Diskussionsrunde mit ORF-Journalist

Christian Wehrschütz gibt in Salzburg Einblick in EU-Annäherung des Westbalkans

ORF-Reporter Christian Wehrschütz und Landeshauptmann a.D. Franz Schausberger bei der Veranstaltung in Salzburg.
ORF-Reporter Christian Wehrschütz und Landeshauptmann a.D. Franz Schausberger
Veröffentlicht: 20. Mai 2025 15:50 Uhr
Der ORF-Journalist und -Korrespondent Christian Wehrschütz und Salzburgs früherer Landeshauptmann Franz Schausberger kamen am Montag in der Landeshauptstadt zusammen, um über die EU-Annäherung der Westbalkan-Staaten zu sprechen. Mehr als 100 interessierte Gäste besuchten die über zweistündige Veranstaltung.
SALZBURG24 (tp)

In der International Salzburg Association (ISA) in der Salzburger Altstadt kamen bei der Veranstaltung "Hängepartie statt Blitzschach – die unendliche Geschichte der EU-Annäherung des Westbalkans“ am Montagabend über 100 interessierte Gäste zusammen – darunter Serbiens Generalkonsulin Vera Vukićević sowieso Vertreterinnen und Vertreter des konsularischen Corps.

Das vom früheren Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP) geführte Institut der Regionen Europas (IRE) lud zu diesem Vortragsabend, um die Thematik mit einem Kenner der Region zu diskutieren. Der in Graz geborene und mit seiner Familie in Salzburg wohnhafte Christian Wehrschütz ist ORF-Korrespondent in Belgrad für den Westbalkan und in Kiew für die Ukraine. Er spricht neben Englisch und Französisch auch fließend Russisch, Ukrainisch, Serbisch und Albanisch.

Westbalkan-Staaten und der EU-Beitritt

In seinem Vortrag und der anschließenden Diskussion mit dem Publikum beleuchtete Wehrschütz die historische Entwicklung der Westbalkan-Region, die politischen, ethnischen, religiösen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konflikte und Aspekte und bot einen Ausblick auf die Zukunft des Westbalkans in der EU.

Kritisch bemerkte Wehrschütz, dass 25 Jahre nach dem Sturz des serbischen Machthabers Slobodan Milosevic für viele Staaten des Westbalkans der Beitritt weiter entfernt sei als zuvor. Das habe mehrere Gründe: Einerseits stehe die innere Verfasstheit der Staaten einem EU-Beitritt entgegen, beispielsweise aufgrund von organisierter Kriminalität und Korruption, Grenzkonflikten, fehlenden Investitionen oder demografischen Herausforderungen.

Zum anderen, weil es seitens der EU-Staaten oftmals gar kein Interesse an einer raschen EU-Erweiterung gebe. Die Blockaden gegenüber Nordmazedonien seien ein unrühmliches Beispiel dafür, betont Wehrschütz. Zudem sei für die EU mittlerweile der Zugriff auf Rohstoffe in der Region, wie beispielsweise Lithium in Serbien oder "Stabilität" wichtiger geworden als Demokratisierungsprozesse, führte der Journalist aus.

Einflüsse aus dem Ausland

Den Einfluss außereuropäischer Akteure beurteilte Wehrschütz unterschiedlich – und zwar je nach Region und Land. Der arabische Einfluss sei besonders in Bosnien stark zu bemerken, während für Albanien die Türkei ein wichtiger Partner sei. Russland spiele eher eine symbolische Rolle und hier auch nur im Konflikt zwischen Serbien und Kosovo. China hingegen sei mittlerweile wichtigster Partner Serbiens. Die Meinungen über die USA gehen in der Region indes weit auseinander: Einerseits seien sie für Staaten wie Albanien und Kosovo ein wichtiger Partner, andererseits seien sie in Serbien oder der Republik Srpska aufgrund der militärischen Intervention in den 1990er Jahren unbeliebt.

EU- Erweiterungsprozess stagniert

Wehrschütz bewertet den EU-Erweiterungsprozess um die Westbalkan-Staaten schlussendlich als stagnierend. Eine der größten Herausforderungen für die Region sei der demographische Wandel und die Abwanderung hunderttausender meist junger, gut ausgebildeter Menschen. Die Bevölkerung schrumpft, die EU-Staaten holen Arbeitskräfte aus dem Westbalkan, die dort dringend gebraucht werden und die Arbeitsmigration aus asiatischen Ländern werde daher von den südosteuropäischen Regierungen massiv forciert. Das habe gravierende gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf die Region.

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Als positive Entwicklung hebt Wehrschütz aber hervor, dass mittlerweile viele europäische Firmen das Potential des Westbalkans entdeckt hätten und beispielsweise Produktionen in der Region aufbauen und damit auch Europas Wirtschaft stärken.

Wer ist Christian Wehrschütz?

Christian Wehrschütz ist ein Journalist, der am 9. September 1961 in Graz geboren wurde. Er studierte Jus und Slawistik an der Universität Graz. Bereits in den 1980er-Jahren begann er seine journalistische Laufbahn beim ORF.

Seit 1999 ist Wehrschütz ORF-Korrespondent – zunächst für den gesamten Balkanraum, später vor allem für die Ukraine. Er gilt als einer der bekanntesten und erfahrensten ORF-Auslandsjournalisten und ist für seine profunden Kenntnisse der politischen Situation in Osteuropa, des Balkans und insbesondere der Ukraine bekannt.

Er berichtet regelmäßig aus Kriegs- und Krisengebieten und wurde mehrfach für seine journalistische Arbeit ausgezeichnet. Während des Ukraine-Krieges ab 2014 und insbesondere seit dem russischen Einmarsch 2022 ist Wehrschütz eine zentrale Informationsquelle für den ORF geworden.

(Quelle: salzburg24)

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