Das Team rund um Martin Plöderl hat untersucht, ob die Suizidrate rund um die Weihnachtszeit in Österreich höher ist, als an anderen Tagen im Jahr. Dazu haben sie die Zahl der Selbsttötungen von 2000 bis 2013 genauer unter die Lupe genommen.
Kein Anstieg zu Weihnachten
Entgegen der weit verbreiteten Meinung zeigte sich an Weihnachten kein Anstieg der Suizide. Es ist das Gegenteil der Fall, wie die Wissenschaftler 2015 aufzeigten. Je näher der 24. Dezember rückte, umso niedriger wurde die Suizidrate. Am Weihnachtsabend erreichte sie fast das Jahresminimum. In der gesamten Weihnachtszeit lag sie deutlich unter dem Schnitt und ging um 25 Prozent zurück.
Weihnachten als Schutzfaktor
Ihre Erkenntnisse erklären sich die Wissenschaftler mit der Theorie, dass zu Weihnachten die soziale Unterstützung und die Verbundenheit zu den Mitmenschen besonders hoch sei. Dieser weihnachtliche Schutzeffekt könnte einzigartig sein. Zu keinem anderen Feiertag konnten ihn die Wissenschaftler sonst nachweisen. Zu Ostern, Pfingsten, Silvester und an Montagen und Dienstagen steigen die Suizidraten im Gegenteil eher an.
Warum dieser Schutzeffekt zu Silvester aufhört, kann mit dem sogenannten „Broken-Promise-Effekt“ erklärt werden: Feiertage und Wochenenden wecken oft Erwartungen, die nicht zu halten sind. Die Enttäuschung danach ist umso größer.
Maximum rund um Silvester
Das betrifft insbesondere Silvester und Neujahr. Am 1. Jänner erreichen die Suizidraten ihr jährliches Maximum. Hier spielt auch der „Rebound-Effekt“ eine Rolle. Die Unterstützung, die in der Weihnachtszeit besonders groß war, wird wieder entzogen. Hinzukommen Alkoholkonsum und Hoffnungslosigkeit in Hinblick auf die Zukunft.
Plöderl: „Gängiger Mythos“
Martin Plöderl hat mit dem Ergebnis der Studie gerechnet, weil das schon aus anderen Ländern bekannt war: „Ich habe die Studie auch gemacht, weil sehr häufig das Gegenteil geglaubt wird. Das ist ein sehr gängiger Mythos zum Suizid. Ohne entsprechende Daten glaubt einem das keiner.“
Relevanz hat die Studie laut Autoren vor allem für die Suizidprävention: „Dass man darauf Rücksicht nimmt, dass es nicht gerade Weihnachten ist wo das Risiko am höchsten ist, sondern Neujahr“, erklärt Plöderl gegenüber S24.
Individuelle Betreuung wichtig
Grundsätzlich könne man die Ergebnisse nicht auf den Einzelfall umlegen. Plöderl betont: „Eine gute Betreuung ist ohnehin jene, bei der die individuelle Person nach ihrer individuellen Lebenslage betrachtet wird, auf die man reagiert.“
Schwierige Weihnachtszeit
Die Ergebnisse der Studie kann Josef Demitsch, Leiter der ambulanten Krisenintervention der Pro Mente Salzburg, weder bestätigen noch widerlegen. Inhaltlich gebe es jedoch eindeutig Themen, die in dieser Zeit präsent seien: „Vor allem Einsamkeit, Perspektivlosigkeit und Frustration beschäftigen die Menschen“, erklärt er im Gespräch mit SALZBURG24. Für ihn sei das auch nicht weiter verwunderlich: „Bei diesem Hype um die Weihnachtszeit, bei dem überall von Gemütlichkeit, Familie und Glück die Rede ist, ist es für Menschen umso schwerer, denen es innerlich nicht gut geht“, erläutert Demitsch.
Hilfe in Salzburg
Für jene, die sich selbst in einer Krisensituation befinden oder jemanden kennen, dem es so ergeht, gibt es in Salzburg Ansprechpartner. Hilfe findet ihr bei der 24-Stunden-Krisen-Hotline sowie bei der Telefonseelsorge.
Krisen-Hotline der ProMente Salzburg:
- Salzburg: 0662 - 43 33 51
- St. Johann: 06412 - 200 33
- Zell am See: 06542 - 72 600
Telefonseelsorge: 142
(Quelle: salzburg24)