Taktiles Leitsystem

Wie sehbehinderte Menschen den Alltag in Salzburg meistern

Veröffentlicht: 14. Oktober 2025 16:28 Uhr
Bei der Navigation durch öffentliche Räume sind blinde und sehbehinderte Menschen auf ein eigenes Leitsystem angewiesen. Rillen und Noppen führen sie auch in der Stadt Salzburg über öffentliche Plätze. Wie schwierig deren Handhabung mitunter ist und wo es Probleme gibt, darauf wurde bei einem Medientermin am Dienstag deutlich.

Wegen einer Netzhauterkrankung ist Margrit Heger im Jahr 1974 erblindet. Seither meistert sie die Alltagswege in der Stadt Salzburg gemeinsam mit ihrem Blindenhund „Ella“. Die 79-Jährige ist dabei auch auf das sogenannte Taktile Leitsystem angewiesen – also Rillen und Noppen, die sehbeeinträchtigte und blinde Menschen unter Verwendung eines Stocks bei der Orientierung unterstützen. Das Modell helfe ihr enorm dabei, die Stadt besser zu verstehen und zu erleben, erzählt Heger bei einem Pressegespräch des Blinden- und Sehbehindertenverbands Salzburg (BSVS) am Dienstag in der Stadt Salzburg.

So funktioniert das Taktile Leitsystem:

  • Längs verlaufende Linien = eine leitende Funktion (Signal: Gehen)
  • Quer zur Gehrichtung verlaufende Linien = warnende Funktion (Signal: Halt)
  • Felder aus Noppen, Linien oder mit Rahmen = Hinweis auf wichtigen Punkt (Signal: Achtung)

Das Taktile Leitsystem ist für die rund 600 Mitglieder des BSVS sowie zahlreiche Gäste und Tourist:innen eine große Hilfe. Doch das war nicht immer so. Dass seitens der Stadt auf die Bedürfnisse von sehbeeinträchtigten und blinden Personen Rücksicht genommen wird, sei noch nicht lange so: „Wir sind 2025 ein schönes Stück weiter als im Jahr 2000“, erzählt Peter Weiser vom BSVS im Gespräch mit SALZBURG24 am Dienstag. Er sitzt seit rund 30 Jahren im Behindertenbeirat der Stadt Salzburg und vertritt die Interessen der Mitglieder.

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Die Salzburgerin Margrit Heger mit Blindenhund "Ella" bei einem Medientermin vor dem Salzburger Dom.

Plakatständer und Mistkübel versperren Taktiles Leitsystem

Gänzlich auf das österreichweit genormte Taktile Leitsystem verlassen könne man sich aber nicht. Es sei nicht per se selbsterklärend, zudem brauche man oftmals eine Einschulung, um im Detail zu wissen, wie man sich bei einer Kreuzung genau verhält. "Es gibt in Salzburg Teile dieses Leitsystems, die ganz in Ordnung sind und andere, die mäßig verwendbar sind. Das liegt vor allem daran, dass Menschen in der Stadt Salzburg oftmals nicht wissen, was diese Rillen am Boden darstellen sollen und daher alles Mögliche darauf abstellen", so Weiser weiter. Gerade am Residenzplatz würden oftmals Plakatständer oder Mistkübel das Taktile Leitsystem verstellen.

BSVS bei Planung in Salzburg eingebunden

Die Stadt Salzburg achte jedenfalls darauf, dass die Orientierungsrillen ausreichend vorhanden sind. "Wir sind dankenswerterweise sehr stark eingebunden von der Stadt, etwa beim Mozartplatz, der gerade neugestaltet wird. Da ist ein Leitsystem von Beginn an mit angedacht – wir waren hier bei der Besprechung dabei und haben uns einbringen können. Das funktioniert gut, die Ausführung ist aber eine andere Geschichte", führt der engagierte Pensionist weiter aus.

Die Unterschiede in der Ausführung des Taktilen Leitsystems veranschaulicht Weiser am Beispiel der Begegnungszone bei der Itzlinger Kirche. "Diese zu begehen, war sehr schwer für uns. Es gibt keine Gehsteigkante, an der wir uns orientieren können. Die aufgetragenen Leitlinien sind grundsätzlich gut gemacht, aber mit zwei Millimeter zu wenig tief. Man kann es ertasten, aber bei schlechten Straßenzuständen, etwa im Winter, wird es schwierig." Auch die Kreuzung im Bereich der CDK sei für blinde Menschen fast unmöglich zu meistern.

Info-Veranstaltungen zu "Mit Händen sehen, mit Fingern lesen"

Der BSVS will die Mitmenschen in Salzburg auf das für sehbeeinträchtigte und blinde Menschen sehr wichtiges System aufmerksam machen und sensibilisieren. Anlässlich des morgigen "Tags des Weißen Stocks" – an dem weltweit Blindenverbände auf die eigenen Bedürfnisse aufmerksam machen – finden in den eigenen Räumlichkeiten in der Schmidingerstraße 62 Info-Veranstaltungen statt. So können sich sehende Menschen am 15. Oktober ein Bild davon machen, wie sehbehinderte Personen die Welt wahrnehmen. Unter dem Motto "Mit Händen sehen, mit Fingern lesen" kann man Dinge mit anderen Sinnen erfahren. Zudem kann man versuchen, mit einer Dunkelbrille den Weg zur nächstgelegenen Bushaltestelle zu finden.

Dass sich Weiser seit langer Zeit im Behindertenbeirat der Stadt Salzburg und im Inklusionsbeirat des Landes engagiert, argumentiert er damit, dass noch viel zu tun sei. „Man braucht einen langen Atem, gerade in der Sensibilisierungsarbeit. Meine Erfahrung aber ist, dass die Menschen fast zu 100 Prozent positiv reagieren, wenn man auch positiv auf sie zugeht“, gibt sich der Salzburger zuversichtlich.

(Quelle: salzburg24)

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