Im Juli 2022 hat das Frauenhaus Saalfelden (Pinzgau) neue Räumlichkeiten bezogen. Anstatt eines Einfamilienhauses mit geteilten Küchen und Bädern stehen Frauen in Notsituationen nun fünf separate Wohnungen zur Verfügung. Diese sorgen in einer Extremsituation für ein bitter nötiges Stück Normalität. Sie unterscheiden sich kaum von den übrigen Wohnungen in dem Mehrparteienhaus – nur die Alarmknöpfe mit direktem Draht zur Polizei geben einen Hinweis auf die Lage, in der sich die untergebrachten Frauen und Kinder befinden.
Anlässlich der Kampagne „16 Tage gegen Gewalt“, die weltweit von 25. November bis 10. Dezember auf das Thema Gewalt gegen Frauen aufmerksam macht, haben wir das Frauenhaus besucht und erfahren, dass Zeit und Sicherheit nicht nur für die betroffenen Frauen, sondern auch für das System die entscheidenden Variablen sind.
Frauenhäuser bieten bis zu ein Jahr lang sichere Unterkunft
„Die Unterstützung für Frauen geht weit über die Bereitstellung eines sicheren Ortes hinaus“, betont Katrin Gruber vom Frauenhaus Saalfelden beim SALZBURG24-Besuch vor Ort. Das fünfköpfige Team, bestehend aus Juristinnen, Sozialberaterinnen und einer Wohnungsbeauftragten steht den Frauen in allen Belangen zur Seite. „Unsere Bewohnerinnen ziehen oft ohne Hab und Gut und ohne Perspektive ein.“ Grundsätzlich haben die Frauen die Möglichkeit bis zu sechs Monate im Frauenhaus zu bleiben – dann muss ein Verlängerungsantrag für ein weiteres halbes Jahr beim Land eingebracht werden. „Mit dem Loslösen von den Tätern hängt meist ein irrsinniger bürokratischer Aufwand zusammen – ganz zu schweigen von den seelischen Folgen. Das in einem halben Jahr zu schaffen, gleicht einem Marathonlauf im Sprint.“
In gewisser Weise sei dies das grundlegende Problem im Gewaltschutz, meint auch Rosina Kirchner vom Frauenhaus. „Bürokratisch, mit wenig Mitteln und unter Zeitdruck.“ Was den Einrichtungen vor allem zusetze, sind die einjährigen Förderverträge. Diese müssen jedes Jahr auf Neue eingebracht werden – was sich stark auf die Sicherheit und Planbarkeit auswirke. „Wir wissen schon, dass bitten alleine nicht reicht“, erklärt Kirchner. „Beim Bezug des neuen Hauses mussten wir um jede Sicherheitsvorkehrung kämpfen – so verhält es sich auch mit dem Rest“.
Von der zuständigen Landesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) heißt es dazu auf SALZBURG24-Anfrage: „Die Verträge werden seit vielen Jahren, also bereits lange vor meiner Ressortübernahme, für jeweils ein Jahr abgeschlossen.“ Eine längerfristige Lösung sei demnach aber in Arbeit.
99 Frauen pro Jahr in Salzburgs Frauenhäusern
Das Frauenhaus in Saalfelden ist nicht alleine mit diesen Herausforderungen. Trotz eines umfangreichen Netzwerks von Frauenhäusern, Notunterkünften und Beratungsstellen im Land Salzburg – unterstützt durch ein jährliches Budget von 1,6 Millionen Euro – bleibt der Bedarf hoch. Pro Jahr finden rund 100 Frauen und zahlreiche Kinder Zuflucht in den Einrichtungen im Bundesland, rund 1.500 Frauen nehmen zudem jährlich eine Beratung in Anspruch. „Prävention steht grundsätzlich im Vordergrund, aber nach wie vor brauchen wir schnelle Hilfe für Akutfälle“, so Gutschi.
Frauen bekommen „gesellschaftliche Krisen als Erstes zu spüren“
Gerade vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Krisen sei dieses Auffangnetz von zentraler Bedeutung, betont Kathrin Gimpl, psychosoziale Beraterin beim Frauenhaus Saalfelden. Das habe sich bereits während der Corona-Pandemie und jetzt auch angesichts der Teuerung gezeigt. „Wir – und damit auch Frauen generell – sind die ersten, die gesellschaftliche und strukturelle Probleme zu spüren bekommen.“
Zusätzlich zu den sicheren Unterkünften bietet das Frauenhaus Saalfelden ambulante Beratungen an – auch für die Zeit nach dem Frauenhaus. „Wir helfen den ehemaligen Bewohnerinnen danach noch genauso – ob juristisch oder psychisch. Man darf nicht vergessen, wie sehr jahrelange Gewalterfahrungen beeinträchtigen können“, erklärt Kirchner. Auf die Frage, wie lange diese Beratungen in Anspruch genommen werden können, antwortet die Sozialberaterin abschließend: „Solange wir eben gebraucht werden.“
Wo finde ich Hilfe bei Gewalt?
Beratungs- und Anlaufstellen für Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind:
- ARGE Schutzunterkünfte Salzburg: 0800 449 921
- Frauenhaus Pinzgau: 0658 274 30 21
- Frauennotruf Innergebirg: 0664 500 686 8
- Frauennotruf Salzburg – Frauenberatungsstelle bei sexueller Gewalt: 0662 881 100
- Gewaltschutzzentrum Salzburg: 0662 870 100
- Kinderschutzzentrum Salzburg: 0662 449 11
- Weißer Ring Salzburg: 0699 134 340 05
- Safe Home – Caritas Salzburg: 0676 848 210 757
Beratungen für Frauen – zum Thema Scheidung, Erwerbsarbeit, psychische Gesundheit und Rechtliches:
- Frauentreffpunkt Salzburg: Beratungsangebot zu Existenzsicherung, Scheidung, Erwerbsarbeit, Obsorge, 0662 875 498
- Frauengesundheitszentrum: Informationen, Beratung und Unterstützung in gesundheitlichen und psychologischen Fragen, 0662 442 255
- Frau und Arbeit: Kostenlose Beratung für Frauen zu Fragen rund um das Berufsleben, 0662 880 723 10
- Rechtsberatung für Frauen des Landes Salzburg: Information und Beratung von Frauen in Familien- und Eherechtsfragen in allen Bezirken Salzburgs, 0662 8042 3233
(Quelle: salzburg24)