Von kleinen zu großen Muskeln

Pilates – Gerechtfertigter Hype oder nur einer von vielen Fitness-Trends?

Veröffentlicht: 12. August 2024 16:48 Uhr
Pilates gibt es schon seit fast 100 Jahren. Aktuell interessieren sich immer mehr Menschen für die Trainingsmethode, die oft mit Yoga verglichen wird. Auf Instagram allein gibt es unter dem Hashtag "pilates" schon 28 Millionen Postings. Wo der Unterschied liegt, wie sich die Atmung auf körperliche und geistige Gesundheit auswirkt und welche Rolle das Ambiente bzw. die Ästhetik dabei spielt, erklärt eine Salzburger Pilates-Trainerin.

So manche Stars und Sternchen schwören schon seit Jahren auf Pilates, um sich fit zu halten. Dazu zählen etwa Pop-Ikone Madonna, Sängerin Miley Cyrus oder die Kardashians. Auch auf den deutschsprachigen Raum ist die Trainingsmethode übergeschwappt und gewinnt derzeit immer mehr an Beliebtheit. Das bemerkt auch die Flachgauerin Waltraud Leobacher, die selbst seit über 13 Jahren als Trainerin aktiv ist. Von einem Trend spricht sie im SALZBURG24-Interview aber nicht direkt. Denn es komme immer wieder vor, dass Fitness-Trends – wie Zumba oder Piloxing (ein Mix aus Pilates, Boxen und Tanz, Anm.) – in Wellen auftauchen. Anders nimmt sie die Entwicklung bei Pilates wahr. Dabei handle es sich vielmehr um ein „Basic“, zu dem die Menschen immer wieder zurückkommen würden.

Aktuell finden sich auf Social Media zahlreiche Fotos und Videos zum Thema. Auf Instagram allein sind unter dem Hashtag „pilates“ mit Stand Montagmittag mehr als 28 Millionen Beiträge zu finden. Dass die Trainingsmethode durch Influencerinnen und Influencer einem breiteren Publikum nahegebracht wird, sieht die Flachgauerin positiv – sofern sie die Übungen auch gut und richtig weitervermitteln können. „Ich komme aus einem kleinen Ort und da fragt man ab und zu, ob Pilates das mit Pontius ist. Also man weiß einfach nicht, was das ist. Und dieses Influencertum hilft dem Ganzen, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen“, berichtet die 55-Jährige. Doch nicht hinter allem, was als Pilates verkauft wird, steckt auch tatsächlich Pilates, betont sie. „Pilates auf der Matte heißt Matwork-Pilates. Weil dieser Begriff nicht geschützt ist, passiert es ganz leicht, dass man auf Formen trifft, bei denen herumgeturnt wird. Und das hat mit Pilates nicht mehr viel zu tun.“

Gesundheit der Wirbelsäule im Fokus

Aber wie genau erkennt man nun Pilates? Ein wesentliches Merkmal ist, dass der Atem einbezogen und auch angeleitet wird, so Leobacher. Beim einfachen Teil der Übung wird ein-, beim anstrengenden Teil durch den Mund ausgeatmet. Dadurch soll man sich immer mehr entspannen. Die Übungen sollten in einem gewissen Flow stattfinden und aufeinander aufbauen. Und: Der Fokus sollte immer von Innen nach Außen gerichtet sein. Man konzentriert sich also auf die wirbelsäulennahen Muskeln und die Wirbelsäule selbst. Ziel ist die Aufrichtung, hält die Trainerin fest. „Es geht um den Rücken und den Bauch und hauptsächlich um die Gesundheit der Wirbelsäule.“ Begonnen wird mit den kleinen Muskeln, den kleinen Strukturen, die ganz innen liegen – vom Beckenboden geht es dann zu den größeren Muskeln wie dem Rückenstrecker.

Unterschied zwischen Yoga und Pilates

Die Wurzeln gehen auf den Deutschen Joseph Hubertus Pilates zurück. Er emigrierte nach New York und eröffnete dort das erste Trainingsstudio im Jahr 1926 – also vor fast 100 Jahren. „Er hat Einflüsse von Yoga genommen, aber sich auf die Aufrichtung, die muskuläre Arbeit und Entspannungseinheiten fokussiert. Während Yoga sehr auf Dehnungen fokussiert ist und die asiatische Philosophie mitbringt, ist Pilates sehr klassisch auf das Workout konzentriert und bindet die Atmung mit ein“, erklärt Leobacher. Möglich ist das Ganze aber nicht nur auf der Matte, sondern auch mit Maschinen. Am bekanntesten ist wohl der sogenannte Reformer. „Das sieht relativ ungewöhnlich aus, wenn man das nicht kennt. Ein bisschen wie Folterinstrumente. Pilates hat sie während des Krieges auf Feldbetten für die Soldaten entwickelt. Deswegen schaut das heute noch ein bisschen so aus“, schildert die Trainerin. Gearbeitet wird dabei mit körpereigenem Widerstand und einem Seilzug mit Gewichten. Je stärker man ist, desto mehr Widerstand bekommt man am Seil. Dadurch sollen die gewünschten Ergebnisse noch rascher zu fühlen und sehen sein.

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Weil die Körper und somit auch die Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden ganz individuell sind, startet die Flachgauerin meist mit einem Balancetest. Dabei wird ein Bein angewinkelt hochgezogen. „Wenn du das 20 Sekunden einbeinig schaffst, bist du schon einmal sehr stabil.“ Ein weiterer Test ist das sogenannte Roll Up. Man rollt sich – wie der Name schon sagt – langsam ab. So lässt sich erkennen, wie die Wirbelsäule aussieht, ob sie gerade ist und wie weit man hinunterkommt. „Da kannst du schon ganz gut sehen, ob du eher beweglich oder kraftorientiert bist.“ Je nachdem, wie viel Rückenkraft man hat, werden dann die Übungen ausgewählt.

Und dann gibt es noch Übungen, die für beiden Typen nützlich sind, sagt die 55-Jährige. „Da sind wir wieder bei der tiefen Muskulatur. Was echt super ist, ist der sogenannte Pelvic Curl, also das Beckenkippen. Du liegst in Rückenlage mit aufgestellten Füßen und kippst das Becken vor und zurück. Das ist das Mächtigste für deinen beweglichen und gleichzeitig starken Rücken.“ Hier kommt das Atmen ins Spiel: Beim Ausatmen wird der Bauchnabel nach innen gezogen. „Dann hast du die unterste Bauchmuskulatur, die ist wie ein Korsett.“ Bei Kraft- oder Muskelorientierten sei Dehnung bis zur Schmerzgrenze wichtig, bei Überbeweglichen die Stärkung des Schultergürtels, zum Beispiel durch Stütz oder verkehrten Stütz.

IMG_0025.jpg SALZBURG24/Gruber
Die Salzburger Pilates-Trainerin Waltraud Leobacher im Gespräch mit S24-Redakteurin Kathrin Krispler. 

"Du nimmst mit Pilates kein Gramm ab"

Dass durch Pilates die Kilos wie von alleine purzeln, ist allerdings nicht möglich, betont die Expertin. „Du nimmst mit Pilates kein Gramm ab. Du musst dazu die Ernährung umstellen oder ein Ausdauerprogramm dazunehmen, dann nimmst du ab. Durch Pilates alleine nicht.“ Es gibt aber eine grobe Richtlinie von Pilates selbst, auf die sich die Salzburgerin stützt, wenn es um die Beurteilung der Effektivität geht. „Nach zehn Mal fühlst du den Unterschied, nach 20 Mal siehst du den Unterschied und nach 30 Mal bist du ein neuer Mensch. Und das kann ich bestätigen.“ Gemeint sind jeweils 50 Minuten, so lange dauert eine klassische Einheit. Wer sich nebenbei noch anderweitig sportlich betätigt, könne schon mit einer Einheit pro Woche auskommen. Ideal sind laut Leobacher zwei bis drei Sessions pro Woche.

Vom körperlichen zum mentalen Aspekt

Und was ist der Unterschied zum klassischen Krafttraining, das viele zum Beispiel im Fitnessstudio machen? Kraftsport kann zu Lasten des Rückens und der Gelenke sein, antwortet die Flachgauerin. Das sei besonderes im Alter ein Thema. Pilates hingegen helfe, sich besser im Alltag bewegen zu können. „Du bekommst dadurch tatsächlich eine aufrechte Haltung, eine Taille, eine Silhouette und diese anmutigen Bewegungen.“ Pilates sei die beste Methode, um Rückenschmerzen loszuwerden, sagt die 55-Jährige. Dahinter liege aber oftmals auch mentales Problem. „Meistens ist es Überlastung. Zu viel Arbeit, zu viel Stress. Wenn wir jetzt mit Pilates an unserem Körper arbeiten, arbeiten wir gleichzeitig, ohne viel darüber zu reden, auch an unserem geistigen, an unserem mentalen Zustand.“ Durch die bereits angesprochene Atmung könne sich das gesamte „System“ von Einheit zu Einheit immer mehr entspannen.

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Welche Rolle spielen Ästhetik und Ambiente? 

Dass man bei vielen Pilates-Postings in den sozialen Netzwerken häufig ein ganz bestimmtes Ambiente sieht – Räume in beigen oder hellen Farben, Holzboden, minimalistische Einrichtung, gedimmtes Licht – kommt nicht von ungefähr. „Ästhetik ist schon ein Thema. Die Leute kommen ja zu dir, um sich zu entspannen. Und alles, was zur Entspannung beiträgt, zu diesem Runterkommen, zu diesem Durchatmen, ist gut“, meint die Expertin. Dabei sei eben eine möglichst dezente Atmosphäre mit wenig Ablenkung für viele Menschen hilfreich. Dennoch sollte die Sache selbst – Pilates – im Vordergrund stehen. Und wie und in welcher Umgebung sich jemand am besten entspannen kann, ist Geschmackssache.

(Quelle: salzburg24)

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