Die Insolvenz des Salzburger Fertighausanbieters Scalahaus Holzbau GmbH im Frühjahr 2022 hat am Mittwoch zu einem gerichtlichen Nachspiel geführt. Zwei Ex-Geschäftsführer mussten sich wegen grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen am Landesgericht Salzburg verantworten. Sie sollen die Gläubiger – darunter zahlreiche Häuslbauer – um fast 23 Millionen Euro geschädigt haben. Der Prozess wurde am Nachmittag auf unbestimmte Zeit vertagt.
Das Unternehmen mit Sitz in Eugendorf (Flachgau) hatte Ende März 2022 zunächst Insolvenz angemeldet und nur eine Woche später die Schließung des Betriebs angekündigt. In dem damals eröffneten Konkursverfahren hatten mehr als 460 Gläubiger Forderungen angemeldet. Darunter befanden sich auch gut 170 Häuslbauer, die teilweise schon Anzahlungen geleistet hatten. Ihre Häuser wurden aber nie geliefert oder fertiggebaut. Zum Teil sprangen zwar Fremdfirmen ein, die damals stark gestiegenen Baukosten und die Tatsache, dass viele Bauunternehmen keine Fixpreisgarantie mehr abgeben konnten, verschärften die Lage der Kunden - darunter viele junge Familien - weiter.
Anklage: Schlechte Buchführung, unangemessenes Gehalt
Laut Strafantrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sollen die zwei bisher unbescholtenen Österreicher in unterschiedlicher Tatbeteiligung einen Befriedigungsausfall bzw. eine Befriedigungsvereitelung für die Gläubiger in der Höhe von insgesamt 22,9 Millionen Euro zu verantworten haben. Im Fall des Erstangeklagten geht es um einen inkriminierten Tatzeitraum von September 2016 bis 31. März 2022 (Eröffnung des Konkursverfahrens, Anm.), die Tathandlungen des Zweitangeklagten betreffen den Zeitraum von Mai 2019 bis Oktober 2021.
Die beiden damaligen Geschäftsführer sollen die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens herbeigeführt haben, weil sie unter anderem "die Geschäftsbücher so geführt haben, dass ein (jeweils) zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der GmbH erheblich erschwert" gewesen sei. Zudem sei teilweise ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt bezogen worden. Bei der Kostenrechnung wurden offenbar auch keine Gemeinkosten berücksichtigt. Dem Erstangeklagten wirft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auch das "Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung" vor.
Erstangeklagter bekennt sich schuldig
Der Erstangeklagte, der außer eines Gymnasium-Abschlusses mit Matura keine weiteren Fortbildungen auf Befragung der Richterin angegeben hat und wie der Zweitangeklagte derzeit selbstständig tätig ist, gestand eine Schuld ein. Laut seinem Verteidiger übernimmt er zum Tatbestand der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen "vollständig" die Verantwortung. "Die Aufzeichnungen hätten besser geführt werden sollen."
Zum Vorwurf des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung zeige sich sein Mandant tatsachengeständig, sagte der Anwalt des Erstangeklagten und führte an, dass bezüglich der Fälligkeit der Beiträge mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) wegen einer Stundung Kontakt aufgenommen worden sei. "Er hat wohl nicht vorsätzlich gehandelt. Er ist davon ausgegangen, dass das gestundet ist."
Zweitangeklagter weist Schuld von sich: Freispruch geforfert
Der Zweitangeklagte, der das Studium der Betriebswirtschaftslehre abgeschlossen hat, zeigte sich nicht geständig. Sein Verteidiger plädierte im Eingangsvortrag für einen Freispruch. "Der Tatbestand eines grob fehlerhaften Verhaltens ist nicht erfüllt", sagte er.
Sein Mandant, der mehr als 400.000 Euro an Eigenkapital in das Unternehmen eingebracht habe, habe ein angemessenes Gehalt bezogen. "Es ist nicht von einem übermäßigen Gehalt zu sprechen", sagte der Verteidiger. Der Vorwurf, sein Mandant habe als Geschäftsführer keinen Überblick über die Ertragslage gehabt, stimme ebenfalls nicht. Der Zweitangeklagte sei für den technischen Bereich des Unternehmens zuständig gewesen, für die kaufmännische Seite sei der Erstangeklagte verantwortlich gewesen.
Scalahaus schlittert in Insolvenz
Am 20. Dezember 2019 habe das Unternehmen über eine Liquidität von 1,2 Millionen Euro verfügt. Spätestens ab dem Jahr 2020 habe es ein ordentliches Reporting gegeben, das auf Liquidität und Erträge verwiesen habe, führte der Verteidiger des Zweitangeklagten weiter aus. "Mein Klient ist von der Richtigkeit der Zahlen ausgegangen." Der Sachverständige habe zum Thema Deckungsbeiträge in dem Gutachten ja auch ausgeführt, dass diese erst im vierten Quartal 2021 wirklich relevant geworden seien, erklärte der Verteidiger und wies noch darauf hin, dass sein Mandant die Geschäftsführung bereits am 21. Oktober 2021 zurückgelegt habe.
Noch am 18. Oktober 2021 habe sich der Zweitangeklagte bei einem Mitarbeiter über die Liquidität des Unternehmens erkundigt. Dieser habe geantwortet, es sei knifflig, aber durchaus nicht aussichtslos. "Man kann nicht sagen, die Insolvenz ist vom Himmel gefallen. 2019 gab es viele Aufträge, 2020 gab es Corona", sagte der Verteidiger. Man sei überzeugt gewesen, dies bewältigen zu können. "Die Gesellschafter haben insgesamt 4,7 Millionen Euro in das Unternehmen hineingebuttert." Und es sei der Versuch unternommen worden, die Fehler, die wahrscheinlich gemacht worden seien, auch abzudecken.
Zahlreiche Betroffene fordern Geld zurück
Zahlreiche Privatbeteiligte schlossen sich dem Gerichtsverfahren an. Die ÖGK forderte einen Zuspruch von rund 547.700 Euro. Auf der Zuhörerbank saßen Betroffene, die bereits Teilzahlungen geleistet haben, aber aufgrund der geringen Quote im Insolvenzverfahren nur sehr wenig Geld zurückbekamen. Sie forderten ebenfalls einen Privatbeteiligten-Zuspruch. Eine Frau gab einen Schaden von 79.000 Euro an. Bisher hat sie aufgrund der Quote 904 Euro erhalten.
Im Falle einer Verurteilung droht den beiden Angeklagten eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren. Gegen das Duo wurde auch wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs ermittelt - das Verfahren wurde in dieser Hinsicht aber eingestellt. Ob der Prozess heute beendet wird, war zunächst noch unklar.
(Quelle: apa)






