„Ich will gar nicht so viel Sport mit dir machen, Papa. Lieber will ich dir meine Pokémon-Karten zeigen“, so kann eine Botschaft von Scheidungskindern lauten, bei der Salzburgs Kinderbeistände hellhörig werden. Eine von den sieben Kinderbeiständen im Bundesland ist Barbara Erblehner-Swann, die neben ihrem Hauptberuf als Juristin bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg, aktuell zehn Kinder im Alter von fünf bis dreizehn Jahren im Scheidungsprozess ihrer Eltern begleitet. Aber wie sieht so eine Begleitung aus?
Eine Scheidung oder Trennung verläuft nicht immer rosig, aber wenn es zum Rosenkrieg kommt, sind die Kinder oft die Leidtragenden. In besonders strittigen Fällen kann das Gericht einen Kinderbeistand bestellen. „Immer dann, wenn es um das Kontaktrecht oder die Obsorgefrage geht, kommen wir in Spiel. Das könnte auch sein, ob ein Kind fremd untergebracht werden soll“, schildert Erblehner-Swann. In der Begleitung erklären sie den Kindern das Gerichtsverfahren und versuchen herauszufinden, was die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder sind.
Dabei liege der Fokus aber nicht auf der plumpen Frage „Wie hättest du es denn gern?“. Vielmehr trifft sie die Kinder über viele Termine hinweg, zu Beginn und in besonders turbulenten Scheidungen meist wöchentlich oder 14-tägig. So sammle man wichtige Infos über die engere Familie und Bezugspersonen wie Nachbar:innen oder Lehrkräfte. Wie lange ein Beistand die Kinder begleitet, hängt von der Verfahrensdauer ab. „Manche Eltern einigen sich nach drei Monaten, mein längster Fall ging zum Obersten Gerichtshof und dauerte fast fünf Jahre“, erinnert sich die Juristin.
Kinder bei Scheidungen ein Stück vergessen
Aus diesen vielen Terminen entstehe dann üblicherweise eine Botschaft des Kindes, die das gesamte Leben und das Umfeld beschreibt. So sollen die Eltern ein besseres Verständnis bekommen. Denn „in massiven Konflikten tendieren Menschen dazu, sehr fokussiert auf die eigenen Probleme zu sein. Die Kinder werden manchmal auch ein Stück weit vergessen.“ Die Botschaft wird vom jeweiligen Kinderbeistand im Gerichtssaal vorgelesen und hat in einigen Fällen bereits für den ein oder anderen Aha-Moment gesorgt.
„Wenn wir die Eltern so emotional erreichen, eine Veränderung herbeirufen und damit die Wünsche der Kinder durchbringen – das bleibt schon in Erinnerung“, denkt die Juristin an ihre Fälle in den vergangenen 15 Jahren zurück. Leider bleiben aber auch jene im Gedächtnis, die „komplett das Gegenteil“ bewirkten. Von konkreten Fällen darf sie aus Gründen der Verschwiegenheit nicht berichten.
Keine Kinderbeistände im Innergebirg
Zu einem nicht zufriedenstellenden Ende komme es oft dann, wenn die Kinderbeistände erst spät im Verfahren hinzugezogen werden. Die Situation sei dann zu zerrüttet, die Kommunikation rau. Ein Versäumnis des Gerichts? Kinderbeistände würden in jenen Fällen bestellt werden, wo vermutet wird, dass Kinder unter großem Druck stehen. Den Gerichten sei aber bewusst, dass es mit sieben Kinderbeiständen in ganz Salzburg nicht sonderlich viele gebe. „Die Kapazitäten sind doch eingeschränkt, vor allem im Innergebirg gibt es eine Versorgungslücke“, so die Salzburgerin.
Die österreichweite hohe Scheidungsrate von fast 15.000 Auflösungen im Vorjahr merke man bei den Salzburger Kinderbeiständen nicht so extrem. Ein Zeichen, dass es weniger turbulente Fälle gibt? Das ist wohl schwer zu sagen, denn mit zehn Fällen hat die Juristin ihre Kapazitätsgrenze bekanntgegeben.
Was muss passieren, dass es im einstigen Pilot-Bundesland der Kinderbeistände mehr Betreuerinnen und auch Betreuer – aktuell sind nur Frauen als Kinderbeistand in Salzburg tätig – gibt? „Eventuell kann man die Ausbildungsplätze erhöhen. Aber ich denke, dass wir einfach den generellen Engpass bei psychosozialen Diensten spüren“, meint Erblehner-Swann abschließend.
(Quelle: salzburg24)