30,3 Grad im Oktober: Dieser Temperaturrekord wurde am Dienstag in Langenlebarn in Niederösterreich gemessen. Am Salzburger Flughafen ist das Thermometer auf 28,3 Grad geklettert. Und auch schon im September war es in Österreich so warm wie noch nie. Dieses Wetter zieht zwar viele Menschen in die Berge. Doch zugleich leiden Permafrost und Gestein unter der Witterung.
Denn aufgrund der hohen Temperaturen könnten manche Wege künftig gar nicht mehr benutzbar sein, warnte der Tiroler Bergsportführerverband (TBSFV) am Montag. Die extrem hohen (Herbst)Temperaturen setzen nämlich den Permafrostböden im Hochgebirge zu und lassen das Gestein labil werden. „Die Bergwelt verändert sich in einer Geschwindigkeit, wie wir es nie zuvor gesehen haben“, mahnt Präsident Thomas Rabl. In Salzburg wurden sogar einige Strecken bereits verlegt bzw. werden nicht mehr benutzt, erklärt Landesgeologe Gerald Valentin im SALZBURG24-Interview. Auch Naturfreunde und Alpenverein, die hunderte Wege betreiben, sind mit diesem Problem vertraut. Aber was heißt das jetzt?
"Bergsport hat sich drastisch geändert"
„Gewisse Routen sind seit Jahren nicht mehr begehbar“, klärt Valentin auf. „Es ist also bereits eingetreten und kein Zukunftsproblem. Einige Wege auf die Rudolfshütte sind zum Beispiel aufgrund des Gletscherrückgangs großflächig umgelegt worden. Man könnte sagen, in den letzten 20 Jahren hat sich der Bergsport im hochalpinen Bereich drastisch geändert“, so der Experte. Vor drei Jahren wurde etwa auch der Normalweg auf die Kürsinger Hütte (2.558 Meter) im Obersulzbachtal im Pinzgau wegen eines Felssturzes verlegt, erinnert sich Valentin. Aktuell seien ihm aber keine großen Sperren oder Arbeiten wegen Felssturz- oder Steinschlaggefahr im Land Salzburg bekannt.
Tool für Risikoeinschätzung im hochalpinen Raum
Ein neues Risiko-Tool des Landes soll helfen, die Naturgefahren – vor allem im hochalpinen Raum – besser zu dokumentieren. Das System, das es für Landesstraßen bereits gibt, wird auf Wanderwege umgelegt, erklärt Valentin. „Zuerst wird das Risiko definiert und festgelegt, welche Sicherheit geboten werden muss. Ist diese Sicherheit nicht gegeben, muss der Betreiber Maßnahmen setzen. Leichte Wanderwege, die oft von Familien genutzt werden, brauchen eine höhere Sicherheit als zum Beispiel Klettersteige“, führt der Geologe aus. Ebenso wird ein Todesfallrisiko – etwa durch Steinschläge – definiert. „Wenn dieses Risiko zu hoch ist, muss der Wegbetreiber die Sicherheit erhöhen.“ Die Wege auf Salzburgs Bergen komplett gefahrlos zu halten, sei jedoch nicht möglich, so Valentin. „Das werden wir nie schaffen. Aber wenn man am Berg unterwegs ist, überwiegt der Nutzen den Gefahren dennoch massiv.“ Und er merkt an, dass es im Vergleich zu der Anzahl an Menschen, die in den Bergen unterwegs sind, kaum zu Unfällen durch Steinschläge komme: „Pro Jahr gibt es in Österreich wahrscheinlich zwei bis drei Tote“, schätzt der Geologe.
Steinschlag-Gefahr bei Permafrost
Rund 500 Kilometer – oder 41 Wege – betreiben die Naturfreunde in Salzburg. „Die Steinschlag-Thematik wird immer brisanter, vor allem dort, wo es Permafrost gibt. Es gibt aber aktuell bei uns noch keine Wege, die man ganz sicher in ein paar Jahren ändern muss“, erklärt Landesgeschäftsführer Helmut Schwarzenberger auf S24-Anfrage. Die meisten Naturfreunde-Wege seien eher im niedrig- und mittelalpinen Bereich. Doch auch hier könne es zu Steinschlägen und Co kommen, wie etwa am Hochkogelsteig über der Eisriesenwelt in Werfen (Pongau).
Auch beim Alpenverein, der 3.425 Kilometer Wege im Bundeslang unterhält, ist man sich bewusst, dass es aufgrund der Klimaerwärmung und des abtauenden Permafrosts in den Hochlagen ab ca. 2.500 Metern künftig zu Problemen kommen kann. „Man muss sicher langfristig schauen, ob Wegverlagerungen nötig sind, weil ganze Abschnitte und das umliegende Gelände gefährdet sind, nicht nur die Wege selbst“, vermutet Peter Kraus, Landesreferent für Hütten und Wege. Akute Felssturzwarnungen gebe es derzeit nicht. Die aktuellen Wegsperren auf den Routen des Alpenvereins findet ihr hier:
- Pinzgau: Ramseider Steig – Zustieg zum Riemannhaus von Saalfelden, zwischen „Fürstenbrünnl“ und „Bilgerirast“.
- Pinzgau: Piesendorf: Wanderweg 1B zur Pinzgauerhütte
- Pinzgau: Im Bereich Tauernmoos Beeinträchtigungen durch Bauarbeiten Pumpspeicherkraftwek.
- Flachgau: Glasenbachklamm
- Pongau: Filzmoos: Weg 671 zur Bachlalm
Wanderweg statt Strandpromenade
Der Run auf die Berge ist jedenfalls nach wie vor ungebrochen, berichtet Kraus. Und auch darauf hätten die hohen Temperaturen einen Einfluss: „Das Urlaubsverhalten hat sich geändert. Weil es in den Mittelmeerregionen im Sommer teilweise so heiß war, dass es ungemütlich wurde oder es zu Waldbränden und Überschwemmungen gekommen ist, haben viele Leute kurzfristig Urlaube in den gemäßigten Zonen gebucht.“ Und auch die trockenen und milden Temperaturen im September hätten zum Wander-Boom beigetragen. Zwar gebe es noch keinen „Berg-Stau“, doch die Verschmutzung sei weiterhin ein Problem.
Zigaretten, Taschentücher oder Obstschalen würden oft im Gebirge zurückgelassen, beklagt Kraus. „Besonders im Hochgebirge dauert es lange, bis Müll verrottet. Das trifft auch auf Obstschalen zu, was viele nicht wissen. Außerdem sind diese ja meistens gespritzt, was für die Vegetation nicht gerade förderlich ist“, so der Experte des Alpenvereins. Bei der Müllentsorgung gebe es hin und wieder „kreative“ Lösungen: „Manchmal wird Müll sogar in Felsspalten versteckt. Taschentücher bilden teilweise weiße Fleckerl“, so Kraus. Damit die Wanderwege in Salzburg also künftig nicht nur sicher, sondern auch sauber sind, sei noch mehr Aufklärung nötig, sagt Kraus abschließend.
Wie dramatisch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Berge und die verschiedenen Kletterrouten, Wanderwege und Co sind, wird sich zweifellos zeigen. Die ersten Folgen sind jedenfalls bereits jetzt spürbar.
(Quelle: salzburg24)