Kaum eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Datenschutz hat in der Öffentlichkeit so hohe Wellen geschlagen wie das Urteil vom 13. Mai 2014. Bis dahin galt: „Das Internet vergisst nie“. Der EuGH hatte dann entschieden, dass Suchmaschinen wie Google Links aus ihren Ergebnisseiten zu Inhalten löschen müssen, wenn sich ein Nutzer in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sieht.
Datenschutzrecht gilt auch für Konzerne
Der Salzburger Datenschutzrechtsexperte Dietmar Jahnel hat dazu publiziert und vor Kurzem bei einer internationalen Rechtsinformatik-Tagung in Salzburg das Urteil diskutiert. Er nennt es einen Meilenstein im Sinne der Stärkung der Persönlichkeitsrechte und einen Etappensieg für das europäische Datenschutzrecht. „Das Urteil hat gezeigt, dass sich internationale Konzerne, auch wenn es ganz große Player sind wie Google, an das europäische Datenschutzrecht halten müssen“, so Jahnel.
Medienzensur über die Hintertür?
Seit dem Urteil sind bei Google nun mehr als 200.000 Ersuchen von Antragstellern eingelangt. Der Suchmaschinenbetreiber hat dazu einen eigenen Lösch-Beirat eingerichtet. Mit dabei ist auch Wikipedia-Mitgründer Jimmy Wales. Anders als Jahnel sieht der im Urteil eine „Medienzensur über die Hintertür“.
Jahnel: Meinungsfreiheit nicht in Gefahr
Die Meinungsfreiheit sei laut Jahnel keineswegs in Gefahr: „Der EuGH hat entschieden, dass in jedem Einzelfall eine Interessensabwägung zwischen dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und dem Grundrecht auf Privatsphäre durchzuführen ist. Diese beiden Grundrechte kollidieren ja hier. Wo da eine Zensur sein soll, sehe ich nicht.“
Bei Personen des öffentlichen Lebens (Stars, Politiker etc., Anm.) gilt das Recht auf Tilgung von Links ohnehin nur sehr eingeschränkt. Hier muss zwischen ihrem persönlichen Recht auf Datenschutz und dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Informationen abgewogen werden.
Unterschiede zwischen EU und USA
Prinzipiell ist das Urteil nicht nur für Google relevant, sondern für jeden Suchmaschinenbetreiber, der eine Niederlassung in einem Mitgliedsstaat der europäischen Union betreibt. Fraglich ist, ob die Betreiber ihre Ergebnislisten nur für das jeweilige Land anpassen müssen, aus dem die Beschwerde kommt. Nutzer der amerikanischen Version können derzeit die Ergebnisse sehen, die in der EU nicht gezeigt werden.
So kam es zu dem Urteil
Im Jahr 2010 brachte der Spanier Mario Costeja eine Beschwerde bei der Datenschutzbehörde ein. Grund war ein Zeitungsbericht von 1998, in dem über die finanziellen Probleme des Spaniers berichtet wurde. Bei seinem Urteil gab der EuGH dem Spanier Recht, der gegen Google geklagt hatte, weil der Zeitungsbericht nach 15 Jahren immer noch im Netz zu finden war.
Auch Salzburgerin klagte Google
Inzwischen sind mehr als 200.000 einzelne Ersuchen von Antragstellern bei Google eingelangt. Der Suchmaschinengigant hat ein Formular online gestellt, mit dem Europäer die Löschung unliebsamer Daten beantragen können. Google hat bisher rund 60 Prozent der Anträge nicht stattgegeben. Darunter ist auch der Antrag einer Salzburgerin. Sie hat die Causa einer Rechtsanwältin übergeben, die eine Klage bei Google eingebracht hat.
Links zu diesem Artikel:
- Google uneins
- Google verliert in England
- Antrag einreichen
(Quelle: salzburg24)