Die halbjährige Zeitumstellung dürfte uns noch länger begleiten – ob wir es wollen oder nicht. Denn die zuletzt im Jahr 2019 geplante Abschaffung oder Neuregelung lässt weiter auf sich warten. Eine Einigung innerhalb der EU ist weiterhin nicht in Sicht. In der Nacht auf Ostersonntag wurde also von der Normalzeit – auch Winterzeit genannt – auf die Sommerzeit umgestellt. Die Zeiger wanderten von 2 auf 3 Uhr.
Was für die Sommerzeit spricht – und was nicht
Was des einen Freud ist, ist des anderen Leid, besagt schon eine alte Lebensweisheit. Für die Sommerzeit spricht freilich, dass wir in den kommenden Monaten etwa eine Stunde länger im Hellen verbringen können. Bleibt es allerdings länger hell, produziert der Körper erst später das Schlafhormon Melatonin. Wir sind dann abends möglicherweise nicht müde, müssen aber trotzdem früh ins Bett, weil am nächsten Morgen der Wecker klingelt.
Woher kommt Ärger über Zeitumstellung?
Die Zeitumstellung hat erwiesenermaßen einen Einfluss auf unseren Biorhythmus und damit auch unmittelbare Folgen aufs Wohlbefinden. Woran aber liegt das? "Wir müssen aufgrund der vorherrschenden Rahmenbedingungen in der EU gezwungenermaßen mitmachen", erklärt Zeitforscher und Buchautor Jonas Geißler den Ärger vieler Menschen über das halbjährige Prozedere am Donnerstag gegenüber SALZBURG24. Er vergleicht das Phänomen mit Urlaubsreisen, bei denen die Problematik oftmals in den Hintergrund rückt: "Beim Verreisen ist der Jetlag kein Problem, weil wir es uns so ausgesucht haben."
Der Ärger über die Zeitumstellung sei Geißlers Beobachtungen zufolge ohnehin nur kurzfristig – und sei vor allem deshalb nicht ratsam, "weil wir es eh nicht ändern können." Vielmehr sollten die Zeit und die Uhr nicht miteinander verwechselt werden, rät der Leiter des Münchner Instituts für Zeitberatung. Wenn möglich, sollte die Uhr weniger in den Fokus gerückt werden, "um erfüllende Zeit jenseits der Hektik zu erleben und zu genießen." Schließlich wird es durch die Sommerzeit gar nicht später dunkel, es wird nur früher spät, so der fast schon philosophische Ansatz des Soziologen.
Wie ihr die Umstellung gut übersteht
Die Schlafqualität sei das Um und Auf, damit die Zeitumstellung bestmöglich für den eigenen Organismus verlaufe. Die Tipps reichen vom Handyverzicht vor dem Schlafengehen bis zum früheren Zeitpunkt der Nachtruhe: "Wer am Samstagabend eine halbe Stunde früher als gewohnt ins Bett geht, sollte sich rasch umgewöhnen", sagt Geißler. Einen kleinen Trost gibt es heuer obendrein: Der durch die Umstellung auf die Sommerzeit entstehende Mini-Jetlag kann durch den Feiertag am Ostermontag etwas abgedämpft werden. Zumindest für diejenigen von uns, die die Möglichkeit haben, am Montag nach ihrem eigenen Rhythmus auszuschlafen.
Politik drückt auf die Stoppuhr
Zurück zur mittlerweile eingeschlafenen Debatte in der Europäischen Union: Ein entsprechender Kommissionsvorschlag aus dem Jahr 2018, die Sommerzeit abzuschaffen, wurde zwar bereits im Frühjahr 2019 vom EU-Parlament abgesegnet. Seitdem liegt der Ball jedoch beim Rat, also den EU-Mitgliedstaaten, die seitdem keinen Entschluss gefasst haben. Der Abschaffung müssten die Mitgliedstaaten aber mehrheitlich zustimmen.
Offizielles Österreich für ständige Sommerzeit
Nach jetzigem Stand sei nicht zu erwarten, dass die derzeitige belgische Ratspräsidentschaft plant, das Thema erneut zur Debatte zu stellen, hieß es aktuell aus EU-Kreisen gegenüber der APA. Zuständig sind die Verkehrsminister:innen. Es bleibt abzuwarten, ob Ungarn, das im zweiten Halbjahr 2024 die Ratspräsidentschaft übernehmen wird, das Thema erneut auf die Tagesordnung setzen wird. Allerdings: Das letzte Mal, dass sich ein Ministerrat mit der Zeitumstellung beschäftigt hat, war im Dezember 2019, damals noch unter finnischer Präsidentschaft.
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass es zu keinen Zeitumstellungen mehr kommt. Jedem Mitgliedstaat der Union sollte es aber überlassen werden, ob er ganzjährig auf Sommer- oder Winterzeit umstellt. Doch aus vielen Ländern kamen Bedenken gegen diesen Plan, da u.a. für die Wirtschaft eine einheitliche Zeitzone wünschenswert erscheint, zumindest in Mitteleuropa. Andernfalls könnten zwischenstaatliche Zeitunterschiede den Handelsverkehr beeinträchtigen. Das offizielle Österreich bevorzugt übrigens eine ständige Sommerzeit als Standardzeit.
EU-Debatte um Zeitumstellung
Losgetreten wurde der Prozess der Abschaffung durch eine EU-weite (nicht-repräsentative) Online-Umfrage. Bei dieser hatten sich 84 Prozent der Teilnehmenden für ein Aus der Zeitumstellung ausgesprochen. Die meisten votierten 2018 für eine dauerhafte Sommerzeit. 4,6 Millionen Antworten, davon allein drei Millionen aus Deutschland, gingen ein – ein Rekord, aber immer noch weniger als ein Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger. Zu bedenken sei hierbei, dass der Ausgang der Umfragen oftmals widersprüchlich sei und je nach Befragungszeitpunkt variieren würde.

Blick in die Geschichte
In der gesamten EU wurde bisher am letzten März-Sonntag an der Uhr gedreht – und am letzten Sonntag im Oktober wieder zurück. Eingeführt wurde die Sommerzeit 1973 in Europa anlässlich der Ölkrise und mit dem Hintergrund, Energie zu sparen. Mit der Zeitverschiebung sollte eine Stunde Tageslicht für Unternehmen und Haushalte gewonnen werden. Frankreich machte damals den Anfang.

Österreich beschloss die Einführung erst 1979 wegen verwaltungstechnischer Probleme und weil man eine verkehrstechnische Harmonisierung mit der Schweiz und Deutschland wünschte. Diese beiden Länder führten die Sommerzeit erst 1980 ein. Allerdings gab es in der Alpenrepublik bereits im Ersten Weltkrieg schon einmal die Sommerzeit. Im Jahr 1916 galt sie für die Monarchie von 1. Mai bis 30. September, wurde dann aber wieder eingestellt. Ein zweiter – auf Dauer erfolgloser – Versuch wurde in den Jahren 1940 bis 1948 unternommen.
(Quelle: salzburg24)