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Polit-Reaktionen zur Aufhebung der Bundespräsidentenstichwahl

Veröffentlicht: 01. Juli 2016 13:50 Uhr
Nach der Verkündung des VfGH-Urteils stellte sich die Regierung der Presse. Hier könnt ihr die Stellungnahmen von Bundespräsident Heinz Fischer, Kanzler Christian Kern (SPÖ), Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sowie Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) nachlesen.

Fischer: "Demokratie hat Bewährungsprobe bestanden"

Bundespräsident Heinz Fischer hat mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), die BP-Stichwahl zu kippen, kein Problem. Heute sei ein "sehr wichtiger Tag, weil die österreichische Demokratie eine Bewährungsprobe bestanden hat", sagte das Staatsoberhaupt in einem ersten Medienstatement am Freitag. Das Wahlrecht gehöre allerdings "modernisiert".

"Es waren schmerzvolle Tage und Wochen, aber sie haben mit einer eindeutigen Klarstellung geendet", so Fischer. Der VfGH habe eine "unglaublich schwierige Aufgabe" gehabt, diese aber so gelöst, "dass ich als Bundespräsident stolz bin", lobte er die Höchstrichter. Die Nicht-Einhaltung von Vorschriften sei in souveräner Weise analysiert und bereinigt worden. Dass das Vertrauen der Österreicher in Wahlen per se Schaden genommen habe, glaubt er nicht: "Meine Hoffnung ist, dass die Bevölkerung sagt: Da ist gepatzt worden und das ist souverän repariert worden."

Durch den VfGH seien Fehler aufgezeigt worden - "und ich kann mir nicht vorstellen, dass der folgende Wahlgang nicht auf die genaueste und penibelste Weise durchgeführt wird". Fischer appellierte allerdings - nicht zuletzt mit dem Hinweis auf Unregelmäßigkeiten bei den Briefwahlstimmen -, das Wahlrecht zu ändern. Nach der Wiederholung der Stichwahl, die er "ohne unnötige Verzögerungen", also im September oder spätestens Oktober durchgeführt wissen will, müsse man das in Ruhe beraten und wenn möglich einstimmig durchführen. Hier müsse man "manches korrigieren". Damit werde auch die Grundlage für das Vertrauen der Bevölkerung in die weiteren Urnengänge geschaffen.

Von den Stichwahlkandidaten Alexander Van der Bellen (Grüne) und Norbert Hofer (FPÖ) erhofft sich Fischer, der am 8. Juli planmäßig aus dem Amt scheidet und dessen Agenden bis zur Angelobung seines Nachfolgers interimistisch vom Nationalratspräsidium übernommen werden, einen fairen zweiten Wahlkampf. Denn die Chancen auf viele Stimmen würden sich für beide nicht vergrößern, wenn besonders grob und hart formuliert würde. Und auch zeitlich wünscht sich das Staatsoberhaupt eine nicht allzu ausufernde Auseinandersetzung: "Ich hoffe auf einen kurzen, mit einer Sommerpause vereinbaren Wettstreit der Ideen."

Kern: Urteil ist zur Kenntnis zu nehmen

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat in einem Statement nach der Bekanntgabe der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs betont, dass das Ergebnis zur Kenntnis zu nehmen sei. "Ich möchte betonen, dass dieses Urteil kein Anlass zu Emotionen sein soll", sagte er Freitagmittag im Bundeskanzleramt.

Kern bedankte sich bei den Verfassungsgerichtshof-Richtern, die in "rascher, objektiver und transparenter Weise" ein Urteil gesprochen hätten. "Es darf in einer Demokratie keine Zweifel an der Richtigkeit einer Wahl geben." Kern hob drei Aspekte der Entscheidung hervor, nämlich dass die Aufhebung der Wahl nicht wegen Manipulationen, sondern wegen Formfehlern geschehen sei, dass die Briefwahl nicht als verfassungswidrig beurteilt wurde und dass den Wahlbeisitzern keine Schuld zukomme. "Ich bin überzeugt, wir brauchen diese Menschen, die sich in einer Demokratie engagieren", sagte Kern.

Die Entscheidung solle kein Anlass für Emotionen und Vorhaltungen sein. Kern wünscht sich eine zügige Umsetzung der Wahlwiederholung sowie "einen kurzen Wahlkampf, der nicht von Emotionen getragen ist". Der Kanzler rief die Bürger Österreichs dazu auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, "auch wenn da und dort ein bisschen eine Wahlmüdigkeit herrschen mag".

Der FPÖ wollte Kern nicht den Vorwurf eines "Fouls" machen: "Ich bin der Meinung, dass es ein gutes Recht der FPÖ, dem unterlegenen Kandidaten, ist, seine Bedenken zu äußern." Dies müsse in einem Rechtsstaat möglich sein. Eine kurzfristige Folge der Wahlaufhebung müsse es sein, die an der Abwicklung Beteiligten für die Wahlwiederholung "minutiös zu instruieren", sagte Kern. "Mittelfristig müssen wir uns im österreichischen Parlament mit der Frage beschäftigen, ob wir das Wahlrecht in der ein oder anderen Form weiterzuentwickeln haben."

Die Ereignisse seien zwar "keine Erfreulichkeiten", er würde den Imageschaden für Österreich aber nicht überbewerten wollen. Angesprochen auf die Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung, die sich durch die Wiederholung der Stichwahl noch verstärken könne, meinte Kern: "Jedes andere Urteil wäre wahrscheinlich ein wesentlich größeres Problem gewesen."

Mitterlehner für rasche Festlegung von Wahltermin

Die Regierung werde sich für eine rasche Festlegung des Termins für die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl einsetzen. Das sagte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Freitag vor Journalisten in Wien. Die Wahl könnte im September oder Oktober stattfinden.

Das Erkenntnis habe gezeigt, dass der Rechtsstaat funktioniert, aber auch dass ein Kulturwandel im Umgang mit Vorschriften notwendig sei. Er wünsche sich einen "fairen Umgang mit der Problematik" und kritisierte den durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) ans Licht gekommenen "saloppen Umgang mit Vorschriften". Mitterlehner sieht darin einen Ausdruck der österreichischen Mentalität nach dem Motto "Irgendwer wird das schon organisieren".

Der Vizekanzler erwartet, dass Experten nun Vorschläge erarbeiten, wie man das System effizienter gestalten kann. "Ein salopper oder fehlerhafter Umgang mit Vorschriften ist nicht zu dulden", hielt Mittlerlehner fest. Bei Verstößen seien allenfalls Sanktionen anzudenken.

Sobotka verkündet erst endgültiges Ergebnis 

Auf das Ergebnis der wiederholten Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten wird man lange warten müssen. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) gab in Reaktion auf das heutige VfGH-Urteil bekannt, erst nach Vorliegen sämtlicher Stimmen Resultate bekanntzugeben.

Wie der Innenminister ausführte, werde es daher bei diesem Urnengang am Sonntag noch kein vorläufiges Endergebnis geben. Zudem seien klassische Hochrechnungen mit vorab zur Verfügung gestellten Teilresultaten diesmal nicht möglich. Wie es bei künftigen Wahlen in dieser Frage aussehe, müsse der Gesetzgeber entscheiden.

Sobotka, der sein Pressestatement im Verhandlungssaal des VfGH abgab, berichtete ferner, dass er in Kooperation mit Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) bei der OSZE um Wahlbeobachter in jenen Bezirken ansuchen werde, deren Fehler zur Aufhebung der Stichwahl geführt haben. Ob es in den Behörden personelle Konsequenzen geben werde, wollte Sobotka vor Vorliegen des schriftlichen VfGH-Entscheids nicht beurteilen.

Wann die Wiederholung der Stichwahl um das höchste Amt im Staat vonstattengeht, will die Regierung kommende Woche beim Ministerrat erörtern. Anschließend wird ein Einvernehmen mit dem Nationalrat gesucht. Sobotka geht von einer zeitnahen Wahl aus. Ob diese im September oder im Oktober in Szene gehen könnte, wollte der Minister nicht beurteilen.

Keine Änderungen wird es jedenfalls vorerst geben, was den Wahlschluss angeht. Der Innenminister verwies darauf, dass der VfGH ja nicht das Wahlrecht an sich aufgehoben habe, sondern die Anfechtung wegen menschlicher Unzulänglichkeiten und fataler Fehler bei der Durchführung des Urnengangs erfolgreich gewesen sei. Um solche Vorkommnisse künftig zu vermeiden, soll für Beisitzer und Wahlbehörden ein neuer elektronischer Leitfaden erstellt werden. Zudem soll es zu verpflichtenden Schulungen kommen.

Die Kosten des zusätzlichen Urnengangs bezifferte Sobotka mit rund 10 Mio. Euro. Gleichzeitig sicherte er den Gemeinden zu, dass diese nicht auf den Kosten sitzenbleiben würden, sondern man sich diese teilen werde.

Bures: "VfGH-Erkenntnis ist zu akzeptieren"

Das Nationalratspräsidium mit Präsidentin Doris Bures (SPÖ), Karlheinz Kopf (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) hat am Freitag in einer gemeinsamen Pressekonferenz betont, die interimistische Übertragung der Geschäfte des Bundespräsidenten gewissenhaft auszuüben. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sei "in jedem Fall zu akzeptieren", sagte Bures.

Bures setzte sich nach der Aufhebung durch den VfGH für einen raschen Termin für die Wiederholung der Stichwahl ein. Als erstes sei die Regierung am Zug. Danach werde das Parlament "unverzüglich" einen Hauptausschuss einberufen. Das wäre vom Zeitplan her schon nächste Woche möglich. Bures appellierte, in den nächsten Wochen besonnen an die Sache heranzugehen. "Unsere Demokratie lebt vom Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit." Sie warnte davor, dieses Vertrauen aufs Spiel zu setzen.

Der Zweite Nationalratspräsident Kopf hält die Entscheidung der Verfassungsrichter für bemerkenswert. Sie hätten aufgrund der Formfehler sehr grundsätzlich entschieden, auch wenn keine tatsächlichen Manipulationen festgestellt worden seien. Das Erkenntnis sei mit "Respekt zur Kenntnis zu nehmen". Sie sei insofern wichtig im Sinne des Rechtsstaates und der Demokratie.

So wie Bures und Kopf betonte auch der Dritte Nationalratspräsident und FPÖ-Präsidentschaftskandidat Hofer, dass man sich auf die wesentlichen Aufgaben beschränken werde und dass keine Staatsbesuche stattfinden werden. Er verwies auf die kollegiale Zusammenarbeit mit Bures und Kopf in der Vergangenheit, bei der das Amt objektiv ausgeübt worden sei und alle Parteien mit Respekt behandelt worden seien.

Hofer nutzte seine Wortmeldung auch, um auf die aus seiner Sicht maßgeblichen Unregelmäßigkeiten einzugehen: "Tatsache ist, dass es im zweiten Wahlgang erhebliche Fehler gegeben hat, die Raum für Manipulationen geöffnet haben."

Hofer: Karenzierung als NR-Präsident wäre riesen Fehler

FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer wird sich als Dritter Nationalratspräsident nicht karenzieren lassen. Dies wäre ein "riesen Fehler", sei doch Erfahrung, die er mitbringe, in dieser Situation von Vorteil, erklärte Hofer am Freitag nach der Aufhebung der Stichwahl durch den VfGH. Hofer verwies auf Bundespräsident Heinz Fischer, der zuvor auch NR-Präsident war.

Die Nationalratspräsidenten übernehmen nun interimistisch die Geschäfte des Staatsoberhaupts. Hofer betonte, die Aufgaben klar trennen zu können: "Ich werde beweisen, dass ich überparteilich auftrete."

Wahlkampfmüde ist der freiheitliche Kandidat keinesfalls. Er sei erst gestern bei einem Zeltfest gewesen und habe dabei richtig Lust zum Wahlkämpfen bekommen, sagte er Journalisten. Er geht von einem "kurzen und knackigen Wahlkampf" aus.

(Quelle: salzburg24)

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