Europa – insbesondere der Alpenraum – ist stärker vom Klimawandel betroffen als viele andere Regionen der Welt. Seit den 1980er-Jahren steigen die Temperaturen im europäischen Raum etwa doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt. So wies der "Zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel" (AAR2) kürzlich für Österreich im Vergleich zum Jahr 1900 bereits einen Temperaturzuwachs von durchschnittlich 3,1 Grad Celsius aus. Eine globale Erwärmung um drei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau könnte aus Sicht der Klimaforschung bereits 2050 erreicht werden. Im Alpenraum könnte dies eine Erwärmung von vier bis fünf Grad bedeuten. Der zusätzliche Temperaturanstieg würde damit in den kommenden 25 Jahren genauso stark ausfallen wie in den vergangenen 150 Jahren.
Temperaturanstieg bis 2050 "vorgezeichnet"
Der Fahrplan in Richtung Mitte des Jahrhunderts sei vorgezeichnet. Hier würden sich die Modelle zwischen "Fossilem Weg“ – ein Weiter wie bisher bzw. ohne Klimaschutzmaßnahmen – und ambitioniertem Weg – dem Pariser Klimaschutzabkommen entsprechend – nur geringfügig unterscheiden, wie der Salzburger Meteorologe Michael Butschek von Geosphere Austria am Montag im Gespräch mit SALZBURG24 betont. "Die Maßnahmen, die wir jetzt setzen, entfalten ihre Wirkung erst gegen Ende des Jahrhunderts. Nichtsdestotrotz sind sie besonders wichtig, um die Entwicklung auf lange Sicht abzuschwächen", bekräftigt er.
Die Auswirkungen der Erderwärmung sehen wir bereits jetzt deutlich, unter anderem in immer häufigeren Starkniederschlagsereignissen mit Vermurungen. Diese werden in den kommenden Jahrzehnten noch weiter zunehmen. "Hier gibt es einen klaren Zusammenhang. Mit jedem Zehntelgrad Erwärmung kann die Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen. Entsprechend mehr Potenzial hat man bei jedem Sommergewitter, dass in einer kurzen Zeiteinheit mehr runterkommt", erklärt Butschek. Nehme man die 30-jährigen Perioden zwischen 1961 und 1990 und 1991 und 2020 im Vergleich, habe sich der maximale Stundenniederschlag um 15 Prozent erhöht, wie der Meteorologe aufzeigt. In diesem Zeitraum wurde eine Erwärmung von 1,2 Grad in Österreich verzeichnet. Auch Vermurungen und Felsstürze stünden mit temperaturbezogenen Veränderungen im Permafrostboden in Zusammenhang.
Der Gesamtjahresniederschlag wird sich laut dem Leiter der Salzburger Regionalstelle der Geosphere Austria trotz Erderwärmung nur wenig verändern. Es sei davon auszugehen, dass es zu insgesamt weniger Regen im Sommer kommen werde. Ein Großteil des Niederschlags verschiebe sich in den Winter.
Weniger Niederschlag trotz mehr Starkregenereignissen
Das bedeutet: Die Gefahr für Trockenheit und Dürre wird im Sommer zunehmen. Höhere Temperatur führt zu mehr Verdunstung, was den Verlust im Wasserkreislauf befeuert. Durch die höheren Temperaturen verlängert sich außerdem die Vegetationsperiode, wodurch die Pflanzen länger Wasser aus dem Boden ziehen. Auch Niederschlag kann dies nur bedingt ausgleichen, denn Starkregen rinnt oberflächlich ab.
Im Winter wird sich das Mehr an Niederschlag in niederen Lagen großteils als Regen zeigen. "Es wird aber auch in Zukunft noch Wetterlagen geben, wo es bis ganz herunter schneit", versichert der Wetterexperte. "Schneefall ist an einzelne Wetterlagen geknüpft, nicht vollständig an das Klima." Kaltluft werde in den Polarnächten am Nordpol gebildet. "Wenn diese den Weg zu uns findet, wird es an einzelnen Tagen kalt genug für Schneefall sein. Aber es wird seltener sein. Unsere Beobachtungen in den letzten Jahrzehnten zeigen, dass die Zahl der Tage mit Schneebedeckung langfristig zurückgeht", so Butschek.
Prekäre Lage für niedrig gelegene Skigebiete
Der Naturschnee wird also weniger und auch die Bedingungen für technischen Schnee werden durch höhere Temperaturen herausfordernder, gibt er eine Prognose für den Skibetrieb in den kommenden Jahrzehnten. "Vorerst wird das Wenige an Naturschnee noch mit technischem Schnee zu kompensieren sein und den Skibetrieb aufrechtzuerhalten sein." Tiefe Skigebiete unter 1.500 Meter würden es immer schwieriger haben. Das sei bereits jetzt zu sehen.
Mehr Schnee in höheren Lagen
In höheren Lagen kann der Klimawandel im Gegensatz aber auch zu mehr Schnee führen. "Im vorletzten Winter hat ab 1.500 Meter Seehöhe der Schnee massiv zugenommen. Unterhalb hat es viel geregnet, oberhalb dieser Grenze war das Mehr an Niederschlag oft mit Schnee verbunden. In Hochlagen ab 1.800 Meter war es einer der schneereichsten Winter der letzten Jahre", so Butschek. Der schneearme Winter des Vorjahres sei ein Ausreißer gewesen.
Für die heimischen Gletscher dürfte diese Rechnung aber nicht aufgehen. Beim ewigen Eis sieht man aktuell einen Rückzug um fünf Prozent pro Jahr. Bis zum Ende des Jahrhunderts dürften in den Westalpen nur noch sehr wenige Gletscher übrig sein. Erste Gletscher – wie etwa der Hallstätter Gletscher – sollen laut aktuellen Prognosen bereits in fünf Jahren Geschichte sein.
(Quelle: salzburg24)