiniers brauchen – je nach Montagezustand und Modell – ungefähr eine Stunde, ergänzt Chef Bernhard Eisl.

Fahrradmechaniker:innen früher "belächelt"

Damit alle Arbeitsschritte sitzen und nichts vergessen wird, kommen Checklisten zum Einsatz, ergänzt der 39-Jährige. „Michi muss jetzt lernen, dass jeder Handgriff wichtig ist, auch wenn er noch so klein ist. Wenn eine Schraube oder ein Pedal locker sind, kann das Folgen haben. Man hat schon eine große Verantwortung in dem Beruf, der früher ein wenig belächelt worden ist.“ Warum? Vor der Einführung des modernisierten Lehrberufs waren meist Quereinsteiger:innen – teilweise mit Kenntnissen aus anderen technischen Berufen ­– am Werk. „Das war für uns Betriebe nicht ideal, weil wir unsere Leute immer selbst ausbilden mussten. Es war für uns auch lang schwierig, Leute zu finden. Dass es keine Lehre gegeben hat, war für viele sicher eine Hemmschwelle, die Interesse gehabt hätten“, vermutet Eisl.

Früher war die Schaltung mechanisch, es gab keinen Motor, die Reparatur eines Rades ging recht schnell. Weil nun viel technisches Know-how gefragt ist, stehe der Fahrradmechatroniker einem Automechaniker nicht mehr viel nach. „Auch ein guter Mechaniker tut sich schwer, dass er in jedem Thema sattelfest ist. Wir haben intern für gewisse Arbeiten Spezialisten, zum Beispiel bei Schaltungen, die nur etwa zehn Mal im Jahr daherkommen.“ Durch den Lehrabschluss könnten Betriebe von einem gewissen Leistungsniveau bei potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgehen.

Anzeige für den Anbieter Kavedo über den Consent-Anbieter verweigert

Im Vollbetrieb sind in der Werkstatt in Hof ohne Michael drei Vollzeitangestellte mit dem Schrauben und mit der Annahme der Räder beschäftigt. Und sie haben alle Hände voll zu tun: Zehn bis 20 Räder werden täglich „bearbeitet“. Im Vergleich zum Auto werden beim Radservice ein bis zwei Stunden pro Bike eingerechnet, erklärt Eisl. Kleinigkeiten wie Schlauchtausch werden zwischendurch erledigt. Bei E-Bikes ist der Bremsbelagwechsel eine der häufigsten Arbeiten. „E-Bikes sind ein bisschen schwerer und werden gern am Berg bewegt. Dann müssen sie wieder heruntergebremst werden. Der Bremsverschleiß ist viel höher als bei einem normalen Bike. Das ist immer das erste, was zu machen ist, wenn das Rad neu ist und viel bewegt wird.“

Immer mehr Junge satteln auf E-Bikes um

Apropos E-Bike: Mittlerweile seien über 50 Prozent, die in die Werkstatt kommen, Elektroräder. Manche von ihnen haben über 40.000 Kilometer auf dem Tacho. Auch viele junge Menschen scheinen die vermeintliche Scheu vor E-Bikes abzulegen. „Immer mehr betreiben den Radsport intensiv. Mit dem Rennrad oder dem Mountainbike gibt es verschiedenste Möglichkeiten. Und immer mehr junge Leute kommen aufs E-Bike, weil es mittlerweile auch wesentlich leichtere Modelle gibt, bei denen man selbst mehr machen muss.“ Somit bleibt die sportliche Betätigung und man kann den Gaisberg oder andere steile Anstiege meistern, ohne „komplett durchtrainiert“ zu sein, so Eisl.

Radfahren als Lifestyle

Jene, die fitnessmäßig aktiv sind, seien hauptsächlich am Rennrad oder am ebenfalls immer gefragteren Gravel Bike – einem geländegängigen Fahrrad – unterwegs. „Dass auch junge Leute so viel Rennrad fahren, war früher eher die Ausnahme. Es ist ein Trend, die meisten sind ziemlich schick angezogen und in Gruppen unterwegs. Genauso wie beim Mountainbiken, wo Saalbach und Leogang die Hotspots sind. Das Biken ist ein Lifestyle geworden.“

Das steigende Interesse am Radsport zeigt sich auch bei Anfragen für Schnuppertage im Bikeshop, sagt Bernhard Eisl. Eine Zeit lang hätten jede Woche Schülerinnen und Schüler erste Eindrücke gesammelt. Wie viele sich schlussendlich auch beruflich wie Michael Holzer für einen Job in diesem Bereich entscheiden, bleibt abzuwarten. Seit dem Jahr 2019 haben 17 Lehrlinge ihre Ausbildung als Fahrradmechatroniker:in erfolgreich beendet, teilt Martina Plaschke, Leiterin des Bereichs Lehre bei der Salzburger Wirtschaftskammer, auf S24-Anfrage mit. Im Jahr 2023 waren 29 Lehrlinge in 22 Betrieben in Ausbildung.

Bildergalerien

Der 15-jährige Henndorfer Michael Holzer hat im heurigen August eine Lehre als Fahrradmechatroniker begonnen. Wir durften einen Blick in die Werkstatt werfen. 
Der 15-jährige Henndorfer Michael Holzer hat im heurigen August eine Lehre als Fahrradmechatroniker begonnen. Wir durften einen Blick in die Werkstatt werfen. 
Der 15-jährige Henndorfer Michael Holzer hat im heurigen August eine Lehre als Fahrradmechatroniker begonnen. Wir durften einen Blick in die Werkstatt werfen. 
Der 15-jährige Henndorfer Michael Holzer hat im heurigen August eine Lehre als Fahrradmechatroniker begonnen. Wir durften einen Blick in die Werkstatt werfen. 

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken