Es gibt ihn in gelb, rot, manchmal sogar grün oder violett. Und er war bei Bildhauern und Bauherren so beliebt, dass Marmor aus Salzburg schon von Römern abgebaut, im 16. Jahrhundert in ganz Europa für Steinbildhauerarbeiten verwendet wurde und der Residenzstadt München unter den Wittelsbachern prachtvolle Bauten bescherte.
Salzburger Marmor ist gar kein Marmor
Dabei handelt es sich im Gegensatz zu seinem noch etwas berühmteren Steinkollegen aus dem italienischen Carrara streng genommen gar nicht um Marmor. Sowohl in Adnet (Tennengau) als auch am Untersberg wird Kalkstein gebrochen, er lässt sich gut polieren und eignet sich hervorragend für filigrane Arbeiten. Insbesondere die meisterlich von Riemenschneider geschaffenen Gesichtszüge der Bischöfe im Würzburger Dom zeigen beispielhaft die steinbildhauerische Darstellung von Menschen im Übergang von der Spätgotik zur Renaissance.
Bayern kämpften um den Untersberg
Ein Exportstein erster Güte also, weshalb die Steinbrüche eine wechselvolle Geschichte mit vielen Herren hat. In Adnet war die Lage vergleichweise klar, liegt der Tennengauer Ort doch inmitten des Salzburger Gebiets. Der Untersberg jedoch war 700 Jahre lang ein Berührungsort zwischen den drei Herrschaftsgebieten Salzburg, Berchtesgaden und Bayern. Und nicht nur ums Salz wurde gestritten und manchmal gekämpft. Im Intermezzo der bayerischen Herrschaft über Salzburg zwischen 1809 und 1816 hatte Ludwig I., der als Kronprinz Schloss Mirabell bewohnte, ein Auge auf den Untersberger Luxusstein geworfen. Dieser Marmor schien ihm geeignet, der aufstrebenden Residenzstadt München imposante Gebäude auszustatten. Als sich 1816 die Rückgabe Salzburgs an Österreich abzeichnete, wurde versucht, mit ziemlich plumpen juristischen Tricks, das Untersberggebiet in den Privatbesitz des bayerischen Kronprinzen zu bekommen, was dank diplomatischer Zurückhaltung des österreichischen Kaisers Franz und seines Außenministers Metternich auch gelang, zumal der Kaiser 1816 die Schwester des Kronprinzen, Caroline Augusta, heiratete. Somit war der Weg frei für das Untersberggestein in die bayerische Metropole. Hoftheater, Glyptothek, Propyläen, Ruhmeshalle und Basilika ließen München zu "Isar-Athen" werden, die Säulen der Walhalla bei Regensburg – in romantischer Begeisterung zum Sitz der Germanischen Götter erklärt – bestehen aus Untersberger Marmor.
Adneter und Untersberger Marmor
Apropos (Un)sterblichkeit: Kaiser Friedrich III. ruht schon seit der Renaissance im Stephansdom in einem Sarkophag aus Adneter Marmor, Reichskanzler Otto von Bismarck bekam einen Steinsarg aus Untersberg-Gestein. Erwähnenswert ist noch das Kloster St. Zeno in Bad Reichenhall, in dem man praktisch überall auf Untersberger und Adneter Marmor stößt. Untersberger Marmor schaffte es neben zahlreichen mitteleuropäischen Ländern sogar bis ins ukrainische Lwiw, bis 1918 Lemberg, als Portal der Handels- und Gewerbekammer sowie zur Ausgestaltung einer Veteranen-Gedenkstätte im US-amerikanischen Chicago.
Salzburger Grenzfälle zum Nachlesen
Dieser "Grenzfall" ist ein weiterer aus der erfolgreichen Serie "Salzburger Grenzfälle", die jeden ersten Mittwoch des Monats auf SALZBURG.AT, der Plattform für die Europaregion, im Internet unter www.salzburg.at , veröffentlicht werden. Zum Nachlesen gibt es die Salzburger Grenzfälle auch in Buchform. Die Lektüre kann gratis im Webshop des Landes bestellt werden. Die Grenzfälle versammeln Kuriositäten rund um die Salzburger Grenzen, gleichzeitig ist das Buch eine aufschlussreiche Lektüre zu Geschichte, Landeskunde und Politik Salzburgs.
(Quelle: salzburg24)