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Fachtagung in Salzburg: Rechte von Heimkindern gehören gestärkt

"Ein neues Gesetz scheitert bisher am Veto einzelner Bundesländer, die Angst vor zusätzlichen Kosten haben", kritisierte Andrea Holz-Dahrenstaedt von der kija Salzburg.
Veröffentlicht: 23. November 2012 15:37 Uhr
Schicksalsschläge, Überforderung, Vernachlässigung, Gewalt: 11.300 Kinder leben in Österreich in Heimen, betreuten Wohngemeinschaften oder in Pflegefamilien und sind nicht bei ihren leiblichen Eltern untergebracht.

Ihre Rechte gehören gestärkt, forderten am Freitag die Kinder- und Jugendanwaltschaften (kija) Österreichs bei einem Pressegespräch im Zuge einer Fachtagung in Salzburg. Doch es würden hierzulande an Qualitätsstandards und Geld für externe Vertrauenspersonen fehlen.

Bemühungen um neues Gesetz

"Seit 2008 bemühen wir uns um ein neues Bundesjugend- und Kinderhilfegesetz. Das scheitert bisher aber am Veto einzelner Bundesländer, die Angst vor zusätzlichen Kosten haben", kritisierte Andrea Holz-Dahrenstaedt, Leiterin der kija Salzburg. Zwar habe es bei der Fremdunterbringung in den vergangenen Jahren viele positive Entwicklungen gegeben, Österreich werde aber aktuell vom UN-Kinderrechteausschuss gerügt: Es fehle an Qualitätsstandards und an einer statistischen Datenauswertung, die Vergleiche ermöglicht.

"Schere geht immer weiter auseinander"

"Dabei geht die Schere immer weiter auseinander. Auf der einen Seite haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse verändert. Es gibt mehr Kinder aus Trennungen, wachsende Armut, eine Zunahme der prekären Arbeitsverhältnisse. Die Standards - inklusive die in der Justiz - haben da nicht Schritt gehalten."

Reformen scheitern an Geld

Notwendige Reformen würden aber am Geld scheitern: Etwa die Einführung des Vier-Augen-Prinzips als Standard, ob eine Gefährdung vorliegt und ein Kind abgenommen werden soll. Oder bei der Forderung nach einem externen Kinderbeistand: Das sind Vertrauenspersonen, die Kindern und Jugendlichen zur Seite stehen - und ihnen abseits des Systems Jugendamt, Gericht oder Heim/WG/Pflegeeltern als Ansprechpersonen dienen.

Kinder leiden an Loyalitätkonflikten

"Das gilt nicht nur für Worst-Case-Szenarien", so Dahrenstaedt. "Viele Kinder leiden an Loyalitätskonflikten. Wenn ein Kind alle zwei Wochen bei der Mutter schläft, das nicht mehr möchte, aber es sich nicht zu sagen traut, weil es der Mutter nicht schaden will, können solche Personen helfen."

Externe Vertrauenspersonen kein Beitrag zu mehr Kontrolle

Ein Vorschlag, der nicht nur auf Gegenliebe stößt: "Die Heime müssen verstehen, dass externe Vertrauenspersonen kein Beitrag zu mehr Kontrolle sind. Es geht um Prävention. Die Bezugspersonen brauchen direkten Zugang zu den Heimen", so Michael Rauch von der kija Vorarlberg. Und Holz-Dahrenstaedt ergänzt: "Für Kinder und Jugendliche bedeuten externe Vertrauenspersonen einen hohen Autonomiegewinn."

Um die neuen Standards umzusetzen, werden österreichweit etwa 500 Dienstposten in der Sozialarbeit benötigt. "Eine Reform würde langfristig sogar Geld sparen. Wir sprechen nicht von Kosten, sondern von Investitionen in Kinder", so Rauch. Weil eine Bundesregelung auf sich warten lässt, prescht das Bundesland Vorarlberg nun vor. Ab kommendem Jahr soll hier ein Pilotprojekt laufen.

Auf erste Erfolge wies am Freitag hingegen die Vorsitzende der Fachgruppe der österreichischen Familienrichter, Doris Täubel-Weinreich, hin. So befinde sich ein neues Kindschaftsrechtgesetz gerade in Begutachtung. "Wird ein Kind aus der Familie genommen, dauert es oft recht lange, bei das Gericht entscheidet, ob die Abnahme gerechtfertigt war oder nicht. Diese langen Verfahren belasten Familien schwer." Nun soll es neu eine mündliche Verhandlung geben, die binnen vier Wochen stattfinden muss. Dabei sollen Sozialarbeiter oder Psychologen als sogenannte Familiengerichtshelfer eingebunden werden und helfen, schnell abzuklären, ob eine Abnahme gerechtfertigt war. (APA)

(Quelle: salzburg24)

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