Viele Betroffene aus Salzburg

"Cortana World"-Schaden wächst auf halbe Million Euro

Veröffentlicht: 10. Jänner 2024 16:17 Uhr
Fast fünf Monate nach ersten Berichten über "Cortana World" steht die Krypto-Plattform im Zentrum eines mutmaßlichen schweren Betrugsfalls. Die Zahl der Geschädigten, vornehmlich aus Salzburg und Oberösterreich, hat sich mittlerweile mehr als verdoppelt und die Schadensumme ist auf mindestens eine halbe Million Euro angewachsen – Tendenz weiter steigend. Zwei Beschuldigte sind derzeit auf freiem Fuß.

Es wird nicht ruhig um die mittlerweile geschlossene Krypto-Plattform "Cortana World". Zwei Männer aus Oberösterreich stehen im Verdacht, einen schweren gewerbsmäßigen Betrug begangen zu haben. Die Versprechung war, mithilfe von Künstlicher Intelligenz hohe Gewinne mit Kryptowährungen zu erzielen. Das konnte durch Ermittlungen der Polizei allerdings nicht bestätigt werden. Stattdessen deutet es daraufhin, dass es sich mit der Aussicht auf hohe Gewinne um ein Schneeballsystem vorwiegend mit Kryptowährungen handelte.

Betrugsopfer in Salzburg, OÖ und Co

Während sich im August vergangenen Jahres noch 15 Geschädigte bei der Polizei meldeten – zehn aus Salzburg und fünf Oberösterreich –, hat sich diese Zahl mittlerweile mehr als verdoppelt. Bis dato gingen 35 Meldungen von Betrugsopfern ein und die Schadensumme ist auf rund eine halbe Million Euro angewachsen, so die Salzburger Polizei am Dienstag auf SALZBURG24-Anfrage – Tendenz steigend, weil die Dunkelziffer den Ermittler:innen zufolge höher liegen dürfte.

Die Opfer der Betrügereien übergaben trotz zwischenzeitlicher Warnungen der Finanzmarktaufsichtsbehörde und "Watchlist Internet" Teile ihrer Investitionen oftmals in bar, wofür sie aber keinen Nachweis erhalten hätten. Mitunter wurden S24-Informationen zufolge dafür Kredite aufgenommen. Dadurch erlitten die Betrugsopfer erhebliche finanzielle und teils existenzbedrohende Verluste.

Die Kommunikation erfolgte vornehmlich online, weshalb nicht nur Opfer in Salzburg und Oberösterreich kontaktiert worden, sondern auch Menschen im restlichen Österreich, Bayern und der Schweiz. Im April 2023 schlossen sich einige der Investor:innen zusammen, um juristisch gegen "Cortana World" vorzugehen. "Es war Gier, wir sind selbst schuld", sagte ein betrogenes Ehepaar zu S24. Das investierte Geld dürfte jedoch für immer verloren sein, gab ein Salzburger Cyber-Ermittler unlängst zu Protokoll.

"Cortana World": Handschellen klicken in Mondsee

Ende August wurde der Fall von der Salzburger Polizei öffentlich gemacht, der bis heute seine Kreise zieht. Derzeit ermittelt die Exekutive gegen die beiden ehemaligen Geschäftsführer als Hauptbeschuldigte – ein 31-Jähriger konnte Mitte November in Mondsee festgenommen werden. Zudem wird gegen zumindest einen weiteren mutmaßlichen Mittäter ermittelt, dessen Aufenthaltsort derzeit aber unbekannt sei. Weitere Angaben konnte die Salzburger Polizei gegenüber S24 "aus kriminaltaktischen Gründen" nicht machen.

Die Ermittlungsbehörden vermuten, dass es weitere Betrugsopfer im Zusammenhang mit "Cortana World" gibt und bittet diejenigen, sich beim Kriminalreferat Salzburg unter der Telefonnummer 059 13355 3333 zu melden. Mittlerweile ist auch die Homepage der vermeintlichen Krypto-Plattform offline.

Krypto-Investitionen in Negativschlagzeilen

Der mutmaßliche Betrug mit "Cortana World" aus dem benachbarten Oberösterreich dürfte aber nur eine von vielen betrügerischen Maschen im Internet sein, mit denen versucht wird, den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Die vielversprechende Möglichkeit, mit Kryptowährungen beträchtliche Gewinne zu erzielen, hat nicht nur ehrliche Investor:innen auf den Plan gerufen.

 

Zwei große Krypto-Plattformen bestimmten in der jüngeren Vergangenheit aus unterschiedlichen Gründen die Negativschlagzeilen – in beiden Fällen ist die Schadensumme gigantisch: Sam Bankman-Fried wurde im November in einem Betrugsprozess verurteilt. Ihm drohen Jahrzehnte in Haft. Er wurde weltweit bekannt als Gründer der Kryptowährung-Börse FTX, die spektakulär zusammenbrach. Die US-Justiz wirft ihm vor, 14 Mrd. US-Dollar (rund 13,1 Mrd. Euro) aus dem Vermögen von FTX-Kund:innen ohne deren Wissen abgezweigt zu haben, um etwa riskante Geschäfte seines Hedge-Fonds zu finanzieren. Als diese Geschäfte schiefgingen, wurde auch FTX in den Strudel gerissen.

Kurz darauf folgte der Binance-Fall: Der Gründer und ehemalige Chef, Changpeng Zhao, hatte das Unternehmen zur größten Kryptowährung-Plattform der Welt gemacht. Er galt eine Zeit lang als der große Gegenspieler von Bankman-Fried. Binance hat nach Angaben des US-Justizministeriums gegen Regeln zum Kampf gegen Geldwäsche und zum Sanktionsrecht verstoßen und sich nicht ordnungsgemäß als Geldtransfer-Dienstleister registriert. Das Unternehmen muss deshalb mehr als 4 Mrd. Dollar (3,65 Mrd. Euro) Strafe zahlen.

Weitere aufsehenerregende Betrügereien mit Kryptowährungen in der jüngeren Vergangenheit umfassen:

  • Pincoin and iFan: Diese beiden von der vietnamesischen Firma Modern Tech betriebenen Initial Coin Offerings (ICO) betrogen rund 32.000 Investor:innen um insgesamt 660 Millionen Dollar.
  • OneCoin: Die als Pyramidensystem betriebene Firma war in verschiedenen Ländern Gegenstand von Untersuchungen und wurde unter anderem in Indien offiziell als solches eingestuft.
  • Bitconnect: Das Unternehmen wurde oft als Pyramidensystem beschuldigt und stellte seinen Betrieb ein, nachdem es von US-Finanzaufsichtsbehörden eine Unterlassungsanordnung erhalten hatte.
  • Plexcoin: Die Plexcoin ICO wurde in den USA als typisches Rentabilitäts-Pyramidenspiel eingestuft und gestoppt, nachdem über 15 Millionen Dollar eingesammelt wurden.
  • Centratech: Dieses ICO, das von Prominenten wie Floyd Mayweather und DJ Khaled unterstützt wurde, wurde aufgedeckt, nachdem zwei der Gründer wegen Betrugs verhaftet worden waren. Sie sammelten etwa 32 Millionen Dollar von Anleger:innen ein.

Finanzaufsichtsbehörden, Polizei und Co warnen in aller Regelmäßigkeit vor solchen Betrugsmaschen und nennen bestimmte Warnzeichen, die darauf hindeuten können, dass eine Kryptowährung-Plattform illegal oder betrügerisch sein könnte.

  • Ungewöhnlich hohe Renditen: Versprechen von garantierten, sehr hohen Renditen oder schnellem, risikolosem Gewinn sind oft ein Zeichen von Betrug. In der Finanzwelt gibt es kaum Garantien, vor allem bei hohen Renditen.
  • Mangelnde Transparenz: Seriöse Plattformen bieten detaillierte Informationen über ihre Geschäftsmodelle, das Team, rechtliche Rahmenbedingungen und ihre Finanzberichte. Misstraut Plattformen, die wenig oder keine klaren Informationen bieten.
  • Unklare oder fehlende Regulierung: Prüft, ob die Plattform von einer anerkannten Finanzaufsichtsbehörde reguliert wird. Das Fehlen einer solchen Regulierung kann ein Warnsignal sein.
  • Druck zum schnellen Handeln: Betrügerinnen und Betrüger üben oft Druck aus, schnell zu investieren, bevor eine "einmalige Gelegenheit" verpasst werde. Seriöse Investitionen erfordern keine überstürzten Entscheidungen.
  • Schwierigkeiten bei der Auszahlung: Wenn Nutzer:innen berichten, dass sie Probleme haben, ihr Geld abzuheben oder wenn Auszahlungen unnötig verzögert werden, ist dies ein ernsthaftes Warnsignal.
  • Schlechte oder fehlende Nutzerbewertungen: Sucht nach unabhängigen Bewertungen und Erfahrungen von anderen Menschen im Internet. Fehlen solche Bewertungen oder sind sie überwiegend negativ, ist Vorsicht geboten.
  • Unklare Herkunft und Firmensitz: Betrügerische Plattformen haben oft keine klare Angabe ihres Firmensitzes oder die Angaben sind falsch.
  • Aggressive Werbung und Marketing: Seid vorsichtig bei Plattformen, die über aggressive Werbestrategien verfügen, insbesondere wenn sie unrealistische Gewinne versprechen.
  • Unsichere Website: Eine Website ohne HTTPS-Sicherheitszertifikat oder mit schlechter Sicherheit kann ein Hinweis auf fehlende Professionalität oder betrügerische Absichten sein.
  • Komplizierte oder undurchsichtige Geschäftsmodelle: Wenn das Geschäftsmodell der Plattform schwer zu verstehen ist oder absichtlich kompliziert erscheint, könnte dies ein Versuch sein, tatsächliche Absichten zu verschleiern.
  • Änderungen der Bedingungen: Häufige Änderungen der Geschäftsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Auszahlungen, können ein schlechtes Zeichen sein.
  • Kopierte Inhalte: Wenn die Inhalte der Website oder das Whitepaper kopiert oder plagiiert wirken, deutet dies auf eine mangelnde Authentizität hin.

Denkt also daran, gründliche Recherchen durchzuführen und bei Zweifeln professionelle Beratung zu suchen, bevor ihr euer Geld in Kryptowährungen oder auf Kryptowährung-Plattformen investiert.

Und Nachholbedarf scheint es durchaus zu geben: Erst Ende 2023 sorgte eine Online-Befragung des Instituts für Höhere Studien mit über 1.000 Befragten für Aufsehen, weil dadurch ein Mangel bei nachhaltigem Finanzwissen in der österreichischen Bevölkerung zu erkennen sei. Nur 51 Prozent der Umfrageteilnehmenden konnten die 30 Fragestellungen richtig beantworten. Am besten wurden die Fragen zur Thematik Greenwashing (69 Prozent) beantwortet. Wiederum am schlechtesten schnitt indes das Thema Gewinnerwartung (26 Prozent) ab.

Was sind Kryptowährungen?

Kryptowährungen sind digitale oder virtuelle Währungen, die Kryptografie für Sicherheit verwenden. Sie sind dezentralisiert und basieren auf der sogenannten Blockchain-Technologie – quasi ein verteiltes Hauptbuch, das alle Transaktionen über ein Netzwerk von Computern aufzeichnet. Kryptowährungen sind unabhängig von traditionellen Banken und Regierungen, was bedeutet, dass sie außerhalb der normalen Finanzsysteme operieren. Bekannte Beispiele sind Bitcoin und Ethereum. Kryptowährungen unterliegen oftmals Schwankungen, aber ermöglichen sichere, anonyme Transaktionen und können auch als Investition genutzt werden.

(Quelle: salzburg24)

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