1.065 Menschen haben sich in Salzburg im Vorjahr zum ersten Mal an die Schuldenberatung gewandt. Das sind um 23 Prozent mehr als noch im Jahr 2022 mit 869 Erstkontakten, wie Peter Niederreiter von der Salzburger Schuldenberatung im SALZBURG24-Interview am Mittwoch ausführt. Damit liegt das Bundesland noch über dem Österreich-Wert. Zum Vergleich: In Österreich gab es 21.645 Erstkontakte. Das bedeutet einen Anstieg von knapp 17 Prozent zum Jahr davor.
3.600 Schuldenberatungen in Salzburg
Insgesamt hat die Salzburger Schuldenberatung rund 3.600 Beratungen im Vorjahr durchgeführt. Auch hier ist ein Zuwachs von zehn Prozent verglichen mit 2022 erkennbar, erklärt der Experte weiter. Aber wie kommt es dazu? Niederreiter betont: „Es ist immer ein Mix. Sehr oft kommt es zu einem Umbruch bzw. einer drastischen Änderung im Leben.“ Dazu zählen etwa längere Arbeitslosigkeit, Krankheiten, Familiengründung oder Trennungen. In diesen Fällen könnten bestehende Schulden dann nicht mehr bezahlt werden. „Teure Urlaube oder viele Weihnachtsgeschenke sind nicht die Ursache“, hält der Berater fest.
Weitere Gründe seien etwa gestiegene Lebenshaltungs- und Wohnungskosten. „Die Wohnungskosten in Salzburg waren immer schon mitunter am höchsten im Land. In den letzten zwei Jahren ist das sicher nicht weniger geworden. Und zuerst gehört die Miete und dann die Kreditrate bezahlt. Das ist ja auch richtig so.“ Einen Kredit zu „reparieren“ sei einfacher, als auf der Straße leben zu müssen, sagt Niederreiter.
Was passiert bei Privatkonkurs?
Ebenfalls gestiegen ist die Zahl der eröffneten Privatkonkurse: 8.857 Menschen haben 2023 in ganz Österreich einen Privatkonkurs eröffnet, das sind 8,3 Prozent mehr als im Jahr davor. Das sei auch in Salzburg Hauptthema bzw. -aufgabe der Schuldnerberatung. Mit einer Neuvereinbarung könne man Betroffenen einen Neustart ermöglichen, so Niederreiter. „Wenn man die Altlasten los wird, hat man in einem strengen Verfahren in aller Regel die Möglichkeit, innerhalb von drei Jahren wieder bei null zu starten.“
Konkret gibt es beim Privatkonkurs zwei Möglichkeiten. Bei der „freieren“ Regelung wird mit allen Gläubigern vor Gericht eine neue Ratenvereinbarung abgeschlossen. Die Betroffenen müssen nicht mehr alles, sondern nur einen Teil zurückzahlen. „Das ist dann jener Teil, der einem zugemutet wird oder der leistbar ist. Dafür hat man sonst keine Beschränkungen. Man braucht aber die Zustimmung der Gläubiger.“ Stimmen diese der einvernehmlichen Lösung nicht zu, werde eine sogenannte Abschöpfung eingeleitet, wie der Experte erläutert. „Da muss man drei Jahre unter strengen Begleitregeln am Existenzminimum leben.“ Nach drei Jahren werde auch hier ein Schlussstrich gezogen. Wenn der Klient sich an alle Regeln gehalten hat, bekommt er eine Restschuldbefreiung.
Kaum Änderungen bei Klientel
Beim Klientel gebe es wenig Veränderung im Vergleich zu den Vorjahren. Das Durchschnittsalter liege knapp über 40 Jahren, ca. 60 Prozent seien männlich. „Auffallend ist, dass es meistens Menschen sind, die in ihren Jobs wenig verdienen. Das ist ja auch logisch“, so Niederreiter. Etwa ein Viertel entfalle auf gescheiterte Selbstständigkeiten. Auch viele Alleinverdienende oder Alleinerziehende würden sich Hilfe suchen. Der Anteil an Personen, die nur einen Pflichtschulabschluss haben, sei überdurchschnittlich hoch, ergänzt der Experte. „Dazu zählen etwa Personen, die entweder keine Lehrausbildung oder ihre Lehre abgebrochen haben. Der Anteil dieser Personen ist fast doppelt so hoch wie aus der Normalbevölkerung.“
Dass mehr Männer in die Schuldenfalle tappen, erklärt sich Niederreiter damit, dass mehr Männer, die immer noch Hauptverdienende seien, selbstständig sind. Damit würden sie auch zum Hauptansprechpartner für Banken. Zudem vermutet er, dass Männer eher bereit sind, Kreditverträge zu unterschreiben als Frauen.
"Fremde Hilfe zulassen"
„Fremde Hilfe zulassen und annehmen“: Das rät der Experte jenen, die bereits in finanziellen Schwierigkeiten stecken oder darauf zusteuern. Eine Möglichkeit sei, dass sich die Betroffenen an die Schuldenberatung wenden. Aber auch Gespräche im Verwandten- und Bekanntenkreis könnten helfen. Für jene, die noch nicht überschuldet sind, aber merken, dass sie etwa mit Geld nicht gut umgehen können, gibt es eine Budgetberatung. „Wir schauen einfach was hereinkommt, wofür das Geld draufgeht und ob etwas auffallend ist.“ Viele Menschen würden sich allerdings schämen, Hilfe zu suchen, berichtet Niederreiter. „Wenn jemand bei uns hereinkommt, dann hat er die Schulden nicht letzte Woche, letzten Monat oder letztes Jahr gemacht, sondern in aller Regel vor zehn Jahren oder noch früher. Jahrelang wird versucht, das selber zu regeln, bis man sich eingesteht, dass es so nicht geht.“
Zur Salzburger Schuldenberatung
Die staatlich anerkannte Schuldenberatung ist gratis und hat ihre Zentrale in der Stadt Salzburg, in Zell am See (Pinzgau) und St. Johann im Pongau gibt es Außenstellen und in Tamsweg (Lungau) einen Sprechtag.
(Quelle: salzburg24)