Ein Lamm auf einem Autorücksitz sieht man nicht alle Tage. Genau dieses Bild hat sich aber am Donnerstag Zeug:innen und der Polizei in der Stadt Salzburg geboten. Der Lenker des geparkten Pkw hat angegeben, dass er das verstoßene Tier aus Kroatien auf seinen Bauernhof nach Berlin transportieren wollte. Ganz so einfach ist das allerdings nicht. Die Pfotenhilfe im grenznahen Lochen (Bezirk Braunau) hat das etwa sechs Wochen alte Lamm nun aufgenommen.
"Chili" muss in Quarantäne
Weil „Chili“ keine Ohrmarken hat ist dessen tatsächliche Herkunft unklar, berichtet der Tierschutzhof in einer Aussendung am Montag. Dort verbringt das Tier die 30-tägige Quarantäne. Jürgen Stadler von der Pfotenhilfe rückte selbst am Donnerstag in die Landeshauptstadt aus, wo ihm das Lamm übergeben wurde. Der etwas andere Pkw-Insasse leide unter mehreren Nährstoffmängeln, außerdem habe ihm Muttermilch gefehlt, so Stadler.
Emotionale Verabschiedung
Obwohl sich die Tochter des Autolenkers nur schwer von „Chili“ trennen konnte und sich sogar hinter den Einsatzwagen auf die Straße setzte, nahm Stadler das Tier schließlich mit. In seinem vorübergehenden Zuhause wird es von früh bis spät mit Ersatzmilch aus dem Fläschchen versorgt.
„Die Umstellung verlief etwas zäh, doch am späten Freitagvormittag war es geschafft und Stadler wurde als Ersatzmama akzeptiert“, schildert der Tierschutzhof. Seitdem laufe „Chili“ ihm auf Schritt und Tritt lautstark nach. „Es ist wirklich herzzerreißend, sie ist so lieb und anhänglich, sowas ist mir in meinen 30 Jahren als Tierschützer auch noch nicht passiert", zeigt sich der Betreuer gerührt.
Lamm hat Pilz im Gesicht
Der Nährstoffmangel habe allerdings Spuren bei dem jungen Lamm hinterlassen. So dürfte eine Folge dessen ein Pilz im Gesicht sein, da um Augen und Mund einige kahle Stellen im Fell sind, heißt es. „Chili“ wird von einem auf Schafe spezialisierten Tierarzt betreut. Auch Blutproben werden entnommen, da jetzt umfangreiche Gesundheitstests nachgeholt werden müssen, um eine Seuchengefahr auszuschließen. Die Behörden seien hier sehr genau, da in der EU immer noch Fälle von Scrapie (wie BSE bei Rindern) auftreten. „Kroatien, von wo Chili durch die Berliner Urlauberfamilie angeblich mitgenommen wurde, gilt zwar laut aktuellem EFSA-Bericht als Scrapie-frei, aber man will auf Nummer sicher gehen, da laut Behörde im Falle eines tatsächlichen Ausbruchs nicht nur Chili sondern auch alle Schafe euthanasiert werden müssten, mit denen sie jemals in Berührung kommt", ist Stadler erschüttert.
Weitertransport nach Berlin "unwahrscheinlich"
Dass ein Weitertransport nach Berlin überhaupt in Frage kommt, sei eher unwahrscheinlich. Denn dafür müssten nicht nur amtliche Transportpapiere aus dem Herkunftsland, sondern auch kroatische Ohrmarken aus dem Zuchtbetrieb eingezogen werden. Quarantäne, Futter und Tierarzt werden jedenfalls sehr teuer, da seuchensichere und abgesonderte Rund-um-die-Uhr-Einzelbetreuung erforderlich sei, erklärt der Tierschutzhof. Am Wochenende hat „Chili“ jedenfalls schon freudig Stadlers privaten schaffreien Garten erforscht und an allen möglichen Kräutern und Blättern geknabbert.
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(Quelle: salzburg24)