Betrachtet man die Wohnkosten, liegt die Stadt Salzburg im Spitzenfeld. Bei allen Vergleichen von Österreichs Wohnungspreisen sind Bundesland und Landeshauptstadt vorne dabei. Die Durchschnittsmiete in der Stadt Salzburg liegt bei 9,20 Euro pro Quadratmeter laut Wohnstatistik 2017 der Statistik Austria. Immer mehr Menschen müssen fürs Wohnen einen Großteil ihres Einkommens berappen.
400 Sozialwohnungen pro Jahr neu vergeben
Knapp 1.400 Personen sind in der Stadt Salzburg von Wohnungsnot betroffen, erhob die Wohnungslosenhilfe. Dazu zählen unter anderem Obdachlose sowie Menschen, die in Pensionszimmern leben oder von Delogierung bedroht sind; außerdem Personen in unzumutbaren Wohnsituationen oder in Wohnungen mit Überbelegung. Die Nachfrage nach Sozialwohnungen ist immens. Wie Heinz Schoibl vom Forschungsbüro helix am Donnerstag bei einem Pressegespräch der Plattform für Menschenrechte berichtet, zähle man in der Stadt Salzburg jährlich bis zu 4.000 Anträge. Neu vergeben werden jährlich aber nur etwa 400. Insgesamt besitzt die Landeshauptstadt laut Angaben des Wohnungsamtes 1.802 Wohnungen und hat zusätzliche Vergaberechte für rund 8.600 Wohnungen. Betroffene müssen demnach mehrere Jahre warten.
Wohnen in Salzburg als Armutsfalle
Dem Salzburger Wohnungsmarkt geht leistbarer und erschwinglicher Wohnraum aus, warnt Schoibl: "Vor allem für benachteiligte Gruppen ist Wohnen zur Armutsfalle geworden, weil ihnen ein realistischer Zugang zum sogenannten sozialen Wohnungsmarkt verwehrt wird. Die neuen Richtlinien wären eine Chance gewesen, aktiv gegen Diskriminierung am Wohnungsmarkt vorzugehen." Zwar würde die im Dezember beschlossene Änderung zahlreiche Verbesserungen mit sich bringen, aber gerade die Situation von benachteiligten Gruppen weiter verschärfen, kritisieren die Vertreter der NGOs bei dem Pressegespräch (siehe Bildtext).

Richtlinien "entsprechen Lebensrealität nicht"
So stellt nun ein fünfjähriger Hauptwohnsitz in der Stadt eine Zugangsvoraussetzung für Gemeindewohnungen dar. Bisher waren drei Jahre Voraussetzung. Wer heute eine Sozialwohnung in der Stadt Salzburg beantragen will, muss demnach seit Anfang 2016 hier gemeldet sein. Nach der neuen Regelung müsste man bereits seit 2014 in der Landeshauptstadt leben. "Fünf Jahre und länger an einem Ort zu leben und arbeiten, das entspricht nicht mehr der Lebensrealität vieler Menschen", kritisiert Volker Frey vom Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern. Auch die verpflichtenden Deutschkenntnisse sehen die NGO-Vertreter kritisch. Alina Kugler von der Plattform für Menschenrechte fordert: "Wenn die Stadt Wohnungen vergibt, sollten ausschließlich soziale Kriterien zählen. Denn: Wohnen ist ein Menschenrecht."
Klagsverband: Salzburger Regelung verstößt gegen EU-Recht
Frey ortet in der Regelung gar einen Verstoß gegen geltendes EU-Recht. Denn Ausländer müssen bei der Vergabe von Gemeindewohnungen österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern gleichgestellt sein, sofern sie über einen Daueraufenthalt verfügen. "Tatsächlich sind Migranten und Flüchtlinge massiv benachteiligt. Ihnen wird es viel schwerer fallen als österreichischen Staatsbürgern, die erforderlichen Voraussetzungen zu erreichen." Das stelle eine sogenannte mittelbare Diskriminierung dar, erklärt der Rechtsexperte. Dies sei auch nach dem Salzburger Gleichbehandlungsgesetz verboten.
Hagenauer verteidigt Neuregelung der Wohnungsvergabe
"Die neuen Wohnungsvergaberichtlinien der Stadt Salzburg […] sind per Definition nicht dazu da, alle Bürgerinnen und Bürger der Welt gleich zu behandeln", teilte die ressortzuständige Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ) als Reaktion in einer Aussendung mit. Wenn zum Beispiel jemand frisch aus Dänemark nach Salzburg ziehe, aus Somalia geflüchtet sei oder aus Amstetten komme, kriege er bzw. sie nicht so schnell eine Wohnung, wie jemand der bereits fünf Jahre hier gemeldet war oder hier gearbeitet habe. Das sei gut so, ist Hagenauer überzeugt. Auch Menschen, die früher schon 15 Jahre in Salzburg gewohnt hätten, bekämen sofort eine Chance auf eine Wohnung."Es ist nicht immer so, dass diejenigen, die von außen zu uns kommen, die Ärmsten sind. Viele Salzburgerinnen und Salzburger kämpfen ums Durchkommen. Deren Not ist groß. Ihnen können wir mit der Neuregelung gezielter helfen", gibt die Vizebürgermeisterin weiter an. Die Neuregelung der Vergabe von Sozialwohnungen soll mit März in Kraft treten.
(Quelle: salzburg24)