Im Jahr 2023 gab es im Land Salzburg 1.160 Unfälle, die durch Ablenkung verursacht wurden. Das entspricht 41 Prozent aller Unfälle und damit den traurigen Spitzenplatz aller Unfallursachen – vor Alkohol und überhöhter Geschwindigkeit.
1.338 Verletzte und sieben Tote gab es dabei zu beklagen, führte das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) am Freitag bei einem Medientermin in der Stadt Salzburg aus. "Es gibt einen großen Handlungsbedarf", betont KFV-Direktor Christian Schimanofsky. Ablenkung im Verkehr betrifft alle Altersgruppen – und zwar jedes Verkehrsmittel in jeglicher Mobilitätssituation. "Eine kurze Textnachricht dauert etwa fünf Sekunden. Bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h legt man in dieser Zeit etwa 70 Meter 'blind' zurück", verdeutlicht Schimanofsky die oft unterschätzte Gefahr solcher "Zombie-Unfälle". Das bezeichnet Unfälle, die durch Ablenkung, vor allem durch Smartphones, entstehen, weil Betroffene ihre Umgebung durch Unaufmerksamkeit nicht wahrnehmen und das zu gefährlichen Situationen führen kann. Bei Fahrrädern und E-Scootern zählen neben dem Handys Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung zu den häufigsten Ablenkungsformen.
Simulator zeigt "realistische Situationen"
Egal, ob wir uns zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Auto im Straßenverkehr bewegen. Es gibt viele Möglichkeiten, sich dabei ablenken zu lassen. Weil Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren am meisten von Unfällen durch Unachtsamkeit betroffen sind, tourt das KFV durch Österreich, um Schulklassen die Gefahr durch Ablenkung im Straßenverkehr zu verdeutlichen. Rund 350 Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen Tagen beim Aktionstag in der TriBühne Lehen mitgemacht, der auch einen interaktiven Parcours beinhaltet.
Auf einem Laufband werden etwa durch 3D-Visualisierung und Kopfhörer "realistische und direkt erfahrbare" Situationen simuliert und die Gefahren unmittelbar veranschaulicht. Im Selbstversuch testeten die Schüler:innen, wie Unachtsamkeit durch die Nutzung eines Smartphones rasch zu heiklen Situationen führen kann. "Diese Erfahrungen sollen sie an ihre Freunde und Eltern weitergeben", appelliert der KFV-Direktor.
Gründe für Ablenkung im Straßenverkehr
- Blick von Straße abwenden: Werbung, Straßenschilder, Plakate, Bordcomputer, Smartphone.
- Geräusche: Handyklingeln, laute Musik, Gespräche via Freisprechanlage oder mit Mitfahrenden.
- Gedanklich abgelenkt sein: Sorgen, Tagesträume, tiefe Gespräche mit Mitfahrenden.
- Hände vom Steuer nehmen: Handy nutzen, Navi bedienen, essen, rauchen.
- Interaktion mit Mitfahrenden oder anderen Verkehrsteilnehmenden: Gespräche, sich umdrehen zu Mitfahrenden, Gesten mit anderen Fahrenden.
Kein Multi-Tasking beim Autofahren
Der größte Schaden durch einen Unfall wird zweifellos durch ein motorisiertes Fahrzeug angerichtet. Und auch hier ist laut KFV das Smartphone die Hauptursache – egal ob Textnachricht oder Anruf. "Intensives Reden mit der Freisprechanlage entspricht einem alkoholisierten Bewusstseinszustand", warnt KFV-Direktor Schimanofsky vor dieser Form der Ablenkung. Man müsse sich die Frage stellen, ob der Anruf nicht auch auf dem nächsten Rastplatz getätigt werden könnte.
Telefonieren am Steuer ohne Freisprechanlage wird zwar durch die Polizei geahndet, allerdings sollte es gar nicht erst so weit kommen. Dennoch wurden deshalb im Jahr 2023 insgesamt 9.471 Anzeigen im Land Salzburg erfasst, führt der Leiter der Salzburger Verkehrspolizei, Thomas Schwaiger, aus. "Wir raten, vor der Fahrt bewusst auf Nebentätigkeiten zu verzichten, ausreichend Sicherheitsabstand zu halten und auf unerwartete Situationen vorbereitet zu sein. Jede Sekunde der Unaufmerksamkeit kann fatale Folgen haben." Die volle Konzentration sollte ausschließlich dem Lenken des Fahrzeugs und dem Verkehr gelten.
Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit
Bei einer Gesprächsrunde mit über 25 Verkehrsfachleuten wurden indes Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit im Land Salzburg diskutiert und Maßnahmenpakete erarbeitet. Es gebe etwa Überlegungen zu eigens eingerichteten Handy-Zonen mit gratis W-LAN, wo das Smartphone in sicherer Umgebung genutzt werden kann, sagte SPÖ-Gemeinderätin Sabine Gabath. Ideen gab es auch für ein Leitsystem für Touristinnen und Touristen, die dann nicht mehr mit dem Handy vor der Nase durch die Landeshauptstadt navigieren sollen.
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(Quelle: salzburg24)