"Motivationszerstörend"

Virologe kritisiert Haslauer für Lockdown-Sager

Veröffentlicht: 12. November 2021 07:25 Uhr
Wie ernst gemeint auch immer er war: Der Sager von Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP), dass Virologen Menschen aus Schutz vor einer Infektion am liebsten einsperren würden, hat noch am Mittwochabend für scharfe Kritik gesorgt.

Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften konterte dem Politiker im Puls24-Interview und warf Haslauer "Fake News" vor. Vielmehr habe die Politik viel zu spät reagiert.

Vorerst (noch) kein Lockdown in Salzburg

Nach dem Krisengipfel zwischen Bund, Salzburg und Oberösterreich wird es vorerst keinen Lockdown in den jeweiligen Ländern geben. In beiden Bundesländern wird dafür die Maskenpflicht ausgeweitet. …

Haslauers Sager sei "diffamierend"

Die Unterstellung an Virologen und die Absage an Lockdowns sei ein Symptom der Hilflosigkeit, sagte der Molekularbiologe. Die Kritik sei diffamierend und motivationszerstörend für Wissenschaftler. "Es entbehrt jeglicher Wahrheit. Das sind komplette Fake-News, die Behauptungen, dass wir Leute einsperren wollen", sagt Elling. Die Experten hätten die Corona-Dynamik sehr wohl vorhergesehen und rechtzeitig intelligente Maßnahmen vorschlagen, damit eben Lockdowns verhindert werden können. Nur die Politik hätte nicht gehört.

Mediziner warnten schon früh

Die Situation sei nicht erst seit Oktober dynamisch, schon im August habe das Prognose-Konsortium gesagt, dass es in den Spitälern eng werden wird. Dass die Impfeffizienz wegen Delta abnehme, sei auch bekannt gewesen. Israel habe im August bekanntgegeben, dass Auffrischungsimpfungen helfen. Der Stufenplan sei dann nicht auf die Pandemie zugeschnitten gewesen, sondern auf den Wahlkampf in Oberösterreich, sagte Elling.

"Vollbremsung oder Augen zu und durch"

Weil man zu lange gewartet hätte, brauche man nun "Akutmaßnahmen". Kurzfristig hätte man nun nur noch die Wahl zwischen "einer Vollbremsung oder Augen zu und durch". Ein strikter Lockdown würde Elling zufolge auf jeden Fall Wirkung zeigen. Es könnte auch klappen, wenn dieser nur Ungeimpfte betreffen würde, sagte der Experte. Ob das aber machbar sei, ist fraglich. Es müsste strikt kontrolliert werden. Das eigentlich Problem sei aber, dass dafür der politische Wille fehle, sagt Elling.

Kritik kam am Donnerstag auch von Jörg Hutter, dem Sprecher der Spitalsärzte in der Salzburger Ärztekammer. Er griff aber nicht Haslauer, sondern die Politik allgemein an. "Der Ist-Zustand in den Krankenhäusern klafft weit von dem auseinander, was gestern auf der Pressekonferenz gesagt worden ist." Bisher seien fast alle Prognosen, die von Analytikern erstellt worden seien, letztlich auch eingetroffen.

Lockdown würde Sinn machen

Auch Hutter sprach sich für baldige Kontaktrestriktionen aus. "Sämtliche Maßnahmen die wir jetzt ergreifen, und das ist die Befürchtung vieler Ärzte, werden erst in zwei bis drei Wochen schlagend. Im Krankenhaus laufen dann wieder alle hinterher, darum brauchen wir jetzt kurzfristige Maßnahmen."

Wie soll Salzburg mit der Corona-Welle umgehen?

Den zweiten Tag in Folge wurden mehr als 11.000 Neuinfektionen in Österreich verzeichnet. Die mit Abstand höchsten Inzidenzen haben Salzburg und Oberösterreich. Gesundheitsminister Wolfgang …

Höchst emotional reagierte auch der Komplexitätsforscher Peter Klimek. "Was ist das hier für ein Umgang, den man in Österreich mit Wissenschaftlichkeit pflegt?", ärgerte er sich Donnerstagabend in der ZiB2 des ORF. Die Politik habe selbstverständlich gewusst, dass sich die Coronawelle so aufbaue, all das sei vorhersehbar gewesen. Angesichts dieser Wissenschaftsfeindlichkeit sah er Österreich "einen Schritt weiter zur Bananenrepublik".

(Quelle: apa)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken