"Kompliziert und veraltet"

KFV fordert modernere Tests für potenzielle Drogenlenker:innen

Die Salzburger Polizei hat am Dienstag einen Einblick in die Drogenschwerpunktkontrollen am Grenzübergang Saalbrücke gegeben. 
Veröffentlicht: 24. April 2024 17:08 Uhr
Die Zahl der Drogenlenkerinnen und Drogenlenker steigt. Auch wenn die Polizei kontrolliert – in Salzburg aufgrund der Cannabis-Legalisierung in Deutschland im Grenzbereich sogar verstärkt – werden längst nicht alle Verkehrssünder:innen ertappt. Das KFV geht in ganz Österreich von einer immensen Dunkelziffer aus und spricht sich für eine Umstellung bei den Tests aus.

Nach der Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland legt die Polizei nun auch in Salzburg besonderes Augenmerk auf potenzielle Drogenlenker:innen. Am gestrigen Dienstag waren wir bereits bei einer Schwerpunktkontrolle an der Saalbrücke dabei und haben uns angesehen, wie die Beamtinnen und Beamten dabei genau vorgehen. Heute legte das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) nach und lud ebenfalls zu einem Pressetermin. Denn zwischen der Zahl der Lenker:innen in Österreich, die unter Drogeneinfluss ertappt und angezeigt werden und jenen, die tatsächlich unterwegs sind, gebe es eine große Differenz.

Um die Dunkelziffer zu verringern und für mehr Sicherheit auf den Straßen zu sorgen, sei neben einer Änderung der rechtlichen Voraussetzungen für Kontrollen eine Umstellung bzw. Modernisierung bei den Tests selbst nötig. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit, meint: "Das System ist kompliziert und veraltet."

Speichelvortests kein gesicherter Beweis

Zuerst zum rechtlichen Aspekt: Bei Alkohol entscheidet in Österreich das Überschreiten bestimmter Grenzwerte über die Strafbarkeit im Straßenverkehr bzw. den Führerscheinentzug. Während in Deutschland, der Schweiz und anderen Ländern in Europa auch der Nachweis einer Droge im Speichel als Grundlage hierfür diene, sei das in Österreich derzeit noch wesentlich komplizierter, wie die Expert:innen anmerken. Im Jahr 2017 sind hierzulande Speichelvortests eingeführt worden. Seither habe sich die Anzahl der überführten Drogensünder:innen fast vervierfacht. Diese Vortests dienen aber bei Verkehrskontrollen nur dazu, den Verdacht des Fahrens unter Drogenkonsum zu erhärten. Als gesicherter Beweis gelten diese nicht, so das KFV.

 

„Grundlage der Strafbarkeit im Straßenverkehr ist in Österreich nicht der bloße Konsum von Drogen, sondern die tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit, die mittels ärztlichem Gutachten festgestellt wird“, bemängelt Armin Kaltenegger, Leiter des Bereichs Recht und Normen. Dabei wird den Verdächtigen auch Blut abgenommen. Und dieser Prozess kostet laut KFV nicht nur Ressourcen. Vor allem am Wochenende, mitten in der Nacht und am Land sei es oft gar nicht so einfach, überhaupt eine Ärztin oder einen Arzt hinzuzuziehen. Zudem vergehe bei der Suche oft wertvolle Zeit, die Polizist:innen nicht hätten.

KFV ortet Mängel bei aktuellen Tests

Wie bei Alkohol spricht sich Kaltenegger auch bei Drogen für eine verdachtsfreie Kontrolle und eine dafür nötige Gesetzesänderung aus. Speichelvortests sollen systematisch eingesetzt und sofort durchgeführt werden. Auch die Haupttests sollen speichelbasiert sein. „Speichel liefert bessere und validere Daten als Blut und Urin.“ Die aktuell verwendete Technologie entspreche nämlich nicht dem modernsten Standard: So seien etwa Geräte im Einsatz, die kein Cannabis feststellen können oder es werden Urinproben genommen, die nach aktuellem Forschungsstand gar nicht geeignet seien, akuten Drogeneinfluss festzustellen.

Mobile Labore als Lösung?

Geht es nach dem Kuratorium, sollen abgenommene Speichelproben künftig im Labor ausgewertet werden. Das Problem sei jedoch, dass die dafür nötigen Geräte bei den Kontrollen nicht in Griffweite seien. Als mögliche Lösung schlägt das KFV mobile Drogenanalyselabore vor. Diese gibt es seit 2019 in Italien. Für die Abnahme sei kein medizinisches Personal nötig, es brauche nur einen Polizeibeamten oder eine -beamtin und einen Labortechniker bzw. eine Labortechnikerin, beschreibt Raffaela Neustifter, Psychologin und Verkehrsexpertin.

mobiles drogendetektionslabor.jpg KFV/APA Fotoservice/Ludwig Schedl
So sieht ein mobiles Drogendetektions-Labor aus, das bereits in Italien zum Einsatz kommt. Geht es nach dem Kuratorium für Verkehrssicherheit, wären solche Busse auch in Österreich für schnellere und effizientere Kontrollen hilfreich. 

Solche Busse könnten auch in Österreich bei Planquadraten zum Einsatz kommen. „Dadurch liegt das beweissichere Speichelergebnis bereits in 60 bis 90 Minuten vor.“ Im mobilen Labor befinden sich Analysegeräte, Laborinstrumente und Computer. Ganz billig ist das aber nicht: Neustifter schätzt die Kosten für ein Fahrzeug auf einen sechsstelligen Betrag. Ist ein solches Mobil nicht zur Stelle, könnten die Proben stattdessen an stationäre Labore geschickt und dort priorisiert ebenfalls rasch ausgewertet werden, ist die Expertin sicher.

Das KFV fordert also ein modernes Kontrollverfahren in drei Schritten:

  1. Verdachtsfreie Anhaltung von Lenkerinnen und Lenkern
  2. Speichelvortest
  3. Speichelhaupttest, der entweder in einem mobilen oder stationären Labor ausgewertet wird und sofort die in möglichen Strafverfahren nötige Beweissicherheit liefert

23 Prozent mehr Drogenlenkende als 2021

Dass es Handlungsbedarf in Bezug auf Drogenlenker:innen gibt, untermauert jedenfalls eine Dunkelfeldstudie des Kuratoriums. Exakt 8.676 Personen wurden laut Innenministerium im Vorjahr unter Drogeneinfluss von der Exekutive im Straßenverkehr angezeigt. „Allerdings ist selbst diese imposante Zahl nur die Spitze des Eisbergs“, heißt es. Demnach haben in den vergangenen zwölf Monaten fünf Prozent der rund 1.000 Befragten einen Pkw gelenkt, obwohl sie beeinträchtigt gewesen waren. Das sind hochgerechnet rund 250.000 Personen in Österreich. Seit einer Vergleichsstudie im Jahr 2021 ist damit die Anzahl der Drogenlenkenden um 23 Prozent gestiegen. Damals waren es noch 204.000 Personen.

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Seit der Corona-Krise sei diese Zunahme nicht nur bei Alkohol, sondern eben auch bei Drogen zu bemerken, sagen die Expert:innen. Als Grund vermuten sie, dass während der Pandemie viele Menschen daheim konsumiert hätten, wenn sie ohnehin zuhause bleiben mussten. Danach hätten sie ihr Verhalten nicht geändert, obwohl sie wieder mit dem Auto unterwegs sind. In Salzburg sind im vergangenen Jahr 383 Drogensünder:innen ertappt und angezeigt worden, das sind um 67 Prozent mehr als noch im Jahr 2021.

(Quelle: salzburg24)

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