Pinzgau

Grenzfall: Salzburgs südliche Provinz

Die einzige direkte Verbindung zum "Mutterland" Salzburg bestand für Matrei über den nicht ganzjährig begehbaren Felbertauern.
Veröffentlicht: 19. Februar 2014 14:33 Uhr
Was die Landespatrone Rupert und Virgil in Osttiroler Kirchen verloren haben, dass es bereits 50 Jahre vor der großen Protestantenvertreibung eine schmerzvolle Ausweisungswelle gab und wer sich später dafür entschuldigte, verrät unser aktueller Grenzfall.
Lilli Zeilinger

Nur wenig bekannt ist heute noch, dass der Markt Matrei in Osttirol mit den umliegenden Tälern und Gemeinden einst als "Windisch Matrei" zu Salzburg gehörte. Wobei schon der Name Windisch, also die slawische Bevölkerung bezeichnend, schon zur Zeit der Zugehörigkeit zu Salzburg nicht auf dort lebende Alpenslawen hinweist, denn die waren zu diesem Zeitpunkt schon längst assimiliert. Man benützte das Adjektiv zur Abgrenzung vom gleichnamigen Matrei am Brenner.

Salzburger Erzbistum reichte bis ins Defereggental

Das Salzburger Erzbistum war im Mittelalter südlich des Alpenhauptkamms äußerst präsent, hauptsächlich mit Streubesitz, also einzelnen Burgen, Städten und Gütern. 2.850 Mark Silber bezahlte Erzbischof Eberhard von Salzburg anno 1207 für das später als Pflegschaft geführte Matrei. Der Salzburger Einfluss reichte bis weit ins Defereggental hinein, nur St. Jakob im Talende blieb bei Tirol.

Bis zum Ende des Fürsterzbistums im Jahr 1803 blieb Windisch Matrei unter Salzburger politischer Herrschaft, kirchlich sogar bis 1814, als es das Südtiroler Brixes unter seine bischöflichen Fittiche nahm und Osttirol endgültig österreichisch wurde.

Protestanten wurden vertrieben, Kinder weggenommen

Die 600 Jahre dazwischen verliefen über weite Strecken unspektakulär, abgesehen von wiederholten Erhebungen gegen Steuern – eine 1703 entsandte Beschwerdeko

mmission wurde in Salzburg kurzerhand gefangen genommen – und der ersten großangelegten Protestantenvertreibung auf Salzburger Gebiet, als zwischen 1684 und 1685 rund 700 Bewohnerinnen und Bewohner des Defereggentals aufgrund ihres Glaubens auf Befehl des Salzburger Erzbischofs ihre Heimat verlassen mussten. Und nicht nur das, an der Grenze wurden ihnen auch alle Kinder unter 15 Jahren weggenommen. Für deren – katholische – Erziehung wurde auf den Besitz ihrer vertriebenen Eltern zurückgegriffen. Luthers Lehren sind schon ab 1520 im Tal nachweisbar. Auch durch den mäßig ergiebigen Bergbau breitete sich der neue Glaube aus, sodass die Salzburger Obrigkeit in Person des Matreier Pflegers aktiv wurde und Verfolgungen einleitete. Es soll aber auch Vertriebene gegeben haben, die wieder zum Katholizismus zurückkehrten, als sie feststellen mussten, dass sie in ihrer neuen Heimat Schwaben den Predigten in schwäbischem Dialekt nicht folgen konnten.

Es dauerte bis 2002, als sich der nun kirchlich zuständige Innsbrucker Bischof für das damalige Unrecht entschuldigte und ein Mahnmal am Brugger Kirchl in der Deferegger Gemeinde St. Veit eingeweiht wurde.

Handelsbeziehungen über Felbertauern

Die einzige direkte Verbindung zum "Mutterland" Salzburg bestand für Matrei über den nicht ganzjährig begehbaren Felbertauern. In den Kirchen der ehemaligen Pflegschaft stößt man heute noch auf Salzburger Spuren. Die Bischöfe Rupert und Virgil sind etwa in der Pfarrkirche von St. Veit im Defereggental vertreten. Auch die Kalser Kirche ist eine Rupertkirche und wurde der Legende nach von ihm gegründet, wobei Kals an der Glocknerstraße bereits außerhalb des Salzburger Gebiets lag.

Die zentrale Verwaltung war beim Pfleggericht Matrei angesiedelt und wurde später als Bezirksgericht genutzt. Die Salzburger Osttiroler verlegten sich nach der Bergbau-Ära auf den Wanderhandel mit Handschuhen, Decken und Teppichen und später mit Uhren und Strohhüten. Die Wirtschaftsbeziehungen brachten sie mit den Strohhutfabriken in Krain (heute Slowenien) und Marostica in Oberitalien in Verbindung.

Dieser "Grenzfall" ist ein weiterer aus der erfolgreichen Serie "Salzburger Grenzfälle", die jeden ersten Mittwoch des Monats auf SALZBURG.AT, der Plattform für die Europaregion, im Internet unter www.salzburg.at , veröffentlicht werden. Die Grenzfälle versammeln Kuriositäten rund um die Salzburger Grenzen und bilden eine aufschlussreiche Lektüre zu Geschichte, Landeskunde und Politik Salzburgs.

(Quelle: salzburg24)

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