Pongauer Generationen-Projekt

Neue Skischaukel verbindet Großarltal mit Dorfgastein

Veröffentlicht: 17. Oktober 2023 15:04 Uhr
Ein Spagat zwischen dem Ski-Angebot für Einheimische und jenem für die zahlreichen Urlaubsgäste ist im Großarltal geplant. Bergbahnen, Gemeinden und Co investieren rund 70 Millionen Euro für die Skischaukel zwischen Großarl und Dorfgastein, um das Tourismusangebot ganzjährig zukunftsfit zu machen. Einheimische sollen indes von Vergünstigungen der "Hoamat-Karte" profitieren.

Der Winter in Salzburg steht vor der Tür – mittlerweile spielen auch allmählich die Temperaturen mit und die ersten Berge sind bereits angezuckert. Die etlichen im Bundesland verteilten Skigebiete arbeiten längst unter Hochdruck an den Vorbereitungen für den Wintersportauftakt.

70-Millionen-Investitionen im Großarltal

Die wohl größte Neuerung gibt es heuer im Pongauer Großarltal, wo rund 70 Millionen Euro investiert werden, um den Tourismus der Region "langfristig und vor allem ganzjährig zu sichern", wie bei einem Medientermin am Dienstag im Hangar 7 in der Stadt Salzburg angekündigt wurde.

Dort, wo bislang die 8er-Kabinenbahn Hochbrand war, ist in den vergangenen Monaten eine moderne 10er-Kabinenbahn entstanden. "Die Bahn fährt bis zum Kieserl auf fast 2.000 Höhenmeter und verbindet damit das Skigebiet im Gasteinertal", sagte Peter Hettegger, Hotelier und Geschäftsführer der Großarler Bergbahnen. Die autonom und ganzjährig fahrende Bahn habe genügend Platz für Kinderwagen, Rollstühle und Fahrräder – und für Skier und Snowboards ohnehin, die dann mit in die Gondel genommen werden.

Medientermin Kieserlbahn SALZBURG24/ Pfeifer
Der Großarler Unternehmer Peter Hettegger beim Medientermin im Salzburger Hangar 7.

Anstatt wie bisher über eine Sektion fährt die Bahn künftig über eine Mittelstation in rund 15 Minuten Fahrtzeit vom Tal über knapp 1.100 Höhenmeter direkt bis aufs Gipfelplateau des Kieserls – das ist eine Anhöhe zwischen dem Fulseck und Schuhflicker. Mit der "leistungsfähigen Bahn" sollen schlussendlich mehr Menschen transportiert werden, zumal ein Bereich erschlossen wird, der bisher nur für Tourengehende erreichbar war. Die dafür ausgemusterte 8er-Bahn kommt keineswegs in den Müll, vielmehr soll sie modernisiert und im Skigebiet Forstau (Pongau) wieder aufgebaut werden.

Alte Skipisten wieder erschlossen

Mit der Skischaukel werden die Skipisten auf der Roslehenalm erschlossen bzw. reaktiviert, weil es schon in den 1970er-Jahren einen Schlepplift im "Großarler Ur-Skigebiet" gab. Von 1955 bis 1959 betrieben Sepp und Helli Forcher hier übrigens das Berglandhaus. Das Kieserl soll zur neuen Drehscheibe des Skigebiets werden. Während in der Talstation ein Servicezentrum mit Kassen, Sportshop, Skidepot, Bistro, Bergbahnen-Verwaltung, Tiefgarage und Mitarbeiterwohnungen entsteht, stellt ein gehobenes Gipfelrestaurant im Obergeschoss der Bergstation samt 360 Grad-Panoramablick das Aushängeschild des Mega-Projekts dar.

Neue Kabinenbahn und Bergstation Kieserl Tourismusverband Großarltal
Das verbundende Skigebiet Großarltal-Dorfgastein auf einem Blick.

Der Fortschritt auf der Baustelle sei aktuell "sehr weit", führte Großarls Tourismuschef Thomas Wirnsperger aus und ergänzt: "Wir halten den Zeitplan ein". Die Arbeiten fallen derzeit hauptsächlich noch in und rund um die Bergstation an. Ziel ist es, heuer am 4. Dezember fertig zu sein. In Betrieb gehen soll die neue 10er-Kabinenbahn noch vor der Weihnachtssaison. Das Eröffnungsfest ist für Mitte Jänner geplant.

Was ist mit dem Naturschutz?

Die großen Baumaßnahmen würden in Einklang mit dem Naturschutz stehen, wurde beim Pressetermin am Dienstag unisono betont. Bereits im Vorfeld signalisierte der Alpenverein seine Zustimmung, da es sich hier nicht um eine Neuerschließung, sondern um eine Reaktivierung eines Skigebietes handele. Die Eingriffe in die Natur seien daher nicht so gravierend, zumal es begleitende ökologische Ausgleichsmaßnahmen gebe. Betrieben wird die neu errichtete Anlage indes mit Ökostrom aus Wasserkraft aus dem örtlichen Wasser- und Biomassekleinkraftwerk.

"Die Landschaft ist unser größtes Kapital", betonte der Großarler Unternehmer Hettegger, der eine ganzjährige touristische Nutzung der Region forciert. Schon heute sei der Anteil der Tourist:innen im Sommer und Winter fast gleich, mit leichtem Übergewicht in der kalten Jahreszeit. Gesetzt wird hauptsächlich auf länger bleibende Urlaubsgäste und Einheimische, denn Tagesgäste würden nur ungefähr zehn Prozent des jährlichen Tourismus-Umsatzes im Großarltal ausmachen.

Neue Kabinenbahn und Bergstation Kieserl Tourismusverband Großarltal
Das Skigebiet Großarltal von oben fotografiert.

Hettegger: "Der Sommer-Tourismus ist deutlich günstiger, weil beispielsweise keine künstliche Beschneiungen oder Pistensicherungen notwendig sind." Diese Vorteile wolle man vermehrt nutzen, um sich vor allem als Ziel für Wanderurlaube zu positionieren. Geplant ist in den kommenden Jahren neben bereits bestehenden Strecken zudem ein Single-Trial für Mountainbikes und E-Bikes, Zielgruppe seien sogenannte Genussradlerinnen und Genussradler, um nicht in Konkurrenz mit den Fahrrad-Hochburgen Saalbach und Leogang (beides Pinzgau) zu treten.

Geld im gesamten Großarltal eingesammelt

Das Gesamtinvestitionsvolumen von rund 70 Millionen Euro am Kieserl sei ein generationenübergreifendes Großprojekt. Die Hälfte – also 35 Millionen Euro – sei Eigenkapital, das im gesamten Großarler Tal von Betrieben und Verbänden, aber auch von zahlreichen Privatpersonen eingesammelt wurde, wie Hettegger schilderte. Darin inkludiert seien 3,8 Millionen Euro von der Gemeinde Großarl und fünf Millionen Euro vom Tourismusverband. Die andere Hälfte der 70 Millionen Euro werde durch Kredite gestemmt. "Die Investitionskosten sind eine große Herausforderung", sagt Hettegger mit Hinblick auf die durch die anhaltend hohe Inflation gestiegenen Kosten.

"Hoamat-Karte" für Einheimische im Großarltal

Doch bedeuten solche gigantischen Investitionen wie im Großarler Tal nicht gleichzeitig auch Preiserhöhungen? Schließlich wird Skifahren im kommenden Winter empfindlich teurer. Um die Preise zumindest für die einheimische Bevölkerung abzufedern, wird mit Anfang November die "Hoamat-Karte" im Großarltal eingeführt, die von allen bezogen werden kann, die ihren Hauptwohnsitz in Großarl oder Hüttschlag haben oder in diesen Gemeinden arbeiten. Mit dieser Maßnahme stellt sich das Großarltal gegen den Willen des mächtigen Verbunds Ski amadé. Dort sei so etwas nicht "mehrheitsfähig gewesen", meinte Hettegger.

 

Skifahren soll damit als Breitensport für Einheimische erschwinglich bleiben. Damit will man auch dem Trend der vergangenen Jahre entgegenwirken, dass immer weniger Saisonkarten an Erwachsene verkauft wurden. Ziel sei es, heuer 1.000 Erwachsenenkarten zu verkaufen, sagte Großarls Bürgermeister Johann Rohrmoser (ÖVP).

Leistungen der Hoamat-Karte:

  • Erwachsene: Winternutzung ausschließlich im Skigebiet Großarltal-Dorfgastein (Tagestickets)
  • Kinder und Jugendliche: Saisonkarte für Ski Amadé
  • Langlaufloipe Großarltal
  • Schwimmbad Großarltal
  • Sommernutzung der Großarler Bergbahnen
  • Ganzjährige Nutzung der Postbuslinien 540 und 541

Preise für die Hoamat-Karte:

  • Erwachsene: 400 Euro pro Jahr
  • Jugendliche: 280 Euro pro Jahr
  • Kinder: 100 Euro pro Jahr

Für Kinder- und Jugendtickets ist mindestens eine Elternkarte nötig, für die der Vorverkauf am 6. Dezember endet.

Buchungslage für Winter in Österreich

Trotz Teuerung und Krisen zeichnete Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler am Montag unterdessen ein durchwegs optimistisches Bild für die anstehende Wintersaison. Die bisherige Buchungslage sei gut und Österreich als Wintersportdestination noch populärer als im Vorjahr. Auch im Land Salzburg zeigen sich die Fachleute trotz leichter Unsicherheit zuversichtlich. Die Frage bleibt nur, wie viele Salzburgerinnen und Salzburger die Skigebiete besuchen werden – oder nicht doch auf gratis oder kostengünstigere Alternativen wie Skitouren ausweichen.

(Quelle: salzburg24)

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