Sozialhilfe neu

Massive Kritik aus Salzburg

Veröffentlicht: 20. September 2019 13:54 Uhr
Sozialpolitiker der Stadt Salzburg erwarten mit der von Türkis-Blau beschlossenen Sozialhilfe ab kommendem Jahr eine Ausweitung der Armut. "Die Stadt wird es mehr kosten, gleichzeitig kommt bei den Betroffenen aber weniger Geld an", warnte Sozialstadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) am Freitag vor Journalisten. Hauptbetroffene seien Alleinerzieherinnen, Pensionisten und Kinder.

"Wenn man auf einen Vorhang schießt, weiß man nicht, wer dahinter steht", so Hagenauer: Die (inzwischen gescheiterte) Regierung habe vor allem jene erwischen wollen, die es sich im sozialen Netz bequem gemacht hätten, tatsächlich kämen aber künftig viele Menschen in die Bredouille, denen die Mindestsicherung noch ein Leben in Würde ermöglicht habe. "Und die paar Prozent, die es sich gerichtet haben, werden es auch im neuen System schaffen."

Sozialhilfe neu outet Sozialhilfeempfänger

Ein Punkt, der Hagenauer besonders sauer aufstößt, ist die Umwandlung des Mietzuschusses zur Sachleistung. Das hätte zur Folge, dass künftig das Sozialamt direkt die Miete an den Eigentümer überweisen müsse. Die Betroffenen würden dadurch als Sozialhilfeempfänger geoutet. "Es trifft eine Generation, die sich ohnehin schon sehr schwer tut, überhaupt zum Sozialamt zu gehen. Ich verstehe nicht, warum man Mindestpensionisten so bestrafen muss." Außerdem wird diese Regelung in Salzburg als "verfassungsrechtlich hochproblematisch" angesehen. Zur Erklärung: Schon jetzt können auch Bezieher der Mindestpension in die Mindestsicherung rutschen, wenn ihre Wohnkosten eine bestimmte Grenze überschreiten. Zudem erhalten Menschen oft aufgrund der geringen Versicherungszeiten oder Beitragshöhe bei weitem nicht die Mindestpension.

Dazu käme noch, dass der 13. und 14. der Pension künftig als Einkommen gerechnet werde. "Die ersten fünf Monate überweist das Amt die Miete, im Juni muss der Pensionist selbst einen Erlagschein ausfüllen und einzahlen, weil er wegen des höheren Einkommens in diesem Monat keine Sozialhilfe bekommt, dann übernimmt wieder das Sozialamt, und im November oder Dezember muss er wieder selbst überweisen", kritisiert Hagenauer auch den enormen Verwaltungsaufwand.

Zwei Millionen Euro Einsparungen bei Salzburgs Kindern

Für Anna Schiester (Bürgerliste), Vorsitzende des Sozialausschusses, ist die Staffelung der Kinderrichtsätze eine "Schande". Im Bundesland Salzburg würden damit bei Kindern zwei Millionen Euro eingespart. "Die Regierung raubt diesen Kindern noch mehr Chancen, als sie jetzt überhaupt haben." Für das dritte Kind würden nur mehr 44 Euro im Monat bezahlt, das sei für jeden Tag gerade ein Glas Obstbrei. Außerdem würden mit dem neuen Gesetz die Kinder-Sonderzahlungen, etwa das Schulstart-Paket, gestrichen. Gleichzeitig untersage ein Umgehungsverbot, dass die Stadt mit alternativen Zahlungen aushelfe.

Unverständlich ist für Hagenauer auch, dass Vermögen mit dem neuen Gesetz besser geschützt wird. Künftig wird etwa bei einer vierköpfigen Familie erst bei einem Vermögen über 26.500 Euro zugegriffen, bisher lag die Obergrenze bei 4.400 Euro.

Hagenauer erwartet "böse Überaschung"

Für die Stadträtin ist klar, dass es "im Vorher-Nachher-Vergleich noch die eine oder andere böse Überraschung" geben werde. Auszubaden hätten schließlich all den Unmut der betroffenen Menschen die Mitarbeiter im Sozialamt. "Ich erwarte mir Unverständnis, Wut, Verzweiflung und auch Aggressionen gegenüber der Behörde", befürchtet Patrick Pfeifenberger, Leiter der städtischen Sozialabteilung.

Auch wenn das Durchführungsgesetz des Landes noch nicht vorliegt, rechnet man dort mit einem Mehraufwand durch die neue Sozialhilfe in der Höhe von rund fünf Millionen Euro für Land und Kommunen. Für die Stadt Salzburg bedeutet dies gut eineinhalb Millionen Euro. Diese stammen unter anderem durch Kosten für die Krankenversicherung, Deutschkurse, oder höhere Vermögensgrenzen.

(Quelle: apa)

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