Im Winter, wenn die Temperaturen mit Einbruch der Dämmerung teilweise in den zweistelligen Minusbereich sinken, öffnet die Kirche abends den Pfarrsaal der St. Elisabeth-Kirche, um obdachlosen Menschen einen warmen Schlafplatz anzubieten. Unter dem Namen „Biwak“ läuft das Projekt der Erzdiözese Salzburg nun bereits seit 2018. Möglich sei das vor allem durch freiwillige Helfer und den Raum, der nachts ohnehin nicht genutzt werden würde und kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, erklärt Sozialpädagoge Rupert Hofer, hauptamtlicher Mitarbeiter beim Biwak, im Gespräch mit SALZBURG24. „Anders könnte man das nicht finanzieren." Laufend suche man deshalb Freiwillige, die das Projekt unterstützen wollen.
Behelfsmäßiges Schlaflager in Salzburg
„Ein Biwak ist eine behelfsmäßige Übernachtungsmöglichkeit in einer Notlage. Und genau so etwas bieten wir an“, erklärt Hofer den Grundgedanken des Hilfsprojekts. Betten gibt es keine, denn der Saal wird tagsüber als Veranstaltungsraum genutzt. Die Menschen schlafen auf ihren mitgebrachten Matratzen, auch für Decken und Schlafsäcke sorgen die Gäste selbst. So ist das Lager am nächsten Morgen ebenso schnell wieder abgebaut, wie es errichtet wurde.
Gäste hauptsächlich Roma
Übernachten darf beim Biwak jeder, der Fokus des Projekts liegt aber auf notreisenden Roma. Das habe sich so entwickelt, weil es auch unter Obdachlosen eine Art Hierarchie gäbe, in der die Roma ganz unten stehen, erklärt der hauptamtliche Mitarbeiter. „Viele andere Obdachlose wollen deshalb nicht mit ihnen übernachten.“ Außerdem sei es in anderen Notschlafstellen üblich, dass Frauen und Männer getrennt schlafen – für viele Roma undenkbar. „Familie ist ihnen extrem wichtig“, betont Hofer. „Sie wollen auch nachts zusammenbleiben. Bei uns geht das, deshalb kommen sie zu uns.“
Biwak bietet Menschen Schutz vor Kälte
Täglich sind es 16 bis 25 Menschen, die in der Pfarre St. Elisabeth vor der Kälte Schutz suchen. Etwa ein Drittel von ihnen sind Frauen, selten ist auch einmal ein Kind dabei. Die Helfer notieren die Namen der Gäste und achten darauf, dass sie ihre Schuhe ausziehen und ihre Füße waschen, damit der Raum möglichst sauber bleibt. Im Anschluss gibt es einen warmen Tee. In Pandemie-Zeiten werden außerdem Corona-Tests gemacht. Dass man die Besucher beim „Check-In“ nicht einfach durchzählt, ist für Hofer eine Sache des Respekts. „Wir wollen damit signalisieren, dass konkrete Schicksale zu uns kommen. Es sind Menschen und keine Zahlen.“
Impfskepsis unter Roma hoch
Geimpft sind nur wenige der Menschen, die im Biwak übernachten. „Das Misstrauen ist hoch. Noch vor wenigen Generationen wurden an den Roma medizinische Experimente durchgeführt“, erklärt der Sozialpädagoge die Skepsis. Durch stetige Aufklärung steigt aber auch hier die Impfquote an.
Eine bessere medizinische Versorgung für die Notreisenden wäre auch unabhängig der Corona-Pandemie ein Wunsch Hofers. „Viele erzählen von Schmerzen oder fragen nach Medikamenten. Da sie nicht versichert sind, ist es schwer, was zu tun“, schildert er das Dilemma. Auch eine Duschmöglichkeit und Beratungen rund um das Thema Arbeit würde das Biwak in Zukunft gerne anbieten können. Dass viele Roma betteln, sei dem Mangel an Alternativen geschuldet. „Eigentlich wollen sie arbeiten.“
Aufbruch früh morgens
Mindestens ein Helfer bleibt auch über Nacht bei den Gästen der behelfsmäßigen Notschlafstelle. Morgens klingelt um 6.30 Uhr der Wecker. Dann gibt es Kaffee und die Menschen packen ihre Sachen. Nach einem kurzen Putz der Räume ist es, als wären sie nie dagewesen – bis sie um 22 Uhr wiederkommen, um der Kälte zu entgehen.
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(Quelle: salzburg24)