Entwicklung von 2023 bis 2024

Frauen bleiben immer länger in Salzburgs Gewaltschutz-Unterkünften

Die Zahl der Frauen, die länger als 181 Tage in Salzburgs Gewaltschutzunterkünften betreut wurden, hat sich 2024 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. (SYMBOLBILD)
Veröffentlicht: 15. Mai 2025 06:45 Uhr
52 Frauen und 80 Kinder sind im Vorjahr in Gewaltschutzeinrichtungen in Salzburg betreut worden. Die Auslastung ist zwar leicht zurückgegangen, allerdings hat sich die Aufenthaltsdauer seit 2023 verlängert, informiert die ARGE Gewaltschutzunterkünfte. Aber woran liegt das?
SALZBURG24 (KAT)

52 Frauen und 80 Kinder wurden im Jahr 2024 in Gewaltschutzeinrichtungen im Bundesland Salzburg aufgenommen und betreut. Das zeigt die Jahresstatistik der ARGE Gewaltschutzunterkünfte. Die Auslastung betrug 94 Prozent und war somit leicht rückläufig, heißt es in einer Presseaussendung. Werden Kinder miteingerechnet, lag die Auslastung bei 104 Prozent. Was sich aber auch zeigt: Diejenigen, die in einer Einrichtung betreut werden, bleiben länger. Der Median der Aufenthaltsdauer hat sich von fünf Monaten im Jahr 2023 auf knapp sechs Monate verlängert. Verdoppelt hat sich zudem der Anteil jener Frauen mit einer langen Aufenthaltsdauer. Sie sind über 181 Tage untergebracht (48 Prozent).

ARGE Gewaltschutzeinrichtungen beklagt fehlendes Wohnangebot

Die ARGE Gewaltschutzeinrichtungen führt diese Entwicklung auf fehlende leistbare Familienwohnungen in der Landeshauptstadt zurück. Die Projektbetreiber treten deshalb an Bauträger und gemeinnützige Genossenschaften heran. Sie wollen erreichen, dass der Täter die Familienwohnung verlässt und die Frau in den Mietvertrag eintritt. „Hier können wir bereits erste Erfolge verzeichnen, aber das Thema Wohnungsnot bleibt in Salzburg weiterhin herausfordernd. Die Alternative wäre, dass Frauen nachts ein Notquartier aufsuchen und den Tag auf der Straße verbringen müssen – das kann niemand wollen und wäre in jeder Hinsicht fatal“, erklärt Projektleiterin Gabriele Rechberger.

Eigenes Zuhause für Frauen gefährlichster Ort

Der gefährlichste Ort für Frauen sei nach wie vor das eigene Zuhause. In rund 60 Prozent der Fälle sei die Gewalt vom Ehemann ausgegangen, in 20 Prozent vom Lebensgefährten, in 1,3 Prozent vom Ex-Partner und in 10,7 Prozent von den Eltern. Andere Personen waren laut Statistik in 5,3 Prozent und Stiefkinder bzw. Kinder der Frau in 2,7 Prozent der Fälle die Täter.

Drei Viertel der Bewohnerinnen von Gewaltschutzeinrichtungen sind keine österreichischen Staatsbürgerinnen. 44,2 Prozent der von Gewalt bedrohten Frauen kommen aus EU-Ländern, 28,8 Prozent aus Drittstaaten. Dies unterstreiche die Bedeutung von Integrations- und Sprachförderung, um durch Stärkung der finanziellen Eigenständigkeit erneute, von Gewalt geprägte Abhängigkeitsverhältnisse zu durchbrechen.

Ein Drittel der Betreuten ohne eigenes Einkommen

Ein gutes Drittel der von Gewalt bedrohten Frauen bezieht ein Einkommen aus unselbstständiger Erwerbsarbeit (38,5 Prozent), ebenso viele haben kein eigenes Einkommen. Für 11,5 Prozent bilden Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld die Einkommensgrundlage, für 7,7 Prozent sind es AMS-Hilfen. Im Rahmen der Betreuung findet eine intensive, praxisbezogene Beratung zu Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten statt. Über 60 Prozent aller Bewohnerinnen verfügen bei ihrem Auszug aus einer Schutzunterkunft über ausreichend gute Deutschkenntnisse (mind. A2- Niveau), um erfolgreich am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Seit Mitte 2022 werden nicht nur die Daten beim Einzug, sondern auch beim Auszug der von Gewalt bedrohten Frauen erhoben. „Die vier wichtigsten Bereiche – finanzielle Selbstständigkeit, sicheres Wohnen, Kompetenzen für Beruf und Ausbildung sowie externe Kinderbetreuung – konnten gemeinsam mit den Frauen erfolgreich gestärkt werden. Die positiven Entwicklungen dieser Frauen dienen anderen Betroffenen als Vorbild. Wir brauchen diese Mut-Macherinnen, weil sie einen Ausweg aus der erlebten Ohnmacht und Gewaltspirale aufzeigen“, führt Rechberger aus.

Zehn Prozent der Frauen kehren zum Täter zurück

Vor dem Einzug lebten 80 Prozent der Frauen beim Täter. Nach dem Auszug zogen 80 Prozent der Frauen mit ihren Kindern in eine eigene Wohnung, zehn Prozent kehrten in die Familienwohnung zurück und der Täter zog aus. Weitere zehn Prozent der Frauen kehrten zum Täter zurück.

Die Stärkung der Eigenständigkeit und finanziellen Unabhängigkeit stehe neben der psychosozialen Stabilisierung im Mittelpunkt der Beratung. So hatten 65 Prozent der Frauen beim Einzug kein eigenes Bankkonto bzw. keinen Zugriff auf die Familienbeihilfe. Beim Auszug verfügten alle Frauen über ein eigenes Konto sowie Zugang zur Familienbeihilfe über FinanzOnline. Bei fünf Frauen konnte zudem die Haftung für Kredite, die sie als Ehegattin übernommen hatten, aufgelöst werden, informiert die ARGE.

Förderung der Selbstständigkeit als Ziel

Von den ursprünglich 16 Frauen ohne Pflichtschulabschluss haben vier während ihres Aufenthalts in einer Gewaltschutzeinrichtung eine Basisbildung, einen Deutschkurs oder den Pflichtschulabschluss nachgeholt. Weitere vier Frauen nahmen an Bildungsmaßnahmen teil. „Nach einer Phase der psychologischen Stabilisierung setzen wir alles daran, die Selbstständigkeit der Frauen zu fördern. Seit Juli 2021 bieten wir in den Schutzunterkünften eine Kinderbetreuung an, die sehr gut angenommen wird. Viele Frauen nehmen auch Erziehungsberatung in Anspruch, um tradierte Rollenmuster bei ihren eigenen Kindern zu durchbrechen“, sagt Rechberger.

Über Fortschritte berichten die Projektbetreiber bei der Wirkung öffentlichkeitswirksamer Kampagnen. „Die von uns betreuten Frauen erleben in 90 Prozent der Fälle strukturelle Gewalt, das heißt physische, psychische und sexuelle Gewalt. Aus unserer Erfahrung sind nur zehn Prozent der Frauen ausschließlich von körperlicher Gewalt betroffen. Vielen Gewaltopfern ist zum Beispiel gar nicht bewusst, dass sexuelle Gewalt in Österreich verboten ist, weil es im Herkunftsland schlichtweg üblich ist, dass sich ein Mann ungehindert und ungestraft nimmt, was er möchte. Hier zeigen Anti-Gewalt-Kampagnen Wirkung, weil sie sexuelle Gewalt als nicht hinzunehmende Straftat sichtbar machen“, so die Projektleiterin.

Weniger Frauen zum zweiten Mal in Schutzeinrichtung

Eine ebenfalls positive Entwicklung: Der Anteil der Frauen, die zwischen 2023 und 2024 eine Schutzeinrichtung bereits zum zweiten Mal in Anspruch genommen haben, konnte von 29,3 Prozent im Jahr 2023 auf 11,5 Prozent im Jahr 2024 reduziert werden. Nur noch 5,8 Prozent der betroffenen Frauen nahmen 2024 eine Schutzunterkunft öfter als zweimal in Anspruch – 2023 waren es noch 13,3 Prozent. Die Nachbetreuung von Frauen wird bis zu sechs Monate nach dem Auszug fortgesetzt und unterstütze dabei, eine erneute Gewalterfahrung zu verhindern.

Die Organisationen VIELE gGmbH und Jugend am Werk Salzburg bilden gemeinsam die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Gewaltschutzunterkünfte für das Bundesland Salzburg. Im Auftrag der Landesregierung stellen die Trägerorganisationen insgesamt 32 Gewaltschutzplätze für Frauen und deren Kinder zur Verfügung. Die Statistik aus dem Jahr 2024 umfasst das Frauenhaus Salzburg sowie die dezentralen Schutzunterkünfte im Bundesland. Nicht enthalten sind die Gewaltschutzplätze des Frauenhauses Pinzgau.

Notrufnummer Salzburger Gewaltschutzplätze

Unter der kostenfreien Notrufnummer 0800 449921 sind das Frauenhaus Stadt Salzburg und die ambulanten Schutzunterkünfte rund um die Uhr erreichbar.

(Quelle: salzburg24)

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Von SALZBURG24 (KAT)
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