„Stimmt so!“ Diesen Satz scheinen einige Kellnerinnen und Kellner in Salzburg mittlerweile nicht mehr ganz so oft zu hören. „Man muss klar sagen, das Trinkgeld ist rückläufig“, schildert Wirtesprecher Ernst Pühringer seinen Eindruck am Mittwoch beim SALZBURG24-Interview in seinem Gasthof in der Landeshauptstadt. Schlechtes Service sei jedoch nicht der Grund, ist er sicher. Es liege vielmehr daran, dass sich einerseits die Teuerung im Geldbörserl der Gäste bemerkbar macht, andererseits an einem deutlichen Anstieg bei der Kartenzahlung. „Da merkt man, dass deutlich weniger Trinkgeld gegeben wird, beziehungsweise meistens direkt drauf vergessen wird.“
Trinkgeld-Vorgabe in Salzburg "vereinzelt"
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken nutzen Lokale „vereinzelt“ bei Kartenzahlung die sogenannte Trinkgeldtaste bzw. den Trinkgeldvorschlag, sagt der Gastronom. Gäste bekommen verschiedene Trinkgeldbeträge vorgeschlagen: Zum Beispiel fünf Prozent, zehn Prozent, 20 Prozent oder auch gar nichts. Diese Variante stammt aus den USA. Dort wird ohnehin meist nicht mit Bargeld bezahlt. Hinzu kommt, dass Servicekräfte oft einen sehr niedrigen Grundlohn erhalten und auf zusätzliche Einnahmen angewiesen sind. Trinkgeld wird also erwartet. 15 bis 20, bei herausragendem Service gelten auch 25 Prozent oder mehr als angebracht.
Der Salzburger Wirtesprecher geht davon aus, dass das vorgegebene Trinkgeld auch bei uns künftig nicht mehr verschwinden wird – vor allem in Tourismusgebieten. Denn Gäste aus bestimmten Ländern seien mit dem Trinkgeldgeben nicht vertraut. „Das darf man ihnen nicht einmal übelnehmen.“
Hier ein paar Beispiele:
- In Skandinavien gibt es keine einheitliche Regelung. In Finnland und Dänemark erwarten Kellner:innen keine Extrazuwendung.
- Wird kein Gedeck eingerechnet, gibt man in Italien üblicherweise fünf bis zehn, in Kroatien zehn bis fünfzehn Prozent des Restaurantbetrages oben drauf.
- In Spanien und Portugal lässt man fünf bis 15 Prozent des Betrages auf dem Tisch liegen.
- Auch in Frankreich lässt man nach dem Essen das Trinkgeld am Tisch liegen. Trinkgeld wird als Gruppe gemeinsam gegeben.
- In belgischen, niederländischen und luxemburgischen Restaurants ist das Trinkgeld schon im Preis enthalten. War das Service besonders gut, kann man fünf bis zehn Prozent des Rechnungsbetrages extra geben.
Ob sich das amerikanische System auch im klassischen Dorfwirtshaus am Salzburger Land durchsetzen wird, bezweifelt Pühringer. Und: „In einem Haubenlokal oder in einer Spitzengastronomie wäre ich unter Umständen sogar verärgert, wenn das automatisch draufsteht. In der Regel gebe ich das Trinkgeld freiwillig.“
Gespaltene Meinungen über amerikanisches System
Und wie sehen das die Salzburgerinnen und Salzburger? Wir haben uns heute beim Zentrum Herrnau in der Landeshauptstadt umgehört (siehe Video). „Ich glaube, dass es auf jeden Fall mehr dazu verleitet, dass man Trinkgeld gibt, wenn es einem vorgeschlagen wird“, sagt eine Befragte. Dass man aber regelrecht dazu gedrängt wird, findet sie nicht. Für einen Befragten gehöre es einfach dazu, Trinkgeld zu geben. Wenn er mit dem Handy zahle oder mit der Karte zahle, werde das Trinkgeld gleich dazugerechnet und gesammelt mit dem Rechnungsbetrag abgebucht. Das amerikanische System kenne er noch zu wenig. Mehrere Interviewte erzählten im S24-Interview, dass sie ohnehin immer bar bezahlen würden.
Wie viel die Befragten auf den Rechnungsbetrag drauflegen, ist ganz individuell. Pühringer ergänzt: „Jemand, der sehr gut verdient, gibt deswegen nicht mehr Trinkgeld als jemand, der eher auf das Geld schauen muss. Bei mir im Lokal gibt es außerdem viele ältere Gäste, die alleinstehend sind. Wenn man sich mit ihnen unterhält und auf ihre Bedürfnisse eingeht, sind sie sehr dankbar für das Gespräch und honorieren das auch mit Trinkgeld. Das kann man aber nicht in Prozent messen.“
Wie viel letztendlich beim Personal ankommt, hängt vom jeweiligen Abrechnungssystem ab. Eine Möglichkeit ist, dass Kellner:innen mit Inkasso das Geld für sich behalten können. Eine weitere Option ist, dass das gesamte Trinkgeld, dass von den Servicekräften an einem Tag eingenommen wird, aufgeteilt wird – zum Beispiel nach Dienstgrad. Der Vorteil dabei ist, dass auch das Küchenpersonal nicht leer ausgehe, merkt Pühringer an.
Wie findet ihr es, wenn bei Kartenzahlung im Lokal Trinkgeldbeträge automatisch vorgeschlagen werden? Wie viel Geld legt ihr üblicherweise oben drauf? Tauscht euch gerne in den Kommentaren aus!
(Quelle: salzburg24)