SALZBURG24: Liebe Frau Wiesinger-Hartinger, Sie sind seit über vier Jahrzehnten passionierte Sternsingerin. Hat sich der Brauch seit ihren Anfängen verändert?
MARY WIESINGER-HARTINGER: Nicht wirklich. Sowohl die Lieder als auch die Kostüme sind noch immer die gleichen bzw. sehr ähnlich. Es werden allerdings immer weniger Kinder, weil viele Familien in den Weihnachtsferien Pläne haben oder verreisen. In Mülln sind wir heuer mit etwas über 20 Kindern in sechs Gruppen unterwegs.

Reagieren denn die Leute anders als noch vor 40 Jahren?
Vor allem in der Stadt ist die Anonymität schon größer geworden. Es gibt auch immer mehr Leute, die wollen zu Hause nicht belästigt werden. Sie öffnen die Türe erst gar nicht. Aber jene, die uns die Türe aufmachen, freuen sich wie eh und je. Das ist desSternsingers größter Lohn.
Ältere Menschen erinnern sich bei unseren Besuchen oft an ihre eigene Kindheit. Es gibt viele Leute, die gerade in der Weihnachtszeit darunter leiden, dass sie alleine leben. Vielleicht fällt es ihnen das Jahr über gar nicht so schwer, aber rund um Weihnachten spüren sie die Einsamkeit doch. Der Besuch der Sternsinger-Kinder rührt dann besonders.
Aber auch meine Freude ist noch die gleiche. Wir unterstützen mit den Spenden Projekte in der ganzen Welt. Es gibt ein gutes Gefühl, seinen Teil beizutragen – ob als Spender oder als Sternsinger. Es ist einfach schön zu sehen, wie in der Stadt Salzburg die Solidarität gelebt wird. Es heißt, die Menschen werden immer kälter, immer egoistischer. Dem kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Meine Sternsinger-Erlebnisse beweisen mir regelmäßig das Gegenteil.
Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Da gibt es einige, aber eines fällt spontan gerade ein:Wir waren mit einer Kindergruppe unterwegs, als wir einen Herrn angetroffen haben, der furchtbar in Eile war und sich gar keine Zeit nehmen wollte oder auch konnte. Wir sollten dann doch ganz schnell was singen, wie er sagte. Plötzlich wurde er ruhig und andächtig, er hat sogar eine kleine Träne vergossen. Im Anschluss hat er sich besonders herzlich bei uns bedankt, dass wir ihn aus seinem Stress gerissen haben.
Sehr stimmungsvoll sind auch immer unsere Sternsinger-Abende, die wir in Wohnsiedlungen veranstalten. In den großen Siedlungen ist es oft gar nicht mehr möglich von Tür zu Tür zu gehen. Da laden wir dann die Bewohner zu einer gemeinsamen Veranstaltung ein. Es gibt Punsch, Bläser spielen und wir singen mehrere Lieder. Oft sind auch Lamas mit dabei. Das passt ganz gut zu den Drei Königen aus dem Morgenland. (lacht)

Wofür stehen die einzelnen Könige denn überhaupt?
Im christlichen Glauben bringen die Sternsinger dem Jesuskind ihre kostbarsten Gaben – Gold, Weihrauch und Myrre dar – und knien vor ihm nieder. Dann tragen sie die frohe Botschaft in die Welt.
Caspar, Melchior und Balthasar stehen in einigen Deutungen für die Kontinente Europa, Asien und Afrika. Diese multikulturelle Komponente findet sich in einigen Aspekten wider. So sind etwa die Hilfsprojekte in alle Welt verstreut. Aber auch bei unseren Sternsinger-Abenden trifft die Nachbarschaft, egal aus welcher Kultur die Einzelnen kommen, zusammen und erlebt den Brauch gemeinsam.
Der Stern, dem die Könige folgen, ist ein Zeichen der Hoffnung. Für uns alle soll das neue Jahr unter einem guten Stern stehen.
Vielen Dank für das nette Gespräch und eine schöne Sternsinger-Zeit!
Ich sage vielen Dank!
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(Quelle: salzburg24)