Das Scharfrichterhaus – mitunter auch Henkerhaus genannt – im Salzburger Stadtteil Gneis galt als historisch. Vom frühen 17. bis ins 19. Jahrhundert hatten die Salzburger Scharfrichter, also die Vollstrecker der Todesstrafe, dort ihren Wohnsitz. Hunderte Menschen wurden über die Jahre hinweg dort hingerichtet. Im 19. Jahrhundert wurde das Scharfrichterhaus dann zu einem Bauerngut, das bis ins Jahr 2000 auch bewohnt war.
Über den Erhalt des nicht unter Denkmalschutz stehenden Hauses wurde zuvor immer wieder diskutiert. Am Montag begannen allerdings die Abrissarbeiten, schon am Dienstag war von dem historischen Haus nichts mehr übrig. Begründet wurde der Schritt mit Einsturzgefahr. Kritik kommt nun von der Bürgerliste (die Grünen in der Stadt Salzburg) und der KPÖ Plus.
Abbruchbescheid nach Antrag auf Erhalt erstellt
Die Bürgerliste stellte im September des vergangenen Jahres noch einen Antrag an die damals zuständige Vizebürgermeisterin Barbara Unterkofler (ÖVP), um den Abbruch zu verhindern. "Leider ist nichts passiert. Im Gegenteil, der Abbruchbescheid wurde danach im Oktober 2023 erstellt, unser Antrag also einfach ignoriert", so Klubobfrau Ingeborg Haller in einer Aussendung am Montag.
Über 150 Kinder und Jugendliche hingerichtet
Auch die KPÖ Plus brachte Anfang Juli einen Antrag zum Erhalt des Henkerhauses ein. Neben der Zukunft des baulichen Erbes sollte auch die Erinnerung an die Vergangenheit in den Mittelpunkt gerückt werden. Im Antrag wurde dabei unter anderem auf die sogenannten "Salzburger Zauberbubenprozesse" verwiesen, bei denen in den Jahren von 1675 bis 1690 über 150 Kinder und Jugendliche hingerichtet wurden.
Bürgerlisten-Klubobfrau Haller hoffte am Dienstag noch, den Abbruch verhindern zu können, wie sie gegenüber S24 mitteilt: "Man sollte es stoppen und irgendwie schauen, ob man mit dem Grundeigentümer ins Gespräch kommt. Wenn das nun zu spät ist, stellt sich die Frage, ob man hier eine Gedenkstätte errichten kann. Eine Art Museum hätte ich am besten gefunden." Über einen Kauf hätte die Stadt laut Haller noch die Möglichkeit gehabt, das historische Gebäude zu erhalten.
"Es ist ewig schade, dass es als kultureller Erinnerungsort verloren gegangen ist. Es ist generell ein Problem, dass man Gebäude mit einem geschichtlichen Wert so weit verfallen lässt, dass es dann heißt, sie seien nicht mehr erhaltungswürdig und man reißt sie ab", so Vizebürgermeister Kay-Michael Dankl (KPÖ Plus) im Gespräch mit SALZBURG24 am Dienstag. Die Stadt müsse sich grundsätzlich überlegen, wie baukulturelle Denkmäler künftig besser geschützt werden können.
Wie es nun mit dem Grund weitergeht, ist nicht klar. Der Eigentümer wollte mit dem Abriss offenbar einen Schlussstrich ziehen, berichten die "Salzburger Nachrichten" (SN). Ein Bau sei nicht geplant, das wäre auch schwierig, das Scharfrichterhaus stand nämlich in einem für die Landwirtschaft gewidmeten Grünland. Ein Neubau ist hier nur in Ausnahmefällen möglich.
Scharfrichterhaus: Dankl und Haller für Gedenkort
Die Errichtung eines Gedenkortes am Gelände des früheren Henkerhauses sei für Dankl denkbar. Dieser könne etwa in Form einer Skulptur oder einer Gedenktafel umgesetzt werden. Auch Haller spricht sich dafür aus, für sie ist ein Gedenkort ohne Haus allerdings "nur die halbe Miete".
Ein möglicher Gedenkort könnte die Salzburger Stadtpolitik damit noch in nächster Zeit beschäftigen.
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(Quelle: salzburg24)