Weil er sich weigerte, am AMA-Gütesiegel "Tierhaltung plus" teilzunehmen, hat eine der größten Molkereien Österreichs, die SalzburgMilch, 2024 einem Bauern aus Oberösterreich das Milchgeld gekürzt. Der Landwirt zog darauf vor Gericht und bekam nun Recht, wie zuerst das Nachrichtenportal topagrar.com berichtete.
Die einseitige Preiskürzung der Molkerei gegenüber ihren Lieferanten war unzulässig. Seit vergangener Woche ist ein Urteil des Landesgerichts Salzburgs rechtskräftig.
Landwirt lehnt freiwilliges Gütesiegel ab
Der Landwirt aus Frankenmarkt (Bezirk Vöcklabruck) wollte seine Milch nicht nach den Kriterien des freiwilligen Gütesiegels zertifizieren lassen, weil das für ihn mit einem bürokratischen und finanziellen Mehraufwand verbunden gewesen wäre. Er lehnte die "Tierhaltung plus"-Teilnahme ab. Darauf soll ihm die SalzburgMilch plötzlich weniger Geld für seine Milch bezahlt haben, wie sein Anwalt Andreas Haselbruner am Donnerstag zum ORF Oberösterreich sagte. In rund eineinhalb Monaten wurden dem Landwirt 15.000 Euro abgezogen.
Der Bauer klagte darauf die Molkerei und stellte seine Milchlieferungen ein. Zu Recht, wie das Gericht nun befand. Die Reduktion des Milchauszahlungspreises war vertraglich nicht gedeckt. "Er muss nicht im Nachhinein weitere Dinge akzeptieren, die nicht im Vorhinein im Vertrag vorgesehen waren. Die Molkerei muss im Gegenzug auch bis zum Ende der Vertragslaufzeit die Milch zu dem Preis abnehmen, der vereinbart ist", erklärte Haselbruner. Auch die außerordentliche Kündigung durch den Landwirt sei rechtmäßig erfolgt.
IG-Milch sammelt weitere Fälle von unrechtmäßiger Milchgeld-Reduktion
Der Verein IG-Milch sprach in einer Aussendung von einem "Signal gegen das Milchdiktat". Molkereien würden ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen, um Preise nach Belieben zu drücken. Man sammle derzeit alle Fälle, in denen Preise nachträglich gekürzt oder unklare Abzüge verrechnet wurden, und prüfe Musterklagen.
Wie die SalzburgMilch in einer Stellungnahme mitteilte, nehme man das Urteil zur Kenntnis und habe auf weitere Rechtsmittel verzichtet. Im Sinne der Gleichbehandlung aller Eigentümer und Lieferanten "war es unser Ziel, die Teilnahme am Gütesiegel AMA-Tierhaltung plus als einheitlichen Standard für alle Lieferanten umzusetzen". Der klagende Landwirt hätte übrigens alle fachlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die Teilnahme erfüllt.
Der Abzug auf den Milchpreis sei aufgrund der deutlich höheren Transportkosten der nicht "AMA-Tierhaltung plus"-zertifizierten Milch erfolgt, teilte die Molkerei mit. Diese durfte in den Standorten der SalzburgMilch nicht verarbeitet werden. Nach dem Urteil werde man nun die Vertragsgestaltung mit den Lieferanten überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Was ist das "Tierhaltung plus"-Gütesiegel?
Das "Tierhaltung plus"-Gütesiegel der AMA ist ein freiwilliges Zusatzprogramm für Milchviehbetriebe, das höhere Tierwohl-Standards und damit eine hohe Milchqualität garantieren soll. Betriebe, die teilnehmen, müssen eine Reihe an Kriterien erfüllen. Wie ein Sprecher der IG-Milch zur APA sagte, sei Druck auf Bauern ausgeübt worden, sich nach dem Gütesiegel zertifizieren zu lassen. "In den meisten Fällen bedeutet das aber keine Qualitätssteigerung, sondern hauptsächlich Bürokratie." 95 Prozent der österreichischen Bauern hätten auch keine Möglichkeit, zu einer anderen Molkerei zu wechseln.
Wie Anwalt Haselbruner sagte, hätten viele Molkereien in Österreich nach Einführung des "Tierhaltung plus"-Siegels unzulässigen Druck auf Bauern ausgeübt. Landwirte seien unter Androhung von Preisabzügen oder einer Nicht-Abholung der Milch zu einer Unterschrift genötigt worden. Darum sei bei der Bundeswettbewerbsbehörde aktuell eine Beschwerde wegen Kartellbildung anhängig. Diese befindet sich aber noch im Ermittlungsstadium, so der Rechtsanwalt.
(Quelle: apa)