Heute ist kein guter Tag. In der Arbeit habe ich einen Bock geschossen, der Kollege hat gelästert und jetzt nerven auch noch die Kinder. Da können doch nur Schokolade oder Chips helfen? Durch sogenanntes emotionales Essen versuchen wir vor allem negative Gefühle zu besänftigen. Die Lebensmittel dienen nicht dazu unseren Hunger zu stillen, sondern haben eine ganz andere Funktion. Sie sollen uns ablenken, Trost spenden oder uns nach einem besonders anstrengenden Tag belohnen.
Kein Sättigungsgefühl bei emotionalem Hunger
Im Unterschied zu physiologischem – also „echtem“ – Hunger tritt allerdings kein Sättigungsgefühl ein. Im Nullkommanichts ist das ganze Sackerl Chips verputzt. Besser geht es einem danach allerdings nicht. Das Gegenteil ist eher der Fall. Nun kommt nämlich noch das schlechte Gewissen dazu. „Man entwickelt nach solchen Fressattacken Schuldgefühle, macht sich selber Vorwürfe und gerät in eine Negativspirale. Denn auch diese Emotionen werden wieder mit Essen besänftigt“, erklärt Diätologin Judith Haudum.
Das Phänomen des emotionalen Essens habe es zwar schon immer gegeben, aber der Stresspegel durch die aktuelle Pandemie-Situation habe das Problem verschärft, ist sich die Expertin sicher. Auch der übermäßige Konsum sozialer Medien könne sich negativ auswirken. „Negative und beängstigende Schlagzeilen gehen uns aufs Gemüt. Auch Kommentare anderer, die nicht meiner Meinung sind, können mich ärgern“, weiß Haudum und rät zu bewusstem digitalen Konsum.
Bewusstsein schaffen und Ablenkung vorbereiten
Aber wie können wir emotionales Essen verhindern? Welche Strategien helfen? „Ganz wichtig ist, sich dessen bewusst zu sein, dass es dieses emotionales Essen bei mir gibt. Man muss für sich selbst erkennen, dass man in bestimmten Situationen zur Schokolade oder ähnlichem greift.“ Für genau solche Momente solle man sich Ablenkung vorbereiten: „Bin ich schlecht drauf, rufe ich eine Freundin an anstatt zu essen.“ Auch der viel zitierte Spaziergang in der frischen Luft durchbricht den Frustvorgang.
Ist es aber doch die Schoko geworden, sollte man sich kein schlechtes Gewissen einreden. „Das verstärkt das alles nur. Vorwürfe erzeugen noch mehr Druck“, sagt Haudum. „Und auch zwei Rippen einer großen Tafel Schokolade machen mich nicht dick.“ Wichtig sei das Bewusstsein dafür, um das nächste Mal anders zu handeln. Erst wenn es zur Gewohnheit wird, könnte es zu einem Problem führen und etwa Übergewicht oder eine Essstörung begünstigen.
Vier Tipps gegen emotionales Essen
- Erkenne emotionalen Hunger
- Ablenkung finden und parat haben
- Kein schlechtes Gewissen bei Rückschritten
- Achtsames, bewusstes Essen im Alltag
Verbote vermeiden: Süßes darf sein
Grundsätzlich rät sie dazu, Essen nicht in gute und schlechte Lebensmittel einzuteilen und Verbote zu vermeiden. Ein Stückchen Schokolade dürfe ruhig jeden Tag sein. „Lieber baue ich täglich zwischendurch eine Süßigkeit ein. So entsteht keine negative Grundstimmung beim Thema Schokolade, und nach einem stressigen Tag am Abend wird’s nicht die ganze Tafel, weil man sie nicht als Feind oder verbotenes Lebensmittel einstuft.“ Mahlzeiten sollten außerdem bewusst und achtsam eingenommen werden und nicht neben Handy, TV oder anderer Ablenkung.
Auch ungesundes Essen dürfe man zulassen, ohne schlechtes Gewissen, sagt Haudum, die mit der 80/20-Regel arbeitet. „80 Prozent sollte qualitativ hochwertig sein und Vitamine sowie Ballaststoffe enthalten und 20 Prozent sind rein für das Gemüt – egal ob Schoko, Torte oder Chips.“
(Quelle: salzburg24)







