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Mega-Projekt ist auf Schiene

S-Link und der Kampf gegen "vehemente Widerstände"

Schafft Salzburg die Verkehrswende?

S-Link: Gesamtstrecke S-Link
Die grafische Darstellung des S-Link-Streckenverlaufs.

Mit dem S-Link steht das größte öffentliche Salzburger Verkehrsprojekt aller Zeiten in den Startlöchern. Trotz zahlreicher Widerstände halten das Land und die Projektgesellschaft am Mega-Projekt fest. Der erste Bagger soll übrigens erst dann rollen, wenn die endgültige Trassenführung bis nach Hallein feststeht.

Salzburg, Hallein, Anif

Kolonnen voller Autos, in denen oft nur eine Person sitzt, im Stau stehende teils überfüllte Busse und allseits entnervte Verkehrsteilnehmende – das ist das nahezu tägliche Bild auf den Straßen in und um die Stadt Salzburg. Zu den Menschen, die im urbanen Raum leben, gesellen sich tagtäglich Tausende Pendelnde und freilich auch Tourist:innen aus aller Welt. Nicht zu vernachlässigen ist der Geschäfts- und Lieferverkehr, der sich ebenfalls täglich durch das Nadelöhr zwängt. Das Einzugsgebiet reicht von Salzburgs Umlandgemeinden über Bayern bis nach Oberösterreich.

Salzburg und das Dauerthema Verkehr

Der Verkehr ist bekanntlich ein Dauerbrenner und führt am Stammtisch rasch zu emotionalen Diskussionen. Ideen, wie der Individualverkehr reduziert werden könnte, lagen in den vergangenen Jahrzehnten einige auf dem Tisch. Die unterirdische Lokalbahnverlängerung vom Hauptbahnhof wurde schon 1946 in einem Gemeinderatsbeschluss festgelegt. Lange Zeit blieb es jedoch ruhig, ehe Anfang der 1980er-Jahre wieder etwas Fahrt aufgenommen wurde – und Ideen erneut in der Schublande verschwanden.

Mit der Gründung der S-Link-Projektgesellschaft im Jahr 2020 kam dann tatsächlich Bewegung in die Sache. Die ÖVP in Person von Verkehrslandesrat Stefan Schnöll hat die Verlängerung der bestehenden Lokalbahn vom Salzburger Hauptbahnhof bis nach Hallein zum Prestigeprojekt auserkoren – auch weil es Nachholbedarf gibt. Denn der Anteil des öffentlichen Verkehrs im Salzburger Zentralraum beträgt derzeit etwa zehn bis 15 Prozent. "Das ist erbärmlich", sagt S-Link-Geschäftsführer Stefan Knittel zu SALZBURG24. Falls der Öffi-Anteil erhöht werden sollte, müsste der Aufwand dafür verdreifacht werden. "Aber es ist ja jetzt schon kein Platz mehr vorhanden", so Knittel.

Begrenzte Kapazitäten bei Lokalbahn und Obus

Aktuell kann eine Lokalbahn maximal 650 Menschen vom nördlichen Flachgau bis zum Salzburger Hauptbahnhof befördern, die dann dort zum Großteil in Obusse umsteigen. Eine S-Link-Garnitur habe eine Kapazität von fünf Obussen, die ebenso viele Lenker:innen benötigen.

S-Link Info-Grafik S-LINK
Eine S-Link-Garnitur habe eine Kapazität von insgesamt fünf Obussen – oder 540 Autos mit 1,2 Insass:innen.

Der unterirdische Trassenverlauf innerhalb der Landeshauptstadt ist mehr oder weniger fix. Die durchschnittliche Tunneltiefe soll 15 Meter betragen. Der erste Halt nach dem Hauptbahnhof ist am Mirabellplatz: Das Besondere an dieser Haltestelle sei, dass sich an diesem Punkt in der Stadt Salzburg die Ost-West-Achse mit der Nord-Süd-Achse kreuzt. Durch die unterschiedlichen Ebenen – auf der Straße und im Untergrund – könne der Verkehr entlastet und dadurch mehr Kapazitäten auf den Querachsen geschaffen werden. Und durch die zusätzliche Station könnten die derzeitigen Umsteigevorgänge am Hauptbahnhof massiv reduziert werden. Der Tunnel im ersten Bauabschnitt ist 847 Meter lang – dafür sind 200 Millionen Euro veranschlagt.

Salzburg Boulevard bei Haltestelle Mirabellplatz

Im Zuge der ersten Bauetappe und des Neubaus für die Haltestelle Mirabellplatz soll sich die Rainerstraße an der Oberfläche zudem in einen neugestalteten Salzburg Boulevard verwandeln, wie am Donnerstag bei einem Medientermin vorgestellt wurde. Die Kieselzeile mit ihren Geschäften wird abgerissen. Die Grundeigentümer erhalten eine gesetzlich geregelte Entschädigung, die von einem unabhängigen und beeideten Sachverständigen festgelegt wird. Aktueller Stand sei, dass die Projektgesellschaft "in intensiven Verhandlungen mit den Eigentümern steht und eine einvernehmliche Lösung erzielen will."

Vom Mirabellplatz führt der S-Link unter dem Mozarteum an der Staatsbrücke vorbei – unterquert dann die Salzach bis zur Haltestelle am Rudolfskai bzw. Mozartsteg. Anschließend folgt ein Halt am Unipark und danach an der Akademiestraße, wo der S-Link wieder an die Oberfläche kommt. Die Fahrt von Bergheim (Flachgau) bis zum Unipark Nonntal soll dann lediglich zwölf Minuten dauern.

S-Link: Fahrplan S-LINK
Die voraussichtlichen Fahrzeiten des S-Link.

Streckenführung bis Hallein noch unklar

Bei der nachfolgenden und damit endgültigen Streckenführung gibt es aber noch einige offene Fragen zu klären. Denn derzeit ist noch nicht klar, wie die Trasse hinter der Stadtgrenze konkret über Anif und Grödig (beide Flachgau) bis nach Hallein (Tennengau) verläuft. Hier gebe es einige Varianten zur Auswahl und noch Klärungsbedarf mit den Gemeinden und Grundeigentümer:innen. "Erst wenn der endgültige Trassenverlauf fixiert ist, rollen die ersten Bagger auf der S-Link-Baustelle", betont Knittel. Aus heutiger Sicht könnte das Ende des kommenden Jahres soweit sein. Eine Inbetriebnahme für den ersten Abschnitt ist demnach für 2028 geplant. Ein Zwei-Minuten-Takt in jede Fahrtrichtung sei im Endausbau möglich. Die Umweltverträglichkeitsprüfung läuft seit Ende 2022.

S-Link: Probebohrungen S-Link
Aktuell – Ende Mai 2023 – finden Probebohrungen im südlichen Teil der Landeshauptstadt statt.

Neben umfangreichen Planungen finden seit geraumer Zeit Probebohrungen zur Baugrunderkennung im Salzburger Stadtgebiet statt – derzeit wird im südlichen Teil rund um die Alpenstraße gebohrt und Mitte Juni finden die Arbeiten am Rudolfskai statt.

ÖBB-Strecken in S-Link integrieren

Kritiker:innen merken an, dass ja auch die S-Bahn von der Stadt Salzburg bis Hallein fährt – "aber die Trasse ist jetzt schon kapazitätstechnisch voll ausgelastet und liegt darüber hinaus auf der anderen Salzachseite", merkt Knittel an. Hallein sei kein Anschlusspunkt, sondern ein Verknüpfungspunkt.

 

Es gebe auch Überlegungen, die stillgelegte Königsseebahn wiederzubeleben und an das Bahnnetz in Hallein anzuschließen. Langfristig angedacht sei, die ÖBB-Strecken aus Braunau (OÖ), Straßwalchen (Flachgau) und Freilassing (Bayern) in den S-Link zu integrieren.

Studien belegen unterirdische Lösung

Andere Kritiker:innen werfen dem S-Link und Land Salzburg vor, dass die Kosten für das Mega-Projekt wegen der unterirdischen Führung explodieren würden: Zwischen 1,9 und 2,8 Milliarden Euro dürfte die neue Lokalbahnstrecke je nach Länge aus heutiger Sicht kosten. Bereits im Dezember 2020 wurde von Stadt, Land und Bund eine Rahmenvereinbarung unterzeichnet, wonach der Bund 50 Prozent der Kosten für die gesamte S-Link-Strecke bis Hallein übernimmt. Grundvoraussetzung für die Finanzierung ist für alle drei Vertragspartner, dass alle Parameter wie etwa Verkehrswirksamkeit oder Kosten-Nutzen-Analyse genauestens durchgeführt werden und positive Ergebnisse bringen.

Argumente gegen eine Straßenbahn

Eine Straßenbahn – also oberirdische Lösung, wie sie von der Initiative "Stopp U-Bahn" gefordert wird – sei zwar deutlich günstiger, aber damit würde der jetzt schon begrenzte Platz von einem weiteren Verkehrsmittel in Beschlag genommen. Studien zeigen aber, dass die oberirdische Führung im Stadtgebiet bis zur Akademiestraße massiv negative Auswirkungen auf die Stadt und auf alle Verkehrsteilnehmenden hätte und zudem kaum Potenzial biete, die Lebensqualität in der Mozartstadt nachhaltig zu verbessern.

Die seit etwa 40 Jahren stattfindende Diskussion um die Erweiterung der Salzburger Lokalbahn habe dazu geführt, dass sich einige Menschen ihr vorgefertigtes Bild darüber gemacht hätten, moniert Knittel. Hier stoße man teils auf "vehemente Widerstände. Es geht nicht um Argumente, sondern um Emotionen zu erzeugen, um etwas zu verhindern." Mit Informationsveranstaltungen auf öffentlichen Plätzen und für Anrainer:innen wolle die Projektgesellschaft "transparent und genau auf die Fragen der Bürger antworten." Aktuell im Raum steht eine Bürger:innen-Befragung zum S-Link-Bau. Die nächste öffentliche Informationsveranstaltung zum S-Link findet indes am 29. Juni im Salzburger Kongresshaus statt.

So funktioniert die Deckelbauweise

Eine der am häufigsten gestellten Fragen sei jene nach der Belastung durch die Baustelle. Mithilfe der sogenannten Deckelbauweise soll diese für die Anrainer:innen und den Verkehr so gering wie möglich gehalten werden. "Die Technologie hat sich in den letzten 20 Jahren rasant geändert. Und auch der Seeton im Untergrund ist kein Problem, denn wir wissen, wie wir damit umgehen müssen", verweist Projektleiter Albert Greinmeister gegenüber S24 auf andere Bauprojekte entlang der Salzach, wie die mehrstöckige Tiefgarage bei den Barmherzigen Brüdern.

Nach dem Aushub der Baugrube wird eine Schlitzwand in den Boden gegraben. Anschließend bekommt die Baugrube eine Art Deckel und die Wände sowie Stützen der Innenschale werden betoniert. Dadurch kann oben auf der Straße wieder der Verkehr rollen, während im Untergrund der Tunnel mit dem Düsenstrahlverfahren gegraben wird. Über drei Logistiköffnungen wird das Aushubmaterial dann abtransportiert, das für weiterführende Arbeiten verwendet werden soll. Während der Bauarbeiten ist mit Lärm und leichteren Erschütterungen zu rechnen. Die Einschränkungen sollen so gering wie möglich gehalten werden.

S-Link: DSV-Testfläche Geoconsult ZT GmbH
Das Düsenstrahlverfahren als Baumethode wurde auf einer eigens eingerichteten Testfläche am Hauptbahnhof getestet.

Das Düsenstrahlverfahren wurde eigens drei Monate lang auf einer ÖBB-Fläche neben dem Hauptbahnhof getestet. Ob das Verfahren oder eine spezielle Tunnelbohrmaschine bei den weiteren Bauphasen zum Einsatz kommen, war zunächst noch unklar.

S-Link als Baustein für Verkehrswende

Grundsätzlich müsse der Verkehr in Salzburg auf neue Beine gestellt werden. "Der S-Link ist kein Allheilmittel, es ist vielmehr eine Vernetzung und Verdichtung des öffentlichen Verkehrs in Salzburg", sagt Knittel. Es seien weitere Maßnahmen nötig, wie den Ausbau der Fahrrad- und Fußgänger:innen-Verkehrs. Erst solche Grundsatzentscheidungen würden auch Verhaltensänderungen bei den Menschen herbeiführen. Sobald es eine gute Infrastruktur gebe, werde sie auch genutzt.

Mega-Projekt in Salzburg auf Schiene

Politisch dürfte das Mega-Projekt S-Link indes auf Schiene sein. Auch der designierte ÖVP-Koalitionspartner, die FPÖ, hat sich in Person von Klubobfrau Marlene Svazek zuletzt positiv geäußert: "Wir haben mit unseren Steuergeldern die Wiener U-Bahn mit errichtet, jetzt ist Salzburg an der Reihe, sich das Geld vom Bund abzuholen."

Übrigens: Laut einer Wertschöpfungsstudie Economica Institut für Wirtschaftsforschung von Anfang des Jahres würde sich schon die Errichtung des nur rund einen Kilometer langen ersten Teilstücks vom Salzburger Hauptbahnhof bis zum Mirabellplatz wirtschaftlich für Stadt und Land Salzburg lohnen. Jeder investierte Euro generiert demnach eine Wertschöpfung von 0,81 Euro.

Durch den Bau sollen fast 2.600 neue Arbeitsplätze entstehen, 2.133 davon in der Region. Das Bauwerk soll 100 Jahre lang in Betrieb sein. Der S-Link sei im Hinblick auf die CO2-Besteuerung auch ein Projekt gegen künftige Strafzahlungen seitens des Bundes.

(Quelle: SALZBURG24)

Aufgerufen am 04.06.2023 um 12:35 auf https://www.salzburg24.at/news/salzburg/wie-steht-es-um-den-salzburger-s-link-139328152

Kommentare

fidel2

Wenn ein entsprechendes Angebot vorhanden ist, wird es auch entsprechend angenommen. Als Beispiel seien zum einen die vollen Züge seit Einführung des Klimatickets genannt. Zum anderen führe ich gerne die Semmeringbahn von Carl Ritter von Ghega an, die gebaut worden war, obwohl es noch keine leistungsfähige Lok gab, die diese erste Alpenquerung überwinden konnte. Heute nach fast 200 Jahren wickelt sie immer noch die Hauptlast des Verkehrs von Wien nach Süden ab. Es geht also! Man muß nur wollen und den Mut haben, ein solches Projekt zu verwirklichen.

fidel2

Die täglichen Staus auf Haupteinfahrtsrouten auf allen diese verbindenden innerstädtischen Straßen sind immens. Die Busse stecken ebenfalls im Stau fest und zwingt Pendler nur auf das Auto, was zu noch mehr Verkehrsinfarkt führt. Was wir brauchen, ist ein für leistungsfähiges Verkehrsmittel, das Stadt und Land miteinander schnell und effizient verbindet. Dieses Projekt ist immer wieder eingereicht und aufgrund engstirnigen und kurzsichtigen Denkens immer wieder, zuletzt 2010, verhindert worden. Der Verkehr hat aus dem Umland noch viel stärker zugenommen und ein Hinfortkommen stetig erschwert. Mittlerweile braucht es eine Vespa oder ein Fahrrad, um überhaupt noch in Salzburg voran zu kommen.

fidel2

Mit dem Zug sind größere Menschenmassen abfertigbar und diese braucht es auch. Gewisse Züge aus mehrfach gekuppelten Triebwagen sind schon jetzt entsprechend voll. Die SLB transportierte alleine 2008 - 2011 pro Jahr 4 Mio. Fahrgäste im 30-min-Takt über 19 h pro Tag. Mit der Durchbindung bis Grödig und Hallein würden sich die Fahrgastzahlen bei vorsichtiger Schätzung verdoppeln, bei Einbindung der bestehenden S-Bahn-Strecken des ÖBB-Netzes S2 und S3 in den S-Link sogar weiter steigern. Komplett neu zu bauende Strecken nach Mattsee, Mondsee und Messe - Flughafen Abzweig nach Liefering ÖBB sind da noch gar nicht berücksichtigt. (Vollausbau = Zugfolge alle 2 Minuten in der HVZ pro Richtung)

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