Faktor bei Kaufentscheidung

Online-Bewertungen zwischen Fluch und Segen

Veröffentlicht: 24. Juli 2024 16:03 Uhr
Jede:r kennt sie und auch wenn ihr euch dagegen wehren solltet: Online-Bewertungen haben maßgeblichen Einfluss auf unsere Kaufentscheidungen oder aber auch auf die Auswahl einer Arztpraxis oder Urlaubsreise. Es gibt jedoch auch schwarze Schafe – wie man Fake-Bewertungen durchschaut oder sich als Unternehmen gegen ungerechtfertigte Erfahrungsberichte wehren kann, haben wir hier für euch zusammengefasst.

Es ist Fluch und Segen zugleich: Online-Bewertungen. Ob beim Lokalbesuch, bei der Auswahl einer Arztpraxis oder vor einer kostspieligen Neuanschaffung wird gern und regelmäßig auf Rezensionen im Internet zurückgegriffen. Und es gibt reichlich Angebote – angefangen über Google, über im Shop integrierte Möglichkeiten wie bei Amazon oder auf eigenen Bewertungsplattformen. Anonym können Erfahrungen mit Produkten, Unternehmen, Dienstleistungen und Arbeitgeber:innen geteilt werden – ungeprüft und öffentlich einsehbar versteht sich, damit sie von anderen Personen gelesen werden können.

Große Rolle bei Kaufentscheidungen

Online-Bewertungen spielen eine immer größere Rolle, stellten mehrere Studien unlängst fest. Solche Kundenrezensionen seien neben dem Preis zur wichtigsten Kaufentscheidung beim Online-Shopping geworden, erklärt Thomas Flöckner vom Konsumentenschutz bei der Arbeiterkammer im SALZBURG24-Gespräch am Mittwoch. Schließlich können sie den Konsumentinnen und Konsumenten als wichtiger Anhaltspunkt für die Qualität und Vertrauenswürdigkeit eines Produkts oder einer Dienstleistung dienen. "Den Online-Rezensionen wird Vertrauen geschenkt, weil solche Bewertungen Erfahrungen aus erster Hand vorspiegeln und Authentizität vermitteln."

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Solche Meinungen können im Internet ohne Frage eine Orientierungshilfe geben, weiß auch Sebastian Gückelhorn, Leiter beim Online-Marketing der Salzburger Nachrichten (SN) im S24-Gespräch zu berichten: "Nutzer werden noch vor dem Kauf auf die Qualität der Produkte oder Dienstleistung hingewiesen. Im Vergleich zum 'Vor-Internet'-Zeitalter ist das ein immenser Vorteil." Bei der "Flut an Billigprodukten aus dem Ausland" brauche es Gückelhorn zufolge eine Art "Gatekeeper", also einen Einflussfaktor, der eine wichtige Position bei einem Entscheidungsfindungsprozess einnimmt: "Das sind in einem globalen Marktsystem momentan die Nutzer und Konsumenten."

Wenn negativ bewertet wird

Als Orientierungshilfe können sie zwar die Kaufentscheidung beeinflussen, dafür sind negative Bewertungen öfter das Thema von Streitigkeiten. Das könne ein Gefühl der Handlungsfreiheit gegen eine gefühlt ungerechte Erfahrung vermitteln. Der Eindruck entsteht, dass erlittenes Unrecht zumindest in Form einer schlechten Bewertung wettgemacht werden könnte. Das ist oftmals ein schmaler Grat, denn rasch kann dabei über die Stränge geschlagen werden. "Sachliche Kritik ist im Rahmen der Meinungsfreiheit erlaubt", sagt Flöckner und rät: "Bewertungen sollten jedenfalls nicht aus der ersten Emotion geschrieben werden."

Schließlich sind online abgegebene Bewertung öffentlich und können von vielen gelesen werden. Bewertungen von Personen oder deren Dienstleistungen können deren Persönlichkeitsrechte verletzen. Unbedachte, untergriffige oder übertriebene Bewertungen können daher rechtswidrig sein und teure Abmahnungen sowie Gerichtsverfahren nach sich ziehen.

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Fälle zu missbräuchlicher Verwendung von Bewertungssystem seien "leider ein negativer Aspekt des Ganzen", schildert Marketing-Fachmann Gückelhorn. Hier sieht er den Gesetzgeber in der Verantwortung. In Österreich gebe es zwar im Allgemeinen eine vernünftige Rechtsprechung, "die jedoch meiner Ansicht nach schwer zu überprüfen ist."

Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen

Kritische und negative Bewertungen können im Rahmen der Meinungsfreiheit abgegeben werden. "Es ist sehr wichtig, den Unterschied zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen zu kennen", sagt Gückelhorn: "Tatsachen können bewiesen werden. Dies sollte sich jeder Nutzer vor dem Absenden eines Beitrags vergegenwärtigen." In Österreich ist die Meinungsäußerung durch Artikel 13 des Staatsgrundgesetzes und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt. Die Grenzen der Meinungsfreiheit liegen in der Beeinträchtigung der Rechte anderer, wie etwa durch Ehrenbeleidigung, Verleumdung, Hetze oder Rufschädigung.

Unterlassungsklagen gegen Fake-Bewertungen sind prinzipiell möglich, wenn nachweislich falsche Dinge geschildert werden. Wenig Aussicht auf Erfolg gebe es jedoch bei Unternehmen aus Ländern außerhalb der EU. Von Fake-Bewertungen betroffen seien sämtliche Branchen, berichtet Flöckner vom AK-Konsumentenschutz. Die Arbeiterkammer prüft Sachverhalte und vermittelt zwischen den Streitparteien – "jeder Einzelfall ist für sich zu bewerten."

Firmen kennen die Macht der Bewertungen

Viele Unternehmen kennen den Wert von Bewertungen und streben danach, viele positive und keine negativen Bewertungen auf ihrem Profil zu haben. Dies führt zu gekauften "Fake-Bewertungen" und dazu, dass Konsument:innen unbegründete Abmahnschreiben zur Einschüchterung erhalten, um Bewertungen zu löschen. Bewertungsplattformen können beim Löschen oder Blockieren von Bewertungen unterschiedlich handeln – je nachdem, ob zahlende Kund:innen oder andere Unternehmen bewertet werden.

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Einer AK-Erhebung zufolge seien jedoch ein Drittel aller im Internet zu findenden Bewertungen gefälscht. Es gibt beispielsweise Unternehmen, die für einen positiven Online-Auftrag beauftragt werden können. Solche Agenturen oder "Bewertungsdienstleister können dafür sorgen, dass ein Produkt oder eine Firma viele positive Bewertungen erhält. Zwar ist der Kauf von gefälschten Bewertungen rechtswidrig, weil er Konsumentinnen und Konsumenten in die Irre führt und dadurch den Wettbewerb zwischen Konkurrenten verzerrt. Flöckner: "Weil der Nachweis über den Kauf von gefälschten Bewertungen allerdings nicht leicht zu prüfen ist und solche Agenturen ihren Sitz vielfach außerhalb der EU haben, sind solche Geschäftspraktiken schwierig zu verfolgen."

So könnt ihr gefälschte Bewertungen erkennen

  • Zeitpunkt der Bewertung: Seid vorsichtig bei ersten Bewertungen eines neuen Produkts, Hotels oder einer Dienstleistung. Anbieter versuchen oft, durch frühzeitige positive Bewertungen ein gutes Bild zu erzeugen.
  • Auffällig viele positive Bewertungen: Viele positive Bewertungen in kurzer Zeit, besonders bei Nischenprodukten, können auf beauftragte Agenturen hinweisen.
  • Länge der Bewertung: Lange, ausführliche Beschreibungen können auf gekaufte Bewertungen hindeuten. Echte Nutzer verwenden meist weniger Zeit für positive Bewertungen im Vergleich zu negativen.
  • Sprache: Blumige Sprache und übertriebene Formulierungen deuten oft auf gekaufte Bewertungen hin. Auch maschinell erzeugte Texte sind ein klares Indiz.
  • Kein verifizierter Kauf: Achtet auf das Kriterium "verifizierter Käufer". Bewertungen von tatsächlichen Kunden sind oft zuverlässiger.
  • Umfassende Top-Bewertung: Eine durchweg makellose Leistungsbeschreibung ohne Kritikpunkte kann auf massenhaft gekaufte Bewertungen hinweisen.
  • Werbung für Konkurrenzprodukte: Bewertungen, die aufdringlich ein anderes Produkt bewerben, dienen oft dazu, Kund:innen auf ein Konkurrenzprodukt umzuleiten.

Was tun gegen ungerechtfertigte Bewertungen?

Ein bewertetes Unternehmen hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass negative Bewertungen gelöscht werden, nur weil die Bewertung für das Unternehmen unangenehm ist oder einen negativen Einfluss auf das Geschäft nimmt. Allerdings kann die Löschung einer Bewertung verlangt werden, wenn die Bewertung einen rechtswidrigen Inhalt darstellt und das für den Plattformbetreiber auch erkennbar ist. Eine Bewertung ist rechtswidrig, wenn sie beleidigende Äußerungen oder unwahre Tatsachenbehauptungen enthält.

Eine Konsumentin bzw. ein Konsument muss eine negative Bewertung auf Aufforderung des Unternehmens nur dann entfernen, wenn die Bewertung die Grenze zur Rechtswidrigkeit überschreitet. Allein der Umstand, dass eine Bewertung negativ und für ein Unternehmen unangenehm ist, bedeutet noch nicht, dass sie auch rechtswidrig ist und daher entfernt werden muss. Nur wenn eine Bewertung beleidigende Äußerungen oder kreditschädigende unwahre Tatsachenbehauptungen enthält, muss die Konsumentin bzw. der Konsument sie entfernen.

Das solltet ihr bei Online-Bewertungen beachten

  • Lasst euch nicht durch hervorgehobene Texte für "Premium-Mitglieder" oder "empfohlene Produkte" in die Irre führen. Bezahlte Inhalte, die prominent angezeigt werden, müssen als Werbung gekennzeichnet sein.
  • Sachlich bleiben: Bleibt bei Bewertungen ehrlich und schreibt nicht aus der ersten Emotion heraus. Gerade bei Personen (etwa Ärzt:innen und Fachleuten) ist Vorsicht geboten, um nicht vorschnell deren berufliche Ehre und wirtschaftlichen Ruf zu diskreditieren.
  • Kühler Kopf bei Abmahnung: Erhaltet ihr eine teure Abmahnung durch eine Rechtsanwaltskanzlei, behaltet einen klaren Kopf. Sachliche Kritik ist erlaubt. Stellt sich jedoch deine Bewertung als rechtswidrig heraus, löscht sie und gebt unter Umständen eine Unterlassungserklärung ab, um eine Klage abzuwenden. Hilfe gibt es dafür direkt bei der AK.
  • Urteil über euch: Seid ihr selbst bewertet worden? Prüft, ob eure Daten vom Betreiber der Bewertungsplattform rechtmäßig verarbeitet werden. Möglicherweise könnt ihr einer Verarbeitung deiner Daten widersprechen.

Bewertet ihr Lokalbesuche, Urlaubsreisen, Arztpraxen und Co im Internet? Teilt uns eure Erfahrungen in den Kommentaren mit!

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(Quelle: salzburg24)

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