Die Abstimmung im Gemeinderat erfolgte namentlich und fraktionsgetreu. Für das Verbot stimmte auch Christoph Ferch von der Ein-Mann-Liste "Bürger für Salzburg", dagegen waren die Bürgerliste (die Grünen in der Stadt) und die NEOS. Bereits am frühen Dienstagabend hatten sich rund 50 Gegner des Bettelverbotes zu einer kurzfristig organisierten Kundgebung vor dem Schloss Mirabell - dem Sitz der Stadtregierung - eingefunden. Vor allem junge Sozialdemokraten ließen dabei ihrem Unmut über die Mutterpartei freien Lauf. Bekanntlich fand sich heute nur wegen des Meinungsumschwungs von Bürgermeister Heinz Schaden eine Mehrheit, weil in der Folge die gesamte SPÖ-Fraktion für das Verbot stimmte.
Junge SPÖ gegen Bettelverbot
Florian Koch, Landesvorsitzender der Jusos, zitierte aus dem Parteiprogramm die Grundwerte der Sozialdemokratie - Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität - und betonte, dass das Bettelverbot mit diesen Werten nicht in Einklang zu bringen sei. Ähnlich argumentierte auch VSSTÖ-Vorsitzender Marco Stadelberger. Koch und er seien die einzigen gewesen, die sich im Landesparteivorstand gegen das Bettelverbot ausgesprochen hätten.
Demo gegen Bettelverbot im Rathaus
Bevor der Gemeinderat am Mittwoch im Rathaus ein Verbot von stillem Betteln für einige Bereiche in der Stadt beschloss, haben sich Mitarbeiter der Erzdiözese Salzburg sowie Vertreter und Sympathisanten der "Plattform gegen Bettelverbot" um 8.30 Uhr zum "Stillen Protest-Betteln" vor dem Gebäude in der Getreidegasse eingefunden. Einige setzten sich auf den regennassen Boden und klopften mit leeren Bechern auf den Asphalt. "Aus dem Auge, aus dem Sinn. Bettelverbot ist keine Lösung" und "Aufruf für mehr Menschlichkeit", war auf Transparenten zu lesen. "Ein Bettelverbot auszusprechen ist beschämend. Salzburg als Menschenrechtsstadt ist verpflichtet, sich um Einzelpersonen und Gruppen zu kümmern, die besonders gefährdet sind", sagte Kurt Sonneck vom Seelsorgeamt der Erzdiözese Salzburg zur APA.
Möglicherweise "Nachjustierung" erforderlich
Im Rathaus legten dann die Befürworter des Verbotes, das auf "nur einem Prozent der gesamten Stadtfläche" gelte, ihre Argumente dar. Diese ordnungspolitische Maßnahme werde gesetzt, da es "da und dort zu viel" geworden sei, sagte Vizebürgermeister Harald Preuner (ÖVP). In einigen Monaten werde man sehen, ob die Bettelproblematik mehr oder weniger geworden und ob eine entsprechende Nachjustierung erforderlich sei. Sein Parteikollege Peter Harlander gab zu bedenken, dass mit dem Geld, das in Salzburg derzeit für Sozialmaßnahmen für Bettler investiert werde, ein Vielfaches in Rumänien erreicht werden könne - angefangen vom "Flicken der Dächer" bis zu Bildungsangeboten.
FPÖ: "Schritt in richtige Richtung"
FPÖ-Klubobmann Andreas Reindl bezeichnete den Beschluss als "ersten Schritt in die richtige Richtung". Touristen, Passanten und Geschäftsleute fühlten sich durch das Betteln belästigt, erklärte er. Nachdem er offenbar von Bettlern begangene Straftaten in Salzburg aufgelistet hatte, forderte er ein generelles Bettelverbot als Gegenmaßnahme zur "organisierten Bettelkriminalität" und den "modernen Menschenhandel".
Hagenauer hat "dazugelernt"
Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ) erklärte, sie selbst habe noch im Sommer 2014 geglaubt, dass soziale Maßnahmen allein ausreichen würden. "Ich stehe dazu, dass ich dazu gelernt habe. Es braucht beides." Deshalb stimme sie dem sektoralen Bettelverbot zu, ebenso einem ganzjährigen Notquartier für 50 Personen, einer medizinischen Versorgung der Notreisenden und einer aufsuchenden Sozialarbeit.
Bruch der Menschenrechte für Haller
Die Verordnung stellt für Ingeborg Haller von der Bürgerliste einen Bruch der Menschenrechte dar. "Das ist ein Umfaller der Sozialdemokratie und ein Kniefall vor Preuner. In Wahrheit schwebt ihm vor, das sektorale Bettelverbot auszuweiten. Wir werden in einem Jahr dieselbe Diskussion führen", prophezeite Haller. Bürgerliste-Klubobmann Helmut Hüttinger meinte, die Verordnung werde vor dem Verfassungsgerichtshof nicht halten. Es gehe nicht darum, objektive Missstände zu beseitigen, sondern um das optische Erscheinungsbild der Stadt zu bewahren, in das einige Menschen nicht hineinpassen würden. Seine heutigen Sätze entstammten einer Rede von SPÖ-Gemeinderätin Dagmar Aigner aus dem Jahr 2013, richtete er am Schluss seiner Rede der SPÖ-Fraktion aus. Sebastian Huber von den NEOS betonte, dass sich mit dem sektoralen Bettelverbot das Problem nur verlagern werde. "Als Humanisten sind wir zur Hilfe verpflichtet." Das Bettelverbot soll frühestens im Juni in Kraft treten.
(APA)
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(Quelle: salzburg24)