Kritische Phase vor Winterschlaf

Igel in Salzburg kämpfen ums Überleben: Station in Dienten "ausgebucht"

Neben Unterernährung sind Verletzungen durch Gartengeräte und Mähroboter ein großes Problem. (SYMBOLBILD)
Igel brauchen viel Eiweiß und Fett. (SYMBOLBILD)
Der beste Igelschutz beginnt im eigenen Garten. (SYMBOLBILD)
Veröffentlicht: 07. November 2025 14:27 Uhr
Wenn die Nächte kälter werden, beginnt für viele Igel der Kampf ums Überleben. Gerade junge oder unterernährte Tiere schaffen es oft nicht allein in den Winterschlaf. Rupert Bergmann nimmt sie gemeinsam mit seiner Ehefrau in der Igelstation in Dienten auf – und erklärt, wie jeder im eigenen Garten helfen kann.

Im raschelnden Laub sind sie wieder unterwegs – kleine, stachelige Nachtschwärmer auf der Suche nach Futter und einem sicheren Winterquartier. Doch nicht jeder Igel schafft es rechtzeitig, sich genug Speck anzufressen, bevor die Temperaturen fallen. Immer häufiger werden geschwächte oder verwaiste Tiere in Gärten, auf Gehwegen oder gar mitten in der Stadt entdeckt. Igel wurden im Vorjahr erstmals als "potenziell gefährdet" auf der Roten Liste der bedrohten Arten geführt.

Wer dann spontan helfen will, steht schnell vor Fragen: Soll man den Igel aufnehmen? Zufüttern? Oder lieber der Natur ihren Lauf lassen? Rupert Bergmann aus dem Pinzgau weiß Rat. Gemeinsam mit seiner Frau Andrea betreibt er seit mehreren Jahren eine Igelstation in Dienten – aktuell ist dort Hochsaison. Es ist die einzige im Bundesland Salzburg.

Vom Weihnachtsigel zur eigenen Pflegestation

"Angefangen hat alles im Jahr 2012, als wir kurz vor Weihnachten zwei winzige Igel vor dem Haus gefunden haben", erinnert sich Bergmann im Gespräch mit SALZBURG24 am Donnerstag. "Die waren viel zu klein für den Winter und wir haben uns um sie gekümmert." Nach dem Besuch einer Igelstation stand fest: Das Ehepaar will selbst helfen. Heute betreuen sie dutzende Tiere. Und zwar mehr, als sie ursprünglich geplant hatten. "Eigentlich haben wir für 50 Igel Platz. Momentan sind es 58 – es ist also ziemlich kuschelig", sagt Bergmann. Man sei damit nahezu ausgebucht. "Wir machen das freiwillig, weil uns die Tiere am Herzen liegen", betont der Pensionist. Hin und wieder kommen Besucher:innen vorbei, manchmal auch Kindergartengruppen. "Den Kindern zeigen wir, wie ein Igel aussieht und wie man ihn schützt. Das bleibt hängen."

So erkennt ihr Igel in Not

Der Herbst ist für Igel die entscheidende Phase. Bevor sie in den Winterschlaf gehen, müssen sie ausreichend Fettreserven anlegen. "Viele Jungtiere schaffen das nicht rechtzeitig", weiß Bergmann aus jahrelanger Erfahrung. Ein gesundes Tier sollte im November laut Wildtierhilfe Wien mindestens 600 Gramm, besser über 700 Gramm wiegen, damit es sicher durch den Winter kommt. Jungigel, die Ende Oktober oder Anfang November noch unter 500 Gramm haben, überleben draußen kaum.

Neben Unterernährung sind Verletzungen durch Gartengeräte und Mähroboter ein großes Problem. "Im Frühjahr kommen die ersten Verletzten. Viele davon überleben nur mit viel Pflege", berichtet der Stationsleiter. Auch die zunehmend aufgeräumten Gärten erschweren den Tieren das Überleben: Ohne Laubhaufen, Hecken oder Kompostplätze finden Igel kaum mehr Schutz und Nahrung.

Wann Igel Hilfe brauchen – und wann nicht

Igel sind nachtaktive Tiere. Wer also tagsüber einen Igel über die Wiese oder Straße laufen sieht, sollte aufmerksam werden. "Wenn ein Igel untertags unterwegs ist, stimmt meistens etwas nicht", so Bergmann. Auch ein eingefallener Rücken, torkelnder Gang oder Fliegeneier im Fell deuten auf akute Schwäche oder Krankheit hin. Dann gilt: Den Igel vorsichtig mit Handschuhen oder einem Handtuch aufnehmen, wiegen und bei einer Igelstation anrufen. Eine Wärmequelle, wie eine lauwarme Wärmflasche unter einem Tuch, kann zudem helfen. Igel sind wildlebende Tiere und dürfen laut Tierschutzgesetz nur vorübergehend aufgenommen werden, wenn sie tatsächlich hilfsbedürftig sind. Wer ein gesundes Tier mitnimmt, riskiert ein Bußgeld.

Die stacheligen Tiere brauchen viel Eiweiß und Fett. Die aufgenommenen Kohlenhydrate durchs Fressen von Insekten sind unverdaulich und dienen lediglich als Ballaststoffe. Zudem seien viele gut gemeinte Ratschläge aus dem Internet schlicht falsch. "Milch ist das Schlimmste – die macht Durchfall und Bauchweh", warnt Bergmann. Auch Obst oder Nüsse gehören nicht auf den Speiseplan. Geeignet sind vielmehr feuchtes und ungewürztes Katzenfutter, ungewürztes Rührei oder gekochtes Ei, Haferflocken, gehackte Erdnüsse, ungesüßtes Trockenfutter sowie frisches Wasser. Bei Trockenfutter eine Schale mit stets sauberem Wasser zum Trinken bereitstellen und nicht gefressenes Futter durch frisches austauschen.

Das Futter sollte am Abend bereitgestellt und über Nacht zugänglich sein – Igel fressen in Etappen. Essensreste sollten am nächsten Tag entfernt werden, um keine anderen Tiere anzulocken.

Igel brauchen Hilfe, wenn sie:

  • tagsüber apathisch oder orientierungslos unterwegs sind
  • unterernährt sind 
  • offensichtlich verletzt sind 
  • stark geschwächt erscheinen (rollen sich kaum ein, taumelnder Gang)
  • von Parasiten befallen sind (Zecken, Fliegeneier, Maden sichbar)
  • nach Wintereinbruch bei Schnee und Frost draußen unterwegs sind
  • verwaist wirken (Jungtiere alleine, nach Einbruch der Dunkelheit)
  • in Gefahr sind (z.B. in Gruben, Lichtschächten, Schwimmbecken feststecken)

So helft ihr Igeln im Garten

Der beste Igelschutz beginnt im eigenen Garten. "Man muss gar nicht viel tun – eher weniger", schildert Bergmann von der Igelstation in Dienten. Wer Laubhaufen oder Reisigecken stehen lässt, schafft natürliche Schlafplätze, informiert der Naturschutzbund. Laubsauger, Motorsensen und Mähroboter sollten ab Oktober nicht mehr verwendet werden – sie können die Tiere verletzen oder töten. Auch offene Kellerschächte, Lichtschächte oder Gartenteiche sind gefährliche Fallen, die sich leicht mit Gittern oder schrägen Brettern absichern lassen.

  • Laub- oder Reisighaufen stehen lassen
  • Futterstellen abends kurzzeitig bereitstellen
  • Igelhäuser oder Holzkisten mit Laub gefüllt und wettergeschützt aufstellen
  • Chemische Schnecken- und Unkrautmittel meiden
  • Winterschlaf und Auswilderung

In Bergmanns Station ziehen sich die Tiere im Spätherbst für den Winterschlaf in vorbereitete Kisten zurück. "Da ist es kühl, aber frostfrei. Zwischen sechs und acht Grad Körpertemperatur haben sie dann." Ab Mitte Mai, nach den Eisheiligen, dürfen die Igel wieder hinaus in die Freiheit. "Zu früh darf man sie nicht aussetzen, sonst verkühlen sie sich, weil drinnen warm und draußen noch zu kalt ist."

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(Quelle: salzburg24)

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