Der Wäscheberg wächst, in der Arbeit geht es drunter und drüber und eigentlich wollte man mit der zweijährigen Tochter schon seit Wochen in den Zoo – junge Eltern stehen vor so manchen Herausforderungen. Leiden beide oder ein Elternteil zusätzlich an einer psychischen Krankheit, hat das Einfluss auf das gesamte Familienleben – auch auf die Jüngsten.
Genau hier können Patinnen und Paten über den Salzburger Verein JoJo ins Spiel kommen. Sie begleiten Kinder aus psychisch belasteten Familien. Mit regelmäßiger „Exklusivzeit“, in der das Kind „wieder Kind sein darf“, werden die Freiwilligen zur wichtigen Stütze, erklärt Patenschaft-Koordinatorin Johanna Schweighofer im SALZBURG24-Gespräch.
Eigentlich war an dem Tag ein Infoabend für neue, interessierte Ehrenamtliche, die Patenschaften übernehmen wollen, geplant. Gekommen ist niemand – keine Seltenheit, wenn man auf die vergangenen Infotermine blickt. „Die Suche nach Freiwilligen ist seit der Corona-Pandemie sehr schwierig geworden“, sagt JoJo-Geschäftsführerin Heidemarie Eher, die ebenfalls beim Gespräch dabei war.
Verein unterstützt psychisch Belastete seit 2016
Psychische Krankheiten wie Depressionen, Zwänge oder Essstörungen sind seit der Corona-Pandemie stark gestiegen. Zwischen zehn und 25 Prozent der österreichischen Bevölkerung leiden laut dem wissenschaftlichen Leiter der Salzburger Universitätsambulanz für Psychotherapie unter Depressionen. Unter ihnen auch (junge) Eltern. Schätzungen zufolge wachsen rund 17.000 Kinder und Jugendliche im Bundesland mit einem psychisch belasteten Elternteil auf.
In diesem Fall sind gesunde Bezugspersonen außerhalb der Familie wichtig. Deshalb hat der Verein JoJo vor acht Jahren das Projekt „Gemeinsam wachsen“ ins Leben gerufen, bei dem Ehrenamtliche eine Patenschaft übernehmen und Zeit mit den Kindern verbringen.
Über 20 Salzburger Familien auf Warteliste
Aktuell werden rund 15 Familien von 15 Patinnen und Paten betreut – über 20 weitere Familien stehen noch auf der Warteliste. Um die derzeitigen Familien von der Warteliste betreuen zu können, brauche der Verein rund 30 weitere Freiwillige, schätzt Eher. Denn nicht jede Familie könne mit jeder oder jedem „gematcht“ werden. Neben den jeweiligen Persönlichkeiten und Interessen sei auch ein ähnliches Bildungsniveau und die geografische Nähe wichtig.
Wie lange die Vernetzung zwischen Familien und Pat:innen dauert, sei recht unterschiedlich. „Der schnellste Match war innerhalb von drei Wochen. Und manche stehen seit Jahren auf der Warteliste. Das ist für uns auch schwer auszuhalten, aber wir sind eben auf die Ehrenamtlichen angewiesen“, so die Geschäftsführerin.
Was müssen Pat:innen mitbringen?
„Die Verantwortung, die Patinnen und Paten übernehmen, ist eine große. Immerhin binden sie sich über viele Jahre und werden eine Art Zusatzfamilie für die Kinder“, weiß Schweighofer. Genau diese Bereitschaft zur langfristigen Begleitung ist unter anderem ein Kriterium, um überhaupt ins Patenschaft-Programm aufgenommen zu werden. „Wir haben auch immer wieder Menschen, die das nur als Praktikum machen oder Referenzen sammeln wollen. Das geht bei uns einfach nicht“, hält die Koordinatorin fest.
Wichtig sei auch, dass Interessierte viel Liebe, Empathie und Toleranz mitbringen. Die betroffenen Familien würden offen über die psychische Krankheit reden – das bekomme man als Patin oder Pate auch mit. Deswegen werde man dank regelmäßiger Treffen mit dem Verein auch "nicht alleingelassen", erklärt die JoJo-Mitarbeiterin. Man selbst soll sich in einer stabilen Lebenssituation befinden und mindestens einen halben Tag pro Woche Zeit für Aktivitäten haben. „Das muss gar nichts Besonderes sein. Ein Besuch im Zoo, spielen auf dem Spielplatz oder zu Hause basteln, reicht vollkommen“, so Schweighofer. Die finanzielle „Zusatzbelastung“ halte sich somit in Grenzen, wie ein Pate im SALZBURG24-Gespräch aus eigener Erfahrung erzählt.
Wie lange eine Patenschaft gehen kann, zeigt auch genau diese Patenschaft. Seine Frau habe sich bereits zur Hochzeit des Patenkindes vorangemeldet. Andere würden die Kinder nach Jahren nun bei der Einschulung begleiten. „Das ist für uns natürlich auch total schön anzusehen“, so die Koordinatorin. Dass sich zu den Infoabenden nicht besonders viele oder manchmal auch niemand anmeldet, sei zwar schade, aber grundsätzlich kein Problem. Denn der Verein führe laufend Gespräche. Interessierte können sich jederzeit auf der Webseite "Gemeinsam wachsen" für ein erstes Kennenlernen anmelden.
(Quelle: salzburg24)