Die Lage ist vor der von der Opposition boykottierten Wahl einer Verfassungsgebenden Versammlung am Sonntag extrem angespannt. 232.000 Soldaten sollen die Wahl schützen, es werden Blockaden und Attacken auf Wahlzentren befürchtet. Die Opposition fürchtet den Umbau zu einer Diktatur Maduros über den Hebel der Verfassungsreform. "Wählt für den Frieden, für die Zukunft", sagte Maduro in Caracas.
Protestaktionen und Straßenblockaden
Die Pläne der Reform sind aber unklar. Wiederholt hatte er deutlich gemacht, dass das von der Opposition dominierte Parlament ihm ein Dorn im Auge ist. Ende Juni hatte er mit Blick auf die Verteidigung des "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" betont: "Wenn wir es nicht mit den Stimmen schaffen, dann werden wir es mit den Waffen machen."
Die Regierungsgegner riefen unterdessen zu weiteren Protestaktionen auf. Das Oppositionsbündnis Tisch der demokratischen Einheit (MUD) kündigte neue Straßenblockaden zur Wahl am Sonntag an. Auch nach dem Wochenende müsse der Druck auf Präsident Nicolas Maduro aufrechterhalten werden, sagte Oppositionsführer Henrique Capriles.
Regierung verhängt Demonstrationsverbot
Die Proteste müssten in der kommenden Woche fortgeführt werden, sagte Capriles. Ziel sei ein "Regierungswechsel". Er rief die Venezolaner auf, am Sonntag alle wichtigen Verkehrsadern des Landes zu blockieren. Die Regierung hat allerdings ein Demonstrationsverbot rund um die Wahl verhängt. Jenen, die die Wahl durch Proteste stören wollen, wurde mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren gedroht.
Venezuela ist reich an Öl
Das Land mit den größten Ölreserven wird von einer dramatischen Versorgungskrise erschüttert, es fehlt an Lebensmitteln und Medizin. Maduro macht den gefallen Ölpreis und einen "Wirtschaftskrieg" des Auslands verantwortlich. Er bezichtigt die USA, gemeinsam mit der Opposition einen "Putsch von rechts" zu planen - und daher auch die Bewaffnung von 500.000 sozialistischen Milizen angekündigt.
Da fast nur Sympathisanten der Sozialisten für die 545 Sitze in der Verfassungsgebenden Versammlung kandidieren, ist das Ergebnis schon vor der Wahl praktisch klar. Entscheidender wird die Wahlbeteiligung sein, rund 19,4 Millionen Menschen sind zur Wahl aufgerufen. Mitte Juli sprachen sich bereits 7,5 Millionen Venezolaner in einer symbolischen Befragung gegen Maduros Pläne aus. Die Wahl wird daher Rückschlüsse auf seinen Rückhalt liefern - allerdings wird auf Hunderttausende Arbeiter und Angestellte in staatlichen Unternehmen laut Medienberichten mit Textnachrichten und Telefonanrufen erheblicher Druck ausgeübt, an der Wahl am Sonntag teilzunehmen.
Reisewarnungen ausgesprochen
Viele fürchten eine Gewalteskalation rund um die Wahl, die Regierung erließ ein Demonstrationsverbot bis Dienstag, in mehreren Städten wurde das ignoriert. Es gibt Berichte über Hamsterkäufe. Mehrere Länder warnten eindringlich vor Reisen in das Land. In den sozialen Medien tobt eine Propagandaschlacht mit Falschmeldungen. Das aus rund 20 Parteien bestehende Oppositionsbündnis "Mesa de la Unidad Democratica" ("Tisch der demokratischen Einheit") teilte mit, seine Internetseite sei gehackt worden.
Kolumbien will 150.000 bis 200 000 aus Venezuela geflüchteten Menschen einen Sonderaufenthaltsstatus gewähren. Wie der Direktor der Migrationsbehörde, Christian Krüger, mitteilte, sollen sie damit bis zu zwei Jahre in dem Nachbarland bleiben dürfen. Bedingung ist, dass sie einen Grenzübergang mit einem Pass regulär passiert haben und keine strafrechtlichen Dinge gegen sie vorliegen.
Menschen strömen aus dem Land
Seit Monaten verlassen verzweifelte Menschen das Land, im Schnitt passieren pro Tag 25.000 Menschen die Grenzbrücke Simon Bolivar, die das Land mit Cucuta in Kolumbien verbindet. Viele kaufen aber auch nur auf der anderen Seite Lebensmittel ein, kehren dann aber zurück. Bisher leben rund 343.000 Venezolaner in Kolumbien, davon etwa 200.000 legal mit Visa oder einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis, bis zu 140.000 illegal. Krüger betonte, Berichte über einen "massiven Exodus" wegen der Wahl könnten bisher aber nicht bestätigt werden.
(APA/ag)
(Quelle: salzburg24)