Und neuerlich gelang dem Haus ein guter Opernabend mit einem weitgehend unbekannten Stück aus dem Archiv der Operngeschichte. "Ariodante" aus dem Jahr 1734 ist allen Plattheiten des Librettos zum Trotz ein musikalisch inspirierendes Meisterwerk, mit dessen Umsetzung das Premierenpublikum allerdings nur zum Teil einverstanden war.
"Ariodante" im Salzburger Landestheater
Wir sind in Schottland. Ein König will seine Tochter mit dem Ritter "Ariodante" verheiraten, und die beiden sind einander auch wirklich zugetan. Sonst aber liebt in diesem Stück jeder den Falschen, und eine Intrige gegen das Liebesglück ist vorprogrammiert. Also verachten, schmachten, anhimmeln, verzweifeln, verwünschen, mit Selbstmord drohen und am Ende natürlich vergeben, bereuen und endlich richtig lieben. All das wirkt ziemlich sperrig und im Zeitgeist des frühen 18. Jahrhunderts, in dem dieser Stoff von Antonio Salvi von einigen Komponisten bearbeitet wurde. Aber keiner hat so gute Musik dafür geschrieben wie Georg Friedrich Händel.
Der deutsche Engländer reihte eine packende Arie an die andere, aufgelockert durch zart-lyrische Melodien und ausdrucksstarke Zwischenspiele. Und Christian Curnyn, musikalischer Leiter dieser Produktion und ausgewiesener Barockspezialist, hat vor allem bei den Rezitativen und Ballettmusiken radikal und klug gekürzt, und den Salzburger "Ariodante" auf ein gut verträgliches Maß gestutzt. Vor allem aber hat er das Mozarteumorchester gut geführt. Die Musiker verwenden für diese Literatur moderne, aber mit Darmseiten bespannte Instrumente sowie alte Bögen. Aber dieses Multifunktionsensemble überzeugte vor allem mit federnd-spritziger Spielkultur in bester barocker Tradition. In dieser Form kann das Orchester spiel- und klangtechnisch mit den international renommierten Spezialensembles problemlos mithalten.
Barock-Stück in schlampiger Familienwohnung
"Nestroy"- und "Faust"-Preisträger Johannes Schütz hat das inhaltlich mehr als dürftige Barock-Stückchen in einer schlampigen Familienwohnung angesiedelt. Er hat Farben, Abwechslung und eine Reihe von psychologisch geschickten Querverweisen auf sexuellen Zwang in der Familie, Männerblödeleien oder neurotische Verliebtheiten eingebaut. Das war nicht nur legitim, sondern intelligent, unterhaltsam und witzig. Mehr noch, es ist die szenische Rettung für einen Stoff, dem sonst nur trostlos-steifes Originaldesign oder abstrakte Unverbindlichkeit bliebe. Schütz hat versucht, eine Geschichte zu erzählen. Teile des Salzburger Publikums haben ihn dafür allerdings ausgebuht.
Sängerisch ist vor allem Tamara Gura herauszuheben. Die Amerikanerin hat ihre Arien in der Hosenrolle des "Ariodante" mit derart souveräner Leichtigkeit und klanglich makelloser Klarheit gegeben, dass es eine Freude war. Für wunderbare Momente sorgten auch Katharina Bergrath als "Dalinda" und Nadezhda Karyazina als intriganter "Polinesso". Marcell Bakonyi als "Re di Scozia", Karolina Plickova als "Ginevra" und Mark van Arsdale als "Lurcanio" komplettierten ein insgesamt seht gutes Solistenensemble, mit dem das Salzburger Landestheater seine Kompetenz in Sachen Barockoper rundum schlüssig unter Beweis stellte. (APA)
(Quelle: salzburg24)