Das Frauenhaus Pinzgau wurde im Jahr 1997 vom gleichnamigen Verein gegründet und wird seit fast 30 Jahren von diesem geführt. Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, finden dort Schutz. Seit drei Jahren stehen nach einem Neubau fünf Wohnungen für Frauen und Kinder zur Verfügung. In einer Petition, die der Verein kürzlich im Salzburger Landtag eingebracht hat, spricht er sich dafür aus, dass das Frauenhaus in der bestehenden Form auf Basis des aktuellen Konzepts weitergeführt wird – denn das Land Salzburg schreibt die Leistungen neu aus. Aber warum ist das nötig?
Auftrag statt Förderung für Schutzunterkünfte
Die zuständige Frauen-Landesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) erklärt auf SALZBURG24-Anfrage, dass Schutzunterkünfte – soweit es keine bundesweite Betreuungszuständigkeit gibt – in die Zuständigkeit der Länder fallen. Das Land ist als Gebietskörperschaft also verpflichtet, Plätze in Schutzunterkünften bereitzustellen. „Aus juristischer Sicht ist es bei einer durch eine Gebietskörperschaft verpflichtend anzubietenden Leistung geboten, einen Auftrag und keine Förderung zu vergeben“, so Gutschi weiter.
Um für sämtliche Schutzunterkünfte dieselben Voraussetzungen und Bedingungen zu schaffen und rechtlich korrekt vorzugehen, sollen nun einheitlich alle Schutzunterkunftsplätze als Auftrag vergeben werden, führt die Landesrätin aus. Durch längere Laufzeiten soll eine bessere Planbarkeit für das Land Salzburg, aber auch für die einzelnen Träger gewährleistet werden. Denn Förderungsverträge werden auf ein Jahr, Aufträge aber für mehrere Jahre vergeben.
Deshalb werden auch die fünf Wohnungen, die aktuell vom Verein Frauenhaus Pinzgau betrieben werden, öffentlich ausgeschrieben. Die Schutzunterkunftsplätze werden laut Gutschi konkret ab dem zweiten Halbjahr 2027 als Auftrag vergeben und nicht länger als Förderung finanziert.
Frauenhaus Pinzgau will bestehende Struktur erhalten
In der Petition ist zu lesen, dass der Verein Frauenhaus Pinzgau eine langfristigere Lösung zwar begrüße, allerdings auch fordert, „bestehende und bewährte Strukturen in gleichbleibender Form zu erhalten“. Alle Beraterinnen seien im Pinzgau aufgewachsen und dort sozialisiert. Wie Katrin Gruber, Leiterin der Einrichtung, am Donnerstag auf S24-Anfrage ausführt, seien die Mitarbeiterinnen mit den Bedürfnissen der Frauen in der ländlichen Region vertraut. Derzeit sind laut Gruber eine Vollzeit- und sechs Teilzeitkräfte beschäftigt. „Eine Herausforderung ist die fehlende Anonymität. Außerdem kommen die Frauen oft aus kleineren Ortschaften, manchmal kennen sie auch die Polizisten. Und die Wege zu Schutzeinrichtungen sind weiter als in der Stadt.“ Der Betreuungsverlauf bis hin zu einem tatsächlichen Einzug ins Frauenhaus sei ebenfalls oft länger – darauf seien die Mitarbeiterinnen vorbereitet.
Gutschi ermutige den Verein jedenfalls, sich auf die Ausschreibung zu bewerben, betont die Landesrätin. Niemand werde ausgeschlossen. Gruber kündigte eine Bewerbung am Donnerstag gegenüber S24 bereits an. Sie befürchtet jedoch, sich nicht gegen große Träger als Mitbewerber durchsetzen zu können. „Wir haben Mitarbeiterinnen, die teilweise seit 20 Jahren im Frauenhaus arbeiten. Langjähriges Personal ist teurer als Berufseinsteiger oder Personen mit freien Dienstverträgen.“
Eine Entscheidung darüber, wer sich schlussendlich durchsetzt, werde laut Gutschi auf Basis von Qualität (60 Prozent) und Preis (40 Prozent) getroffen. Die Angebote inklusive des Konzepts werden geprüft. Nach einem Hearing ist eine Bewertungskommission am Zug.
Aktuell stellt das Land Salzburg dem Frauenhaus Pinzgau die Immobilie kostenfrei auf Basis eines Leihvertrags zur Verfügung, so Gutschi. Im Jahr 2025 sei ein Betrag von 337.225 Euro an Förderungen für die Beratung und Betreuung an den Verein ausgezahlt worden. Zudem trage das Land 14.000 Euro an Betriebskosten pro Jahr. Weil die Anzahl der Schutzunterkunftsplätze insgesamt künftig erhöht werden soll, sei ein höheres Budget als bisher für den Bereich des Gewaltschutzes aufzuwenden. „Eine konkrete Aussage, wie hoch das Budget 2027 sein wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht seriös getätigt werden.“
Neuausschreibung betrifft auch Verein "Viele"
Eine Neuausschreibung gibt es aber nicht nur für das Frauenhaus Pinzgau, sondern für alle vom Land Salzburg finanzierten Schutzunterkünfte. Damit ist auch der Verein "Viele" betroffen, der ein Frauenhaus in der Landeshauptstadt und Schutzwohnungen in den Bezirken betreibt. „Wir haben einen Sechs-Jahres-Vertrag, der 2027 ausläuft. 2026 wird also neu ausgeschrieben. Das ist eine sehr gute Lösung, damit langfristig klar ist, ob der Betreiber dann bleibt oder ob ein neuer kommt“, sagt Geschäftsführerin Gabriele Rechberger am Donnerstag im S24-Interview. Gerade im Bereich der Sicherheit würden in Frauenhäusern immer wieder Investitionen anfallen. Die Beauftragten müssen daher richtig planen, um mit den Mitteln auszukommen. Über die Ausschreibung sei der Verein von der Fachabteilung und Landesrätin Gutschi vorab informiert worden. Die Details seien zwar bislang noch nicht bekannt, „wir wollen uns aber wieder bewerben“, kündigt Rechberger an.
„Ich kann mir gut vorstellen, dass wir uns mit dem Verein Frauenhaus Pinzgau zusammentun. Es ist absolut in unserem Interesse, zusammenzuarbeiten. Denn wenn ein riesiges Unternehmen übernehmen würde, müsste es die Strukturen vor Ort erst aufbauen.“ Man wolle sich diesbezüglich absprechen, sagt Rechberger. Bislang pflege man jedenfalls eine „sehr gute Zusammenarbeit“ – wenn zum Beispiel Frauen aus der Pinzgauer Einrichtung in die Landeshauptstadt wechseln oder umgekehrt. Ob die Vereine Frauenhaus Pinzgau und "Viele" als Träger der Frauenhäuser in Salzburg erhalten bleiben, dürfte sich also erst nächstes Jahr herausstellen.
(Quelle: salzburg24)